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Wissenschaftseldorado Harvard

In und um Boston, Massachusetts, USA herrscht eine einzigartige Dichte von Universitäten und Forschungseinrichtungen, als da wären das Massachusetts Institute of Technology, die Northeastern University und so weiter. An erster Stelle aber zu nennen ist die Harvard University, die Universität mit dem wohl besten Ruf der Welt. Und dem erliegen auch regelmäßig Wissenschaftler aus "good old Germany". Unter ihnen sind auch der weltweit anerkannte Immunbiologe und Genetikexperte Professor Klaus Rajewski und seine Mitarbeiter.

Tim Sariyiannidis |
    Wenige Kilometer südwestlich von Cambridge, dem Hauptsitz der Harvard University ist die Harvard Medical School beheimatet. Von hier sind es nach Boston Downtown nur wenige Stationen mit der U-Bahn. Nicht weit entfernt auch ist der Fenway Park, wo das Baseballteam Boston Red Sox zuhause ist.

    Dort, in der Harvard Medical School an der Longwood Avenue, befindet sich das Labor von Professor Klaus Rajewski und seinen 18 Mitarbeitern. Jedenfalls irgendwo in dem Gewirr von Gängen, Zentrifugen und Arbeitsbänken. Der Professor und ein paar Mitarbeiter sind 2001 aus Köln hierher gekommen.

    Ich war in Deutschland kurz vor der Emeritierung, wollte aber gern noch weiterforschen, hier in Amerika gibt es ja keine Emeritierung, man kann solange arbeiten, wie man Geld einbringt. Ich habe einen Vertrag da steht drauf: "Without limit of time". Und da kann ich eben hier meine Arbeiten weiterführen. Warum Harvard? Und da kann ich nur sagen, Ich habe da erstmal gute Freunde hier, zweitens ist Harvard halt ein hervorragender Platz mit einer unerreichten Dichte von erstklassigen Wissenschaftlern, so dass man nur um die Ecke gehen braucht um irgendwelche technische Hilfen oder Ratschläge oder Diskussionen zu finden.

    Ein besseren Platz zu forschen, kann er sich kaum vor stellen, die Studenten schwämmen in einem Ozean von interessantester Wissenschaft, so Klaus Rajewski.

    Bei den Genetikern in der Harvard Medical School sind die einzelnen Labore und Arbeitsbereiche kaum voneinander getrennt. Während man sich woanders in den Zug setzten muss, um sich mit den Kollegen auf ähnlichem Niveau und Arbeitsgebiet auszutauschen, geht man hier in Harvard nach nebenan. Die Durchlässigkeit und die Dichte der Labore schaffen hohe Synergieeffekte, glauben die Mitarbeiter von Rajewski. Doktor Marc Schmidt-Suprian, gibt ein Beispiel:

    Unsere Analyseweise ist eben die Herstellung von diesen transgenen Mäusen. Und es gibt in einem anderen Labor zum Beispiel jemanden, der arbeitet an einem Krankheitsmodell für Multiple Sklerose in Mäusen und nun gehe ich mit meinen Mäusen zu diesem Postdoc hin in dem anderen Labor und dann analysieren wir zusammen sein Krankheitsmodell in meinen Mäusen. Das ist, ja, extrem Produktiv.

    Phillipp Oberdörffer macht im Februar seinen Doktor in bei Klaus Rajewski. Er glaubt dass die Produktivität Harvards vor allem mit dem harten Wettbewerb zu tun hat

    Amerika ist sehr kompetitiv. In Amerika wird Forschung betrachtet als ein sehr intensives Arbeitsfeld. In Harvard will jeder der Beste sein und es ist auch wichtig gut zu sein, weil sonst dein Ruf etwas beschädigt ist. Also es ist hier schon dieser Peer pressure vorhanden, wie die den nennen, gut zu sein. Ja, das ist schon dieser Mythos Wissenschaftsmaschine. Das ist halt so ne Fabrik hier, ja.

    Aber eine Fabrik in der scheinbar jeder freiwillig lang und hart arbeitet. Auffällig ist, das die Deutschen in der Rajewski-Gruppe, die Leistungsbereitschaft und Aufgeschlossenheit der Amerikaner besonders betonen. Ein Kollege Philipp Oberdörffers, Dominic Schenthen:

    Wenn man mal erzählt was man macht, dann verstehen die zwar genauso wenig wie Leute das in Deutschland würden, aber die Reaktion darauf ist eine ganz andere. Hier würde man so eher eine Reaktion bekommen: "Biowissenschaften, dass ist Superinteressant, das ist die Zukunft", wohingegen man in Deutschland zu hören bekommt: " ja in Bio und Chemie war ich schon in der Schule nicht gut". Die positive Haltung hier ist eine andere.

    Allerdings kritisiert Dominic Schenthen auch das Kurzfristige Denken in der Forschung in Harvard. Gute Leute, deren Erfolg in einem Gebiet besteht, das zur Zeit nicht modern ist, werden wenig beachtet, glaubt er.
    Harvard hin oder her, das Wissenschaftseldorado ist auch für Wissenschaftler nicht alles.

    Das Leben in Deutschland, die Biergärten, ja Straßencafes und alles, das ist in Amerika alles ein bisschen anders. Und ich glaube, das ist auch was, was viele andere, aber definitiv mich schon auch so ein bisschen natürlich an Deutschland reizt. Und es gibt durchaus auch gute Forscher, weniger die Uni, als Privatinstitute, Max-Planck Institute, da muss man von Glück reden, wenn man da überhaupt genommen wird,

    so Phillip Oberdörffer. Und sein Chef Klaus Rajewski, scheint Heimweh zu haben, zumindest manchmal, zumindest ein kleines bisschen:

    Ich denke nicht, dass ich, abgesehen von diesen professionellen Gründen, das ich jetzt Europa gegen Amerika eingetauscht hätte.