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Wissenschaftssommer, was bringt er?

Jubel beim Roboterfußball auf dem Stuttgarter Schlossplatz beim Wissenschaftssommer. Fragt man aber junge Leute, weshalb ernsthafte Wissenschaftler Robotern das Fußballspielen beibringen, dann erhält man von Zuschauern oft die Antwort:

Von Cajo Kutzbach | 28.09.2004
    Keine Ahnung! Also ich hab nicht so viel Ahnung von Technik und hab halt gedacht, da ist auch son Biolab. Ich hab Bio-Leistungskurs und meine Biolehrerin hat gemeint, das könnt man sich mal anschaun, wenn man eh schon da wär'. Da hab ich mir gedacht, Schau ich's mir mal an." - Und Sie interessiert Fußball, oder?" - "Ach nee, einfach so. Ich bin halt mitgangen und will später mal irgendwas mit Maschinenbau studieren und deswegen. Mal gucke was die Technik hergibt heutzutage, oder was mal in Zukunft kommen kann und deswegen halt, aber nix Konkretes.

    Es liegt nicht nur am regnerischen Herbstwetter, dass alle Angesprochenen Vorkenntnisse haben oder gezielt den Wissenschaftssommer besuchen. In der Fußgängerzone Königstraße stehen die Container des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt zum Thema Mobilität. Hinein kommt man über einen schmalen Balkon mit einem Geländer. Beides wirkt wie eine Barriere. Abends, wenn niemand im Container die Ausstellungsstücke erklärt, bietet sich oft folgendes Bild: Er steht und schaut durch die Glasscheibe hinein. Sie steht gelangweilt daneben und blickt sehnsüchtig zu den Schaufenstern der Läden. Zu Vieles erschließt sich nur mit Vorkenntnissen. Etwa ein Video, in dem unter Anderem die Raumstation ISS nur Sekunden zu sehen ist. Aber welcher Normalbürger erkennt sie in der kurzen Szene? Wem sagen Abkürzungen wie LISA oder NaT etwas? - Zurück zum Roboterfußball. Ist das mehr Spielerei oder Wissenschaft?

    Also ich würde sagen: Wissenschaft. Ich stell's mir ziemlich schwer vor die Roboter so zu programmieren, dass sie Fußball spielen können." - "Und wie sehen sie das?" - Also ich würde es als wissenschaftliche Spielerei bezeichnen." - "Und würde Sie das reizen?" - "Doch in gewisser Weise ja."

    Hier wird Spielen als Lernmöglichkeit erkannt. Aber wozu ist das gut?

    "Ich glaub das ist nur ein Beispiel für Aufgaben ähnlicher Komplexität. Helfen im Haushalt Industriegüter hin und her tragen..." - "Sind sie vom Fach?" - "Ein wenig." Gelächter - "Du kannst ruhig ja sagen!" - "Und wie sehen das die Damen? Interessiert sie das, oder gehen sie nur mit?" - "Nee mich interessiert das schon. Ich find's einfach ganz lustig anzuschauen. Aber ich hab von der Technik keine Ahnung, die dahinter steckt." "Also mehr das Mitgehen. Ist zwar ganz faszinierend, aber Interesse wär' was Anderes (lacht)."

    Viele Ausstellungsgegenstände packen nicht auf den ersten Blick, verlocken also nicht zum Stehenbleiben. Werkstücke etwa, die mittels Nanotechnologie ungewohnte Eigenschaften haben, die aber erst bei näherer Beschäftigung klar werden. Sogar beim spektakulären Roboterfußball erschließt sich der Sinn nur Fachleuten:

    Das Programmieren von Robotern, das sind ja einfach nur kleine Computer mit Bewegungseinrichtung. Man testet dann ein Fußballspiel, um zu gucken, wie schnell die die entsprechenden Gleichungen lösen können." - "Geht es nicht auch darum Zusammenarbeit autonomer Maschinen zu probieren?" - "Ja sicherlich. Es ist letztlich nur eine Frage der Rechnertechnik und der Software." - "Und was haben sie hier sonst noch mitgenommen vom Wissenschaftssommer?" - "Die Magnetschwebebahn mit der Supraleitung hinten, die ist sehr interessant, sehr zu empfehlen!" - "Wissen Sie wie Supraleitung funktioniert?" "Ja klar!" - "Was sind sie denn von Beruf?" - "Ich bin Physiker!"

    Der Fachmann findet tatsächlich viele technische Leckerbissen. Der Laie aber tut sich schwer, auch wenn ein Parcours mit ungewöhnlichen Rollern zum Ausprobieren lockt. Grade die sinnliche Seite der Wissenschaft kommt doch sehr kurz:

    Nein, also ich hatte schon erwartet, dass man hier Alles Anfassen kann, so ein bisschen Technik erleben, einfach ausprobieren, gucken, wies funktioniert und nicht einfach nur anschauen, was man vielleicht auch im Fernsehen schon sehn kann. - Ich hatte mir etwas mehr drunter vorgestellt.

    Es ist sicherlich gut, dass die Wissenschaft versucht dem Normalbürger entgegen zu kommen, aber der Blickwinkel der beteiligten Organisationen ist: Wie präsentiere ich mich gut, statt: Was von dem was ich mache, ist für den Laien wichtig, kann ich dem Laien verständlich machen und vor allem wie? Nach 4 Jahren könnte man wissen, dass Plakate, Bildschirme und anspruchsvolle Texte nicht genügen, um die Neugier von Passanten zu wecken.