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Witten-Herdecke in Geldnot

''Kein Geld hatten wir immer schon''. Eine Redewendung, die der Hochschulgründer und Präsident der Universität Witten-Herdecke, Konrad Schily, immer wieder gerne gebraucht. Die Universität, die vor 20 Jahren gegründet wurde, war Deutschlands erste privat finanzierte Hochschule und kam 13 Jahre ohne staatliche Zuschüsse oder auch Studiengebühren aus. Vor gut acht Jahren gab es dann die erste Finanzspritze von der nordrhein-westfälischen Landesregierung, und seitdem hat Witten-Herdecke auch Studiengebühren eingeführt. Nun ist die private Uni erneut in finanzielle Engpässe geraten.

    Von Antje Allroggen

    Wer sich in der Privat-Universität in Witten-Herdecke zu Besuch angemeldet hat, bekommt in der Cafeteria der Hochschule - ein lichtdurchfluteter Raum mit frischen Blumen auf den Tischen - einen Begrüßungskaffee serviert, natürlich auf Kosten des Hauses. Damit könnte bald Schluss sein, denn im Etat der Uni klafft eine Lücke von einer Million Euro.

    Die gegenwärtige Situation ist dadurch hervor gegangen, dass das Land Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr seinen Förderbeitrag senkt ab dem letzten Jahr, und in diesem Jahr mehr, im nächsten Jahr noch mehr auf eine Mindestförderung. Und in 2004 soll man darüber reden, wie es ab 2006 weiter geht.

    So Konrad Schily, Hochschulgründer und Präsident der Universität Witten-Herdecke. 13 Jahre lang war man hier ohne staatliche Zuwendungen und ohne Studiengebühren ausgekommen. Dann, vor acht Jahren, war eine erste Finanzspritze von sechs Millionen Mark des Landes NRW fällig gewesen. Seitdem müssen auch die Studierenden in Witten-Herdecke Gebühren zahlen. Nun hat die Hochschule erneut finanzielle Schwierigkeiten: Nicht nur das Land NRW hat seine Unterstützung reduziert, auch der Hauptsponsor, die Bertelsmann-Stiftung hat angekündigt, den Partnerschaftsvertrag nicht mehr zu verlängern. Dadurch ist die Hochschulleitung zu schnellen Sparmaßnahmen gezwungen. Konrad Schily:

    Wir sind in diesen strengen Zeiten, wir werden dadurch kommen, das ist ganz klar, aber das wird manchmal nicht ganz ohne Schrammen gehen. Wir sind heute schon 33 Personen weniger als im letzten Jahr. Und es kann sein, dass wir im nächsten Jahr noch mal weniger werden. Das kann man heute noch gar nicht sagen.

    Noch ist man in Witten-Herdecke zuversichtlich, die Lücke von einer Million Euro bei einem Gesamtbudget von knapp 28 Millionen innerhalb dieses Jahres zu schließen. Eine neue Universitätsstrategie soll beim Sparkurs helfen: So soll das Studienangebot in Zukunft auch für Unternehmen geöffnet werden, die bereit sind, für Beratungsleistungen der Hochschule zu zahlen, erklärt Olaf Kaltenborn, Pressesprecher der Privatuniversität:

    Im Augenblick arbeiten wir konkret daran, die Finanzierungsbasis in vielen Bereichen zu verbreitern. Etwa durch neue Fortbildungsangebote. Konkret heißt das, wir bieten Beratungsangebote für Unternehmen an. Wir haben konkret auch schon Kooperationspartner in Bochum, ein Maschinenbauunternehmen, ein mittelständisches, mit 700 Mitarbeitern, und für dieses Unternehmen betreiben wir Führungskräfteschulungen.

    Darüber hinaus wird darüber nachgedacht, die Studiengebühren zu erhöhen. Im jetzigen Modell können die Wittener Studierenden selber entscheiden, wann sie ihre Gebühren - insgesamt 15.000 Euro - zahlen; entweder sofort, oder auch erst nach Abschluss ihres Studiums. Der sogenannte umgekehrte Generationenvertrag gilt in der bundesweiten Debatte über die Einführung von Studiengebühren als vorbildlich.

    Ob an diesem Modell festgehalten werden kann, gilt aufgrund der angeschlagenen finanziellen Lage der Universität als fraglich. Die meisten Studierenden scheinen ihrer Hochschule jedoch momentan den Rücken zu stärken. So auch Sebastian Grossmann. Er studiert im zehnten Semester Zahnmedizin und wäre grundsätzlich bereit, mehr Studiengebühren zu zahlen, um so das Überleben der Hochschule zu sichern. Sebastian Grossmann:

    Wir haben hier optimale Bedingungen, und dafür muss man auch bereit sein, was zu zahlen. Ich schätz mal 50 bis 60 Prozent der Studierenden würden es mit Sicherheit so hinnehmen. Es gibt ja auch die Lösung, man muss es ja nicht gleich zahlen, man kann es auch mit Ratenzahlung machen oder es nachzahlen, und ich nehme halt an, dass es den Studierenden auch was wert sein sollte oder auch wird, ihre Uni zu erhalten.