Sportveranstaltungen im Berliner Olympiastadion sind selten normal. Bei Hertha BSC werden die Geräusche auf den Tribünen gern über das Lautsprechersystem verstärkt. Und auch wenn die Leichtathleten gastieren, empfiehlt es sich, auf Nuancen zwischen Schein und Sein zu achten. Die Zuschauerzahlen beim Istaf-Meeting waren oft genug ein Ärgernis.
Der Beginn der Leichtathletik-WM steht in dieser Tradition. Etwa 500.000 Tagestickets werden insgesamt angeboten, rund 56.000 pro Tag. Die Arena hat, zum Beispiel wegen größerer Medien- und Ehrentribünen, ein geringeres Fassungsvermögen als gewöhnlich.
Am Sonnabend, während der kurzen Eröffnungszeremonie mit der Kanzlerin und dem Bundespräsidenten, schien das Stadion kaum zur Hälfte gefüllt. Fotos zeigen, dass die Tribünen auf der Gegengeraden auch spät am Abend kaum besser besetzt waren.
Umso mehr verwunderte die Pressemitteilung des Organisationskomitees BOC. Demnach seien am Sonnabend "67.846 Besucher" im Stadion gewesen. "Die Morgenveranstaltung besuchten 25.300 Zuschauer, die Abendveranstaltung 42.546." Über den kleinen aber feinen Unterschied, dass allein Tageskarten verkauft werden und es davon je 56.000 gibt, klärte die BOC-Mitteilung nicht auf. Wer also morgens und abends ins Stadion pilgert, wird doppelt gezählt.
Frank Hensel, einer von zwei BOC-Geschäftsführern und hauptberuflich Generalsekretär des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), findet das ganz normal.
"Es waren 67.000 Menschen im Olympiastadion. Es waren morgens runde 25.000, ich habe die Zahlen nicht ganz genau parat, abends waren es 45.000 oder 47.000 Menschen. Wir verkaufen Ganztagestickets, das heißt, die Menschen sind ja morgens im Stadion, verlassen das Stadion und sind abends auch wieder im Stadion. Und was die Gesamtheit der Frequentierung dieser Veranstaltung betrifft im Rahmen dieser Weltmeisterschaften, werden diese Zahlen natürlich addiert, denn wir brauchen Vergleichszahlen zu vergangenen Weltmeisterschaften. Wie viele Tickets nachher verkauft worden sind, ich glaube, für den gestrigen Tag sind insgesamt, ich glaube, 42.000 irgendetwas Tickets verkauft worden, das ist ja eine ganz andere Frage."
Fiktionen lassen sich besser verkaufen. Wenn Hertha BSC künftig so zählen würde wie das BOC und also die Besucher beider Halbzeiten addierte, ergäbe sich ein Durchschnittsbesuch von mehr als 100.000 Menschen. In einem Stadion, in das beim Fußball 76.000 Zuschauer passen. Hertha wäre Weltrekordler für Vereinsmannschaften.
Hensel weist jeden Ansatz von Kritik zurück.
"Also erst einmal haben wir hier nicht zu zwei Dritteln leere Ränge gehabt, sondern das Stadion war gestern hier zu drei Viertel gefüllt, um das doch einfach deutlich sagen. Es geht hier doch nicht um einen PR-Trick. Ich sage ganz offen und klar: Am Abend waren circa 45.000 Menschen im Stadion. Morgens waren es etwa 20.000. Und dann kommen wir auf eine Zuschauerzahl von etwa 65 bis 70.000."
Bis zum WM-Beginn waren erst 330.000 der 500.000 Tickets verkauft. Das BOC ist auf jeden Vollzahler angewiesen, denn die Ticketeinnahmen sollen zu etwa einem Drittel den WM-Etat von ca. 45 Millionen Euro decken. Bislang ist nur der kommende Sonnabend ausverkauft.
Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Tickets nun in großem Stil über Sponsoren auf den Markt geworfen werden. Hensel weist auch das zurück.
"Also erst einmal werden hier werden keine Tickets verschleudert. Das sind Tickets aus dem Rahmen der Kontingente, die wir vertraglich mit den Wirtschaftspartnern an die Wirtschaftspartner vergeben haben, im Rahmen des Vertrages. Dafür zahlen die Geld. Was die in Richtung Kundenbindungsmaßnahmen im Einzelfall damit machen, ja auch sehr kontingentiert in kleineren Größenordnungen, das ist schön, das ist wunderbar, aber das ist ja ihre Freiheit. Und die Tickets werden offenbar auch ganz gut angenommen."
Insgesamt handele es sich nur um 500 bis 800 Tickets für zwei Partner, sagt Hensel.
Aus öffentlichen Mitteln, den Kassen des Landes Berlin, fließen mehr als 20 Millionen in den WM-Etat. Knapp sechs Millionen haben Arbeiten am Olympiastadion für die WM gekostet. Keine Angaben gibt es zu den Sicherheitskosten, die ebenfalls die öffentliche Hand begleicht.
Typisch für derartige Sportveranstaltungen ist die rechtliche Konstruktion der WM-Organisation. Es gibt das WM-Organisationskomitee (LOC) und die private Berlin Organising Committee GmbH (BOC) mit den Geschäftsführern Heinrich Clausen und Hensel. Präsidenten des LOC sind DLV-Chef Clemens Prokop und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit. Prokop fungiert gleichzeitig als Vorsitzender des Aufsichtsrats. So bleibt alles in einer Familie: Organisation und Kontrolle.
Hensel verspricht, am Ende des Tages würden alle Geschäftszahlen veröffentlicht.
"Ach wissen sie, der Herr Clausen und der Herr Hensel, meine Wenigkeit, als Geschäftsführer haften ja persönlich im Rahmen einer GmbH. Da können Sie sich aber drauf verlassen, dass wir auch unter ganz anderen Risikogesichtspunkten im Rahmen dieser WM auch daran interessiert sein müssen, ich habe nicht die Lust, in den Knast zu gehen, hier die Zahlen nicht nur finanztechnisch gegenüber dem Finanzamt, sondern auch gegenüber dem Senat. Die müssen ja bis auf den Cent belegt sein."
Wenn alles so einfach wäre, wie Zuschauerzahlen von Morgen- und Abendveranstaltungen zu addieren, hätte Hensel ein Problem weniger.
Der Beginn der Leichtathletik-WM steht in dieser Tradition. Etwa 500.000 Tagestickets werden insgesamt angeboten, rund 56.000 pro Tag. Die Arena hat, zum Beispiel wegen größerer Medien- und Ehrentribünen, ein geringeres Fassungsvermögen als gewöhnlich.
Am Sonnabend, während der kurzen Eröffnungszeremonie mit der Kanzlerin und dem Bundespräsidenten, schien das Stadion kaum zur Hälfte gefüllt. Fotos zeigen, dass die Tribünen auf der Gegengeraden auch spät am Abend kaum besser besetzt waren.
Umso mehr verwunderte die Pressemitteilung des Organisationskomitees BOC. Demnach seien am Sonnabend "67.846 Besucher" im Stadion gewesen. "Die Morgenveranstaltung besuchten 25.300 Zuschauer, die Abendveranstaltung 42.546." Über den kleinen aber feinen Unterschied, dass allein Tageskarten verkauft werden und es davon je 56.000 gibt, klärte die BOC-Mitteilung nicht auf. Wer also morgens und abends ins Stadion pilgert, wird doppelt gezählt.
Frank Hensel, einer von zwei BOC-Geschäftsführern und hauptberuflich Generalsekretär des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), findet das ganz normal.
"Es waren 67.000 Menschen im Olympiastadion. Es waren morgens runde 25.000, ich habe die Zahlen nicht ganz genau parat, abends waren es 45.000 oder 47.000 Menschen. Wir verkaufen Ganztagestickets, das heißt, die Menschen sind ja morgens im Stadion, verlassen das Stadion und sind abends auch wieder im Stadion. Und was die Gesamtheit der Frequentierung dieser Veranstaltung betrifft im Rahmen dieser Weltmeisterschaften, werden diese Zahlen natürlich addiert, denn wir brauchen Vergleichszahlen zu vergangenen Weltmeisterschaften. Wie viele Tickets nachher verkauft worden sind, ich glaube, für den gestrigen Tag sind insgesamt, ich glaube, 42.000 irgendetwas Tickets verkauft worden, das ist ja eine ganz andere Frage."
Fiktionen lassen sich besser verkaufen. Wenn Hertha BSC künftig so zählen würde wie das BOC und also die Besucher beider Halbzeiten addierte, ergäbe sich ein Durchschnittsbesuch von mehr als 100.000 Menschen. In einem Stadion, in das beim Fußball 76.000 Zuschauer passen. Hertha wäre Weltrekordler für Vereinsmannschaften.
Hensel weist jeden Ansatz von Kritik zurück.
"Also erst einmal haben wir hier nicht zu zwei Dritteln leere Ränge gehabt, sondern das Stadion war gestern hier zu drei Viertel gefüllt, um das doch einfach deutlich sagen. Es geht hier doch nicht um einen PR-Trick. Ich sage ganz offen und klar: Am Abend waren circa 45.000 Menschen im Stadion. Morgens waren es etwa 20.000. Und dann kommen wir auf eine Zuschauerzahl von etwa 65 bis 70.000."
Bis zum WM-Beginn waren erst 330.000 der 500.000 Tickets verkauft. Das BOC ist auf jeden Vollzahler angewiesen, denn die Ticketeinnahmen sollen zu etwa einem Drittel den WM-Etat von ca. 45 Millionen Euro decken. Bislang ist nur der kommende Sonnabend ausverkauft.
Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Tickets nun in großem Stil über Sponsoren auf den Markt geworfen werden. Hensel weist auch das zurück.
"Also erst einmal werden hier werden keine Tickets verschleudert. Das sind Tickets aus dem Rahmen der Kontingente, die wir vertraglich mit den Wirtschaftspartnern an die Wirtschaftspartner vergeben haben, im Rahmen des Vertrages. Dafür zahlen die Geld. Was die in Richtung Kundenbindungsmaßnahmen im Einzelfall damit machen, ja auch sehr kontingentiert in kleineren Größenordnungen, das ist schön, das ist wunderbar, aber das ist ja ihre Freiheit. Und die Tickets werden offenbar auch ganz gut angenommen."
Insgesamt handele es sich nur um 500 bis 800 Tickets für zwei Partner, sagt Hensel.
Aus öffentlichen Mitteln, den Kassen des Landes Berlin, fließen mehr als 20 Millionen in den WM-Etat. Knapp sechs Millionen haben Arbeiten am Olympiastadion für die WM gekostet. Keine Angaben gibt es zu den Sicherheitskosten, die ebenfalls die öffentliche Hand begleicht.
Typisch für derartige Sportveranstaltungen ist die rechtliche Konstruktion der WM-Organisation. Es gibt das WM-Organisationskomitee (LOC) und die private Berlin Organising Committee GmbH (BOC) mit den Geschäftsführern Heinrich Clausen und Hensel. Präsidenten des LOC sind DLV-Chef Clemens Prokop und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit. Prokop fungiert gleichzeitig als Vorsitzender des Aufsichtsrats. So bleibt alles in einer Familie: Organisation und Kontrolle.
Hensel verspricht, am Ende des Tages würden alle Geschäftszahlen veröffentlicht.
"Ach wissen sie, der Herr Clausen und der Herr Hensel, meine Wenigkeit, als Geschäftsführer haften ja persönlich im Rahmen einer GmbH. Da können Sie sich aber drauf verlassen, dass wir auch unter ganz anderen Risikogesichtspunkten im Rahmen dieser WM auch daran interessiert sein müssen, ich habe nicht die Lust, in den Knast zu gehen, hier die Zahlen nicht nur finanztechnisch gegenüber dem Finanzamt, sondern auch gegenüber dem Senat. Die müssen ja bis auf den Cent belegt sein."
Wenn alles so einfach wäre, wie Zuschauerzahlen von Morgen- und Abendveranstaltungen zu addieren, hätte Hensel ein Problem weniger.