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Wo einst Landschaften blühen sollten

Die bittere Nachricht erreichte die sächsische Staatsregierung am frühen Morgen, so um acht. Danach die Schockstarre. Der Landtag debattiert unverdrossen die Auswirkungen des vom Bund geplanten Konjunkturpakets auf den Haushalt und die Entwicklung des Landes.

Von Alexandra Gerlach |
    Bis zur offiziellen Stellungnahme aus dem Ministerium sollten Stunden vergehen. Erst gegen 13:00 Uhr gibt es eine Pressekonferenz mit einem sichtlich angespannten Wirtschaftsminister Thomas Jurk, SPD:

    "Wir haben ja vor wenigen Stunden die bittere Nachricht erhalten, dass der Speicherchip-Hersteller Qimonda beim Amtsgericht in München Insolvenz beantragen musste, bin vom Aufsichtsratsvorsitzenden, Herrn Fischl informiert worden."

    Schon seit gestern wissen alle Beteiligten, dass sich im Businessplan für Qimonda ein weiteres Millionenloch aufgetan hat. Konzernmutter Infineon hatte mitgeteilt, dass das Rettungspaket über das zwischen Infineon, Qimonda, Sachsens Staatsregierung, dem Bund, den Banken und Portugal verhandelt worden war, nicht ausreiche. Statt der bisher berechneten 325 Millionen Euro werde beinahe die doppelte Summe benötigt, um die Tochterfirma zu retten. Als Ursache dafür wird die anhaltend negative Preisentwicklung auf dem Chip-Weltmarkt ins Feld geführt. Der Wirtschaftsminister:

    "Es ist bitter, mitanzusehen, wie Halbleiterchips momentan verramscht werden, hier stecken Millionen in Forschung und Entwicklung, und ich bedaure ausdrücklich, dass es der Politik, der großen Politik nicht gelungen ist, dort die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, so dass wir einen fairen Wettbewerb haben und am Ende auch faire Preise haben."

    Die Mitarbeiter der Qimonda erfahren indessen - zumindest in Dresden - nichts Offizielles von der Geschäftsleitung zur Pleite ihres Unternehmens:

    "Es hat jemand im Internet gelesen, und dann haben wir natürlich alle nachgeschaut, wo stehen die neuesten Informationen - und haben dann relativ schnell die offizielle Nachricht vom Amtsgericht in München gefunden, wo drinsteht, dass Qimonda München Insolvenz angemeldet hat. Auch die Geschäftsführung hier in Dresden hat sich dazu bisher überhaupt nicht geäußert."

    Wie es drinnen in der einst so stolzen und innovativen Firma an diesem grauen Morgen aussieht, lässt sich nur vermuten, draußen auf dem Parkplatz lässt sich am späten Vormittag kaum jemand sehen: Zwei junge Männer lassen sich dann doch anhalten auf dem Weg zu ihrem Wagen:

    "Also generell sind natürlich alle schockiert, dass es jetzt zu der Insolvenz gekommen ist. Und es gibt ganz unterschiedliche Reaktionen. Also, die einen sind natürlich sehr erschrocken, die wissen nicht wie es weitergeht mit der Transfer-Gesellschaft, ob die jetzt überhaupt noch zum Tragen kommt, so dass die Kollegen, die in diese Transfer-Gesellschaft wechseln wollen oder wollten, gar nicht wissen, wie es dort weitergeht - also auch in der Richtung gibt es noch keine Informationen - und gar nicht wissen, wo sie nächsten Monat das Geld herkriegen."
    Die Folgen der Pleite von Qimonda sind nicht absehbar. Sachsens Wissenschaftsministerin, Eva-Maria Stange mutmaßt:

    "Also es wird Auswirkungen haben, das ist zweifelsohne, aber wir müssen noch genau prüfen, wie breit diese Auswirkungen gestreut sind, ich denke, Silicon Saxony bleibt bestehen, das ist nicht das Problem, es muss uns gelingen, den Technologiekern zu retten, und es muss uns gelingen, die Forschungseinrichtungen, die unmittelbar mit Qimonda zusammengearbeitet haben, zu stabilisieren. Also, das ist auf alle Fälle das Zentrum für Nanotechnologie das CNT und das ist auf der anderen Seite die gemeinsame Forschungsstätte mit der Universität Dresden, das Nam-Lab, das ja ein Public Private Partnership ist, und dort ist Qimonda unmittelbar beteiligt."

    Die Staatsregierung will nun schnellstmöglich mit dem Insolvenzverwalter ins Gespräch kommen, um auszuloten, ob und wenn ja, zu welchen Konditionen sich Teile von Qimonda noch retten lassen. Regierungsnahe Kreise schätzen, dass die Pleite von Qimonda, das am Dresdner Standort bislang 3.000 Mitarbeiter hatte, insgesamt 8000 bis 10.000 Arbeitsplätze in Dresden kosten wird. Wer jetzt die Arbeit verliert wird es schwer haben, neue zu finden, das wissen die Beschäftigten seit vielen Wochen.

    Schon seit Monaten gärt es in der Dresdner Belegschaft von Qimonda. Die Unsicherheit ist groß, noch größer die Gewissheit, dass es nicht gut steht um das Werk. Die Gewerkschaft organisiert Mahnwachen, bis in den November hinein, die jedoch nicht sonderlich gut besucht sind:

    "Ja, aber man ist in der Beziehung eben Laie, wirtschaftlich, man kennt sich da eben nicht aus, aber meine Meinung ist die: Wenn überall und überall solche Fabriken aufgebaut werden, also dann wird man die Produktion, so einen Überschuss, wer soll denn das verkaufen? eine wer soll denn das alles verkaufen? Überproduktion ist da!"

    Die Lage ist ernst, soviel ist sicher und das nicht erst seit November, als die dramatischen Geldnöte von Qimonda, des größten Chipherstellers in Dresden - öffentlich wurden. Schon im März 2008 erklärte der Dresdner Qimonda-Chef Wolfgang Schmid:

    "Auf und Ab in den Preisen und in den Geschäftsergebnissen und da gibt es halt Phasen, die halt besser laufen und welche die nicht so gut laufen, das heißt durch Überkapazitäten am Weltmarkt ist der Preisdruck immens gewesen im letzten Jahr."
    Der mörderische Preiskampf auf dem globalen Markt für Speicherchips geht nun schon in das dritte Jahr, und der Leuchtturm Qimonda hat schwere Verluste zu verkraften. Allein in den ersten drei Quartalen des Jahres 2008 waren es mehr als 1,4 Milliarden Euro. Qimonda wankt und mit ihm der letzte bedeutende Standort für Mikroelektronik in Europa: "Silicon Saxony" in Dresden:

    "Mikroelektronik in Sachsen heißt mittlerweile 1200 Unternehmen, 44.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das bei einem Umsatz von rund 6 Mrd. Euro, das entspricht übrigens einem Umsatzanteil von mehr 12 Prozent am verarbeitenden Gewerbe in Sachsen. Und das Gesamt-Investitionsvolumen der Chip-Industrie in Dresden beläuft sich seit Beginn der 90-er Jahre bis heute auf insgesamt deutlich mehr als 12 Milliarden Euro. Und diese Investitionen wollen wir nicht aufs Spiel setzen."

    Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk, SPD, wird seit Wochen nicht müde immer wieder zu betonen, wie wichtig die strategische Bedeutung der einst gefeierten und hochsubventionierten Chipindustrie in Sachsen ist. So auch heute am Tag 1 der Pleite von Qimonda:

    "Nach wie vor ist der Mikroelektronik Standort Sachsen insbesondere Silicon Saxony ein Standort von Europäischer Bedeutung, und wir wollen alles tun, dass das auch in Zukunft so bleibt, in einem sehr schwierigen Marktumfeld."

    Der Aufbau des sächsischen "Silicon Saxony" ab Mitte der 90-er Jahre war eine Riesen-Erfolgsgeschichte im Aufbau Ost. Mit Milliarden Subventionen entstanden nagelneue Werke und Forschungseinrichtungen in der Dresdner Heide und am Flughafen. Der Chip-Boom schien nicht abzuebben. Die Politik sonnte sich im schönen Schein der schier unerschöpflichen Markt- und Entwicklungsmöglichkeiten. Ein Traum war wahr geworden, ein Wagnis hatte sich gelohnt, und das, obwohl die DDR-Staatsführung noch 1990 die Reste der einst stolzen DDR-Mikroelektronik eigentlich für immer schließen wollte. Doch es kam anders, Sachsens ehemaliger Ministerpräsident, Georg Milbradt, langjähriger Finanzminister im Kabinett Biedenkopf, erinnert sich:

    "Wir haben dann die Reste übernommen, ohne dass Investoren da waren, oder klar war, wie es weitergeht. Aber ohne diesen Schritt, ohne die Vision, ohne diesen Mut, wäre es nicht gegangen, und ich freue mich nun, nach 15 Jahren, dass unsere Vision Realität geworden ist!"

    2005 war die Halbleiter-Welt noch in Ordnung, die beiden großen Hauptakteure im sächsischen Silicon Valley, Infineon und AMD wuchsen und gediehen. Neue Fabriken und ein Maskenwerk entstanden, von dem alle profitieren sollten. Dresden hatte sich an die Spitze in Europa katapultiert und galt nun als einziger europäischer Halbleiter-Standort von Bedeutung, da hier nicht nur produziert sondern vor allem geforscht und entwickelt wurde. Doch schon damals reichten die Ressourcen der Einzelunternehmen nicht, um die überlebenswichtige und zunehmend kostenintensive Forschung allein zu finanzieren. Die klamme Finanzlage führte zur Gründung eines bislang einzigartigen Forschungsverbundes aus AMD, Qimonda und der Fraunhofer-Gesellschaft. Ein gemeinsames Zentrum für Nanoelektronische Technologien - kurz CNT - nahm seine Arbeit auf. Das Motto: "Innovation durch Kooperation". Das Ziel: schnelle und fertigungsnahe Lösungsansätze zu entwickeln, die vor Ort in der Fertigung umgesetzt werden konnten. In diesem Verbund nahm Qimonda eine herausragende Rolle ein, wie Prof. Peter Kücher, Leiter des Dresdener CNT betont:

    "Ja, Qimonda ist der einzige Hochvolumen-Speicher also DRam-Hersteller in Europa und insofern hat Qimonda eine Bedeutung weit über Dresden, die Bundesrepublik und Europa hinaus. Im globalen Wettbewerb ist es einer der fünf großen Speicherhersteller, der auch in die Problematik gelaufen ist, der fallenden Speicherpreise. Für Europa stellt sich damit die Frage: Will man in diesem Segment weiterhin präsent sein, oder hat diese Technologie nicht im vergleichbaren Fokus wie andere Industrien, die für Europa als wesentlich erkannt worden sind?"

    Die Insolvenz von Qimonda hat somit Folgen auch für das gemeinsame Forschungszentrum CNT in Dresden, dem damit ein wichtiger Entwicklungspartner abhanden kommt. CNT-Chef Peter Kücher:

    "Also ich würde sagen, es ist sicherlich ein wesentlicher Einschnitt für Silicon Saxony, weil es ja, ich sage mal, einer der Gründerväter sozusagen war, Siemens und Infineon, also Qimonda hier, in Dresden, auch einer der Leuchttürme. Für die regionale Bedeutung ist das der eine Aspekt, aber es hat eben weit darüber hinaus eine Europäische Bedeutung."

    Seine Sorge: Europa könnte sich aus der Hochtechnologie im Bereich für flüchtige Speicher verabschieden. Nur noch in Italien bliebe ein Produzent für Speicherchips dieser Sorte.
    Dabei gilt gerade das hohe Forschungs- und Entwicklungspotenzial der in und um Dresden angesiedelten Firmen in der Halbleiterindustrie als besonders stabilisierender Faktor für das sächsische "Silicon Valley". Auch dies war Teil des Konzepts der staatlichen Subventionierung. Dazu Sachsens früherer Ministerpräsident Georg Milbradt im Jahr 2006:

    "Wir möchten nicht gerne, dass dies ein Strohfeuer ist. Ich glaube, dass die Mikroelektronik zu einer der Kernkompetenzen des 21. Jahrhunderts gehört, und Europa kann nicht diese Technik irgendwo anders kaufen, sondern muss sie hier selber entwickeln und an der Spitze sein."

    Qimonda, eine Tochter des Infineon-Konzerns war stets Spitze bei Forschung und Entwicklung. Rund 200 Millionen Euro investierte das Unternehmen bislang pro Jahr in seine Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Dresden. Hochqualifizierte Mitarbeiter tüfteln hier seit geraumer Zeit an einem neuen extrem leistungsfähigen und zugleich Stromsparenden Super-Chip. Dieser Wunder-Chip gilt als Hoffnungsträger - ja - Garant für den Fortbestand und eine lukrative Zukunft von Qimonda. Selbst Firmenchef "Kin Wah Loh" lobt das Produkt, das offenbar noch keine Marktreife hat, überschwänglich:

    "It will be the pride of the people."

    Auch der Leiter des Fraunhofer-Center für Nanoelektronische Technologien, Prof. Peter Kücher glaubt an den neuen SuperChip:

    "Das ist eine andere Architektur, wie man das so etwas bezeichnet, als in der Vergangenheit und zielt eben genau auf die Anwendung die man heute braucht, auf portable Geräte, die wenig Energie verbrauchen sollen, und da hat diese Technologie einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern, also sehr wettbewerbsfähig."

    Doch bereits seit Jahresbeginn köchelte die Gerüchteküche. Viele von den hochqualifizierten Forschungs- und Entwicklungsingenieuren seien schon auf Job-Suche und säßen auf gepackten Koffern, hieß es. Derweil ringt die Politik noch immer um die Rettung dieses industriellen Leuchtturms, der einst das Land mit Stolz erfüllte. Dahinter steht die Angst, dass mit dem Untergang eines großen Unternehmens gleich das gesamte Konstrukt des "Silicon Saxony" zerfallen könnte. Welche Folgen eine mögliche Pleite von Qimonda tatsächlich hätte, kann derzeit keiner absehen. Auch in der Dresdner Niederlassung des IFO-Instituts für Wirtschaftsforschung ist sich Joachim Ragnitz nicht ganz schlüssig. Man müsse sehr genau hinschauen, welchen Effekt eine eventuelle Pleite eines Halbleiter-Giganten national und international haben könnte, sagt Wirtschaftsforscher Joachim Ragnitz:

    "Die Versorgung mit Chips ist dadurch nicht gefährdet, die bekommt man auch woanders her. Und das bedeutet letzten Endes ist es eine politische Entscheidung, ob man sagt, man will eine europäische Halbleiterindustrie haben, wenn man sagt, man bräuchte das, dann ist das nur eine Frage des "Was kostet das?", und man muss aufpassen, dass man sich dort nicht einem überzogenen Subventionswettlauf aussetzt."

    Der Freistaat Sachsen hat sich entschieden. Er will helfen und verfolgt zwei Ziele: Qimonda soll wieder lebensfähig und Silicon Saxony dauerhaft stabilisiert werden. Doch die Europäische Union wie auch die Vernunft setzen enge Grenzen. So hat die EU-Kommission den staatlichen Beihilferahmen von 35 Prozent auf nur noch 15 Prozent gekürzt. Zugleich fürchtet der Freistaat nichts mehr als die Büchse der Pandora - wenn er einem Unternehmen, das in Schwierigkeiten ist, Geld gibt, werden andere auch kommen, wo sind da die Grenzen zu ziehen?

    Sachsen will einen Mittelweg wählen. Der Freistaat will Qimonda helfen, aber nicht um jeden Preis das Dresdner Werk erhalten. Gestützt werden soll das Tochter-Unternehmen des Münchner Infineon-Konzerns mit einem sogenannten Betriebsmittel-Darlehen zu marktüblichen Konditionen, in Höhe von 150 Millionen Euro. Damit soll die Liquidität des Unternehmens gesichert werden. Im Gegenzug fordert der Freistaat Sachsen eine Bestandsgarantie für den Qimonda-Standort in Dresden sowie eine paritätische Beteiligung des Mutterkonzerns Infineon am Rettungspaket. Also noch einmal 150 Millionen Euro. Doch dieses Ansinnen hatte Infineon kurz vor Weihnachten geradezu postwendend abgelehnt, und erklärt, die Anforderungen überstiegen bei weitem die Möglichkeiten des Unternehmens. Der erste Rettungsversuch war somit geplatzt.
    Die Chip-Krise jedoch ist global, und das schafft Verbündete. Völlig überraschend hat sich für Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk SPD, über Infineon ein Kontakt nach Portugal ergeben, das gleichfalls um seinen Halbleiterstandort und das dortige Werk von Qimonda bangt. Portugal sieht die Rettung Qimondas sogar als nationale Sache an, da das Unternehmen hier zu den größten Arbeitgebern überhaupt gehört. 100 Millionen Euro will die von der Finanzkrise gebeutelte portugiesische Staatsbank beisteuern, so dass das neue Rettungspaket nun 325 Millionen Euro beträgt, wovon Infineon offenbar nur noch rund 75 und nicht wie vom Freistaat Sachsen gefordert, 150 Millionen Euro tragen soll. Doch der Wirtschaftsforscher Joachim Ragnitz vom IFO-Institut Dresden hat dennoch Zweifel am Hilfskonzept:

    "Es sind Hilfen angekündigt worden, die der Intention nach aber dazu dienen sollen, eine neue Technologie einzuführen. Diese neue Technologie ist offensichtlich aber noch nicht produktionsreif. Das heißt, das dauert noch, bis die zum Einsatz kommt. Und in der Zeit wird Qimonda weiterhin Verluste einfahren. Und ich weiß nicht, wer die decken soll? Der Freistaat will es nicht, darf es nicht, soll es auch nicht. Infineon als Eigentümer will es offensichtlich nicht. Ich sehe die Zukunft von Qimonda noch nicht in trockenen Tüchern."

    Sachsens Sozialdemokraten und die Partei die Linke fordern dennoch den Erhalt der Arbeitsplätze und des Qimonda-Werkes. In der sächsischen CDU mehren sich indessen schwerwiegende Vorbehalte gegen eine derart umfassende Stützung des Chipherstellers, der bundesweit 14.000 Arbeitsplätze bietet. Der CDU-Landtagsabgeordnete Heinz Eggert kritisiert:

    "Ich halte das Paket für sehr fahrlässig und vor allem für sehr Risiko-behaftet, vor allem für den Steuerzahler in Sachsen, denn Politik kann nicht das ersetzen, wenn die Industrie sich selber aus ihren Werken zurückzieht. Und wenn Sie die Gesamtsumme sehen, von 325 Millionen, und sehen, dass nur ein Drittel von Infineon davon selber bedient wird, dann zeigt das schon die Aussichtschancen dieses Pakets."

    Die Angst, dem, wie man so schön sagt " schlechten Geld", noch "Gutes hinterherzuwerfen ist ebenso groß, wie die Sorge mit dem Hilfspaket ähnliche Begehrlichkeiten bei anderen Firmen oder gar Industriezweigen zu wecken. Schließlich hat auch die Automobilindustrie in Sachsen mit ihren knapp 70.000 Arbeitsplätzen derzeit schwere Monate durchzustehen. Der Wirtschaftsforscher Joachim Ragnitz rät zur Vorsicht:

    "Nun, es ist nicht auszuschließen, dass dann auch andere Unternehmen kommen, eine eher heikle Situation, vor der der Freistaat steht."

    Eine Situation, in der nicht nur der Landtag, sondern auch und vor allem die Wettbewerbs-Experten der Europäische Union mitzureden haben, wenn es um diese Art der Hilfe geht. Schon deshalb ist Sachsens Finanzminister Georg Unland sehr darauf bedacht, die Konzernmutter Infineon miteinzubeziehen und nicht mehr Risiko als nötig einzugehen. Unland im Januar 2009:

    "Sie können sich ja vorstellen, dass die Verhandlungen da nicht ganz einfach sind, und wir können ja keinen Blanko-Scheck ausstellen."

    Die Staatsregierung will nicht nur reagieren, sie versucht die Krise zumindest teilweise umzumünzen in eine Chance für das hochinnovative "Silicon Saxony". Bis zum Herbst 2009 soll hier ein neues Forschungszentrum der Fraunhofer-Gesellschaft entstehen. Die endgültige Entscheidung fällt Mitte Februar in der Fraunhofer-Gesellschaft selbst. Gibt sie grünes Licht, dann fließen 50 Millionen Euro in das neue "Fraunhofer-Zentrum All Silicon System Integration Dresden" - kurz Assid - die sich mit dreidimensionalen Mikrochips beschäftigen wird. Prof. Peter Kücher:

    "Dieses Zentrum wird sozusagen eine Ergänzung sein zu dem heutigen CNT. Das heutige CNT fokussiert sich auf die Prozesse für die Chipherstellung, also basiert auf Silizium, das Assid geht einen Schritt weiter und integriert mehrere unterschiedliche Chips übereinander, stapelt diese sozusagen übereinander, deshalb 3-D-Integration, und damit hat man auch die Möglichkeit unterschiedliche Funktionalität herzustellen, ohne diese spezifischen Funktionen auf einem Silizium-Chip integrieren."

    Doch die Zitterpartie für Qimonda und damit auch für Silicon Saxony mit seinen rund 44.000 Beschäftigten in der Halbleiterindustrie ist noch lange nicht vorbei.