"Das weinanbauende Ahrtal geht von Altenahr bis Bad Bodendorf und auf diesen etwa 25 Kilometer Strecke haben wir 544 Hektar Anbaufläche. In diesem Bereich haben wir eines der regenärmsten und sonnenreichsten Gebiete in Deutschland: 1400 Sonnenstunden und eine Durchschnittstemperatur von 9,7 Grad. Das macht es zum einen aus, dass man hier Wein anbauen kann - und vor allem, dass man hier Rotwein anbauen kann. Wir sind das drittkleinste Anbaugebiet, aber das größte geschlossene Rotweinanbaugebiet in Deutschland."
Wolfgang Diekmann steht mit einem Weinglas in der Hand im Speisesaal seines Hotels. Einmal pro Woche stellt er seinen Gästen besondere Köstlichkeiten aus der Region vor. Während seine Gäste mal diesen, mal jenen Wein probieren, erklärt der Hotelier, warum der Rebensaft gerade hier, im Ahrtal nicht weit von Bonn, so gut gedeiht.
"9,7 Grad Jahresdurchschnittstemperatur - das hat damit zu tun, dass wir zehn bis dreizehntausend Jahre zurück… Unsere Entstehung war nämlich vulkanischen Ursprungs. Und heute ist das so, dass gerade über dem Ahrtal der Regen vorher aufgefangen wird und sich abregnet - und der Wind nicht so in das Tal hinein bläst, wie es beim Rheintal oder bei der Mosel der Fall ist. Und ein Weiteres ist: Dadurch, dass es so eng ist, ist der Spiegeleffekt der Sonne auf der Wasseroberfläche der Ahr entsprechend größer an den Steilhängen, als es zum Beispiel am Rhein oder an der Mosel der Fall ist. Und das erzeugt noch einmal eine weitere Heizenergie in den Weinberg hinein."
Vermutlich haben die Römer den Weinanbau schon vor etwa 2000 Jahren hierher gebracht. Und schon sie wussten um die vielfältige Nutzung des Rebensaftes, erzählt mir Gerhard Kreuzer, den ich im Krankenhaus von Bad Neuenahr treffe, wo er über zwanzig Jahre als Arzt tätig war. Am Schluss, bis zu seiner Pensionierung vor drei Jahren, als Leiter der inneren Medizin.
"Diese Heilkräfte des Weines sind seit Jahrtausenden bekannt. Bereits die Griechen haben das wissenschaftlich erforscht. Hippokrates von Kos vor 2400 Jahren. Und im Volk gab es immer die herrlichen Sprüche, wie hier in Mayschoß an der Ahr: 'Gegen alle Kränk' und Pest ist der rote Wein das Best.' Das ist wissenschaftlich untermauert, in den letzten 20 Jahren hauptsächlich. Der Wein hat eine gefäßschützende Wirkung. Man weiß, dass moderate Weintrinker - also ungefähr 300 Milliliter am Tag - ungefähr ein Drittel weniger an Herzinfarkt, Schlaganfall und anderen Gefäßerkrankungen erkranken und leiden. Und das kommt daher, dass der Wein vor der Arteriosklerose schützt."
Übertreiben dürfe man es natürlich nicht, meint der Doktor. Auf die Menge komme es eben an. Aber in Maßen genossen, helfe Wein bei vielen Gebrechen. Und sogar äußerlich angewandt wirke Wein wahre Wunder.
"Die Römer haben ihren verletzten Gladiatoren weingetränkte Tücher umgehangt. Und Sie kennen aus der Bibel auch den Spruch: 'Der barmherzige Samariter goss Öl und Wein in die Wunden.' Der Wein fördert die Wundheilung, aber unabhängig davon glättet der Wein die Haut, nimmt Falten weg. Der Wein ist sozusagen eine Verjüngung ihrer Haut - wie insgesamt das Resveratrol aus dem Rotwein eine Anti-Aging-Wirkung hat, ist im Tierversuch nachgewiesen. Also, der Wein ist für die Haut sehr gut. Weintrinker, das hatte auch mein Vater, der alte praktische Arzt in Koblenz immer gesagt, Weintrinker haben eine glättere Haut."
Was also liegt da näher, als ein Bad in Wein - oder doch zumindest in Wasser und Wein.
In der Symphonie der Sinne, einem ehrwürdigen griechischen Tempeln nachempfundenen Badehaus mitten im Zentrum von Bad Neuenahr, wo man sich nach allen Regeln der Wellness-Kunst verwöhnen lassen kann, habe ich mich für ein Wannenbad angemeldet.
"So, ich darf Sie bitten, dass sie sich komplett ausziehen und dann hier auf dieser Liege Platz nehmen. Ich werde sie erst mal mit dieser Bürste massieren, die das Hautbild verfeinert wird. Die Poren werden schon geöffnet. Das ist alles eine Vorbereitung auf das Wannenbad. Die Poren - wenn die geöffnet sind, können die wunderbar Rotwein und Sahne aufnehmen. Rotwein ist ja sowieso durchblutungsfördernd. Aber bei Wasser und Rotwein braucht man einen Emulgator - und das ist in diesem Fall die Sahne."
Und nach ausgiebigem Bürsten und Striegeln erwartet mich eine dampfende Badewanne mit wohlig-warmen Mineralwasser, das hier mit 35 Grad aus der Erde kommt. Und dann, am Ende, während ich schon entspannt in der Wanne liege, kommen noch Sahne und Wein hinzu und verbreiten einen betörend süßlichen Duft.
"Wir haben gesagt: Hier gibt es Wein, warum ist es nicht möglich, den Wein mit all seiner Heilkraft, die ihm innewohnt, zu nutzen. Wir haben die Rotweine gemischt mit ätherischen Ölen und anderen Ingredienzien und haben dadurch die Basis für Einreibungen, für Massagen geschaffen","
erklärt mir Reiner Mertel, der Kurdirektor in Bad Neuenahr. Er ist der Herr über das Wasser, das Bad Neuenahr erst zu dem machte, was es heute ist.
""Im Jahr 1858 haben Bauarbeiten hier stattgefunden. Da haben Bauarbeiter beim herausdrehen des Gebälks, das war ja früher alles Fachwerk, festgestellt, sie stehen mit den Füßen im warmem Wasser. Da hat man probiert und siehe da es war - Mineralwasser. So ist Bad Neuenahr entstanden."
Heute werden hier hauptsächlich orthopädische Beschwerden behandelt. Damals aber, lange bevor man Insulin entdeckt hatte, kamen besonders Zuckerkranke hierher, so Reiner Mertel.
"Wir sind ursprünglich ein Zuckerbad. Das heißt, ursprünglich hat man gesagt: Hier wird der Stoffwechsel behandelt. Wie ging das? Durch trinken von Thermalwasser und Diätetik - also Diät. So ist etwa Karl Marx vor vielen Jahren hier behandelt worden. Er war drei Mal in Bad Neuenahr, ist extra aus London angereist."
Doch die Geschichte rund um das Wasser in Bad Neuenahr begann schon sechs Jahre vor der Entdeckung der Heilquelle, als der Winzer Georg Kreuzberg einige Kilometer entfernt eine andere Mineralquelle entdeckt hatte, erzählt der Kurdirektor.
"Er hatte einen Weinberg. Er war Winzer, aber auch Kaufmann im großen Stil - und ein Weinberg der brachte ums Verrecken keine Frucht. Das heißt, da waren die Trauben klein, verkrüppelt, schmeckten bitter. Und er hat gesagt: Das kann ja nicht wahr sein, links und rechts die Nachbarn haben die schönsten Weinernten und ich hab immer dieses miese Zeug. Dann hat er einen Geologen einen Professor Bischof aus Bonn kommen lassen - und der hat nun die Erde untersucht und hat festgestellt: Es gibt Ausgasungen, und hat dann weiter gegraben und stieß auf eine Mineralquelle."
Nur wenige Meter von der Quelle entfernt stand schon damals eine Kapelle des heiligen Apollinaris, der dadurch zum Namensgeber des bald weltweit bekannten Mineralwassers wurde. Sehr schnell hatte der Winzer gemerkt, dass man aus seinem Wasser zwar keinen Wein machen könne, aber dafür sehr gute Geschäfte, meint Michael Kallfelz unter dem Porträt des Firmengründers, ganz in der Nähe der ursprünglichen Quelle.
"Herr Kreuzberg, von dem wir hier ein Bild sehen, hat dann sehr schnell erkannt, dass sauberes und gutes Wasser ein rares Gut ist, denn er kannte sich so ein bisschen in den Märkten der Welt aus, und hat dann ein Geschäft daraus gemacht, dieses Wasser zu vermarkten."
Die Kapelle, die an den italienischen Bischof Apollinaris erinnert, steht auch heute noch unterhalb der Weinberge. Rechts und links davon aber, entlang der Strasse, dominieren heute Fabrikhallen die Gegend.
"Wir gehen jetzt zu einer der ersten Quellen, die sind jetzt in diesem Gebäude. Damals war das natürlich frei. Man hat das um die Jahrhundertwende darum gebaut."
Außer einem Stahlrohr, das in die Tiefe führt, ist von der Quelle nichts zu sehen. Etwa dreißig Kubikmeter des Mineralwassers kommen hier jede Stunde aus der Tiefe, werden abgefüllt und in alle Welt verschickt. Apollinaris war von Anfang an ein Exportschlager, erklärt mir der Direktor der Mineralquelle.
"Es wurde in Tonkrüge gefüllt, dann in Holzkisten, die Holzkisten auf Pferdefuhrwerke, die diese dann bis nach Remagen zum Rhein brachten, und dort auf Schiffe verladen - den Rhein runter bis nach England."
Und von dort ging das Wasser aus Ahrweiler meist in die englischen Kolonien auf der ganzen Welt.
"Da Apollinaris auf Grund seiner natürlichen Kohlensäure ein sehr stabiles und gesundes Wasser war, wurden die Gouverneure und andere hohe Repräsentanten in diesen Kolonien stets mit Apollinaris beliefert, damit sie dort, wo das Wasser zu der Zeit leider sehr schlecht war, gesund blieben. Dadurch hat Apollinaris einen internationalen Ruf bekommen."
Aber zurück zum Wein. Ein paar Kilometer weiter flussaufwärts, in der Probierstube der Winzergenossenschaft in Mayschoß herrscht reger Betrieb. An einem langen Tresen stehen Weinliebhaber, die sich mal diesen, mal jenen Jahrgang einschenken lassen. Von dort sind es nur ein paar Meter bis zum großen Weinkeller, wo die Genossenschaft ihre Schätze aufbewahrt.
"Hier sind wir also schon in einem wunderschönen Raum, in einem tiefen Keller. Und ich würde einfach sagen - und ich sage das auch mit einem gewissen Stolz - in einem der schönsten Weinkeller, Fasskeller hier an der Ahr."
Heute gehe es den Winzern an der Ahr recht gut, meint Rudolf Mies, der Vorsitzende der Winzergenossenschaft Mayschoß. Damals aber, Mitte des 19. Jahrhunderts, als Georg Kreuzberg die Apollinarisquelle entdeckte, sah die Situation für die Winzer hier völlig anders aus.
"Die Winzer hatten Wein im Keller, aber sie hatten auf der anderen Seite kein Brot zum essen. Das war die Situation. Der Weinpreis war verfallen, der Wein galt nichts. Man bekam kein Geld für den Wein - eine schlimme Zeit."
Da die vielen kleinen Winzer gegen die Großhändler nicht bestehen konnten, taten sich einige von ihnen nach dem Vorbild des Sozialreformers Raiffeisen zu einer Genossenschaft zusammen.
"Die haben sich schlau gemacht, wie man das dann anpacken könnte, wenn man sich zusammenschließt. Und so kam es dann dazu, dass man sich getroffen hat -zunächst mal mit 18 Winzern. Das war am letzten Mittwoch im August 1868. Und da hat man beschlossen, eine Winzergenossenschaft zu gründen."
Es war weltweit die erste Winzergenossenschaft. Und die war so erfolgreich, dass sich bald darauf auch anderswo viele Winzer zusammenschlossen.
"Die Genossenschaft hatte zu Anfang nur 27 Mitglieder, aber 1893, bei der 25 Jahrfeier, wo dieser Keller auch begonnen wurde, da hatte die Genossenschaft schon 120 Mitglieder. Und damals war das schon eine sehr, sehr starke Genossenschaft. Und es war auch so, dass auch in anderen Weinorten der Ahr - zum Beispiel Walporzheim 1871, Bernau 1873 -, dass in sehr rascher Folge auch in anderen Orten der Ahr Winzergenossenschaften gegründet wurden, weil man gesehen hat: Aha, die Mayschoßer, die haben etwas begonnen, das lohnt sich, das macht sich bezahlt. Einigkeit macht stark. Und so gab es innerhalb von zehn Jahren an der ganzen Ahr über 20 Winzergenossenschaften."
Heute gehören zur Genossenschaft in Mayschoss etwa 250 aktive Winzer, die ihre Weinberge fast alle nur als Hobby oder im Nebenerwerb bewirtschaften. Pro Jahr lagert in den Kellergewölben etwa eine Million Liter meist roter Wein in Barriquefässern, die in schier endloser Reihe hier neben- und übereinander stapeln - dazwischen eine kleine Nische mit einzelnen Flaschen, davor ein schmiedeeisernes Gitter.
"Hier stehen wir also vor unserer Schatzkammer. Das ist auch eine ganz wichtige Einrichtung unserer Genossenschaft. Und wir legen also jedes Jahr ein Teil unserer besten Weine, sie sehen, das sind in der Regel zwischen 18 und 24 Flaschen, hier in diese Schatzkammer. Und diese Schatzkammer ist an dieser Stelle auch an einem ganz alten historischen Platz. Der Herr in der Mitte, in diesem alten Bilderrahmen, das ist der erste Vorsitzende unserer Winzergenossenschaft. Das ist Nikolaus Nägel, der war damals Ortsvorsteher hier von Maischoß und hat dafür gesorgt, dass 1868 diese Genossenschaft gegründet wurde."
Aus dem Weinkeller geht es dann noch mal flussabwärts ein paar Kilometer die Ahr entlang bis zur mittelalterlichen Stadt Ahrweiler, um an einer Stadtführung teilzunehmen: einer ganz besonderen Stadtführung, bei der es natürlich unter anderem auch um Wein geht.
"In vino veritas. Sie wissen, das heißt: Im Wein liegt die Wahrheit. Nicht alle Geschichten, die ich Ihnen während der Stadtführung erzähle, werden auch wirklich wahr sein. Das raus zu finden, liegt an Ihnen - und dafür kriegt jeder von mir schon mal so eine kleine Karte und die dürfen Sie mir dann anschließend zeigen, ob die Geschichte, die ich erzählt habe, denn nun wahr war, oder ob das eine kleine Lüge war."
Die Karten, die unser Stadtführer Bernd Riedel verteilt, sind auf der einen Seite grün, auf der anderen rot. Und schon gibt es die erste Geschichte, die es zu erraten gilt. Es geht um eine der hier angebauten Rebsorten, den Portugieser.
"Sie wissen: In Portugal hat es vor drei Jahren ganz große Brände gegeben, Waldbrände. Und natürlich sind da auch sehr viele Weinbestände in Mitleidenschaft gezogen worden. Jetzt gibt es ein Problem bei den Portugiesen. Sie haben nicht mehr genügend Wein, um ihren Portwein herzustellen, weil das alles abgebrannt ist. Ist nun jetzt die Frage: Schicken wir den Portugiesen unseren Portugieser runter, damit sie den Portwein machen können?"
Das glaubt nun wirklich keiner, alle zeigen die rote Karte.
"Da hab ich ja nur Fachleute da. Und um dieses zu bestätigen, dass wir den nicht runter schicken, haben wir auch etwas vorbereitet."
Tatsächlich glaubte man früher, dass die Reben ursprünglich aus Portugal stammten. Heute weiß man, dass sie eher aus der Donauregion hierher kamen.
Dann geht es weiter in die Altstadt, wo wir vor einem der vielen Fachwerkhäuser stehenbleiben. Dem Geburtshaus des geschäftstüchtigen Winzers Georg Kreuzberg.
"Nicht nur, dass er die Apollinarisquellen gefunden hat, sondern er wusste über seinen Geologen: Wenn eine Quelle da ist, ist in unmittelbarer Nähe auch eine zweite. Er hat jetzt, ich sag das mal in meinen Worten, seine Spione ausgesandt. Und hat dann die Leute so befragt, das war ja Mitte des 19. Jahrhunderts: Wenn ihr in den Keller geht mit der Kerze, geht die Kerze aus? Dann hat er sich das Land gekauft. Wenn ihr anfangt im Garten zu graben, riecht es da? Aus der Erde dringen da Gase aus? Ja - hat er sich gekauft. Und als er genug zusammenhatte, da hat er dann wieder seinem Geologen den Auftrag gegeben: Nun grab mal schön. Und er fand tatsächlich die zweite Quelle - und da steht heute Bad Neuenahr."
Während sich dort heute die Kurgäste tummeln, lockt Ahrweiler die Touristen heute mit seiner Geschichte. Ende des 19. Jahrhunderts hatten die Stadtväter zwar beschlossen, die Stadtmauer abzureisen. Aber da während der Jahrhunderte so viele Bürger ihre Häuser direkt an die Stadtmauer gebaut hatten, blieb das mittelalterliche Bauwerk mit seinen vier Stadttoren doch bis heute komplett erhalten, erklärt Bernd Riedel.
"Wir stehen hier vor dem - für mich - schönsten Tor. Das ist hier das Obertor. Sie sehen, da sind unterschiedliche Sachen drin verarbeitet."
So ähnlich wie Urwaldbewohner hofften, sich mit furchteinflößenden Masken vor ihren Feinden schützen zu können, hatte man auch in Ahrweiler die Stadtmauer benutzt, um Feinde abzuschrecken - meint zumindest unser Stadtführer.
"Die Ahrweiler Bevölkerung hat etwas Ähnliches gemacht. Die hat dem Gegner gezeigt: Wir haben verzauberte Stadtmauern, die sind ganz toll. Unsere Mauern fressen eure Kugeln auf, ihr braucht uns gar nicht erst anzugreifen. Und jetzt ist die Frage, hat die Ahrweiler Stadtbevölkerung hier dem Gegner gezeigt, dass die Kugeln hier sinnlos sind? Ist die Frage Wahrheit oder Lüge?"
Diesmal stimmt die Geschichte, erklärt Bernd Riedel, während wir um das Stadttor herum gehen. Auf der Außenseite des Tores sieht man sieben Kanonenkugeln, die in das Mauerwerk eingearbeitet sind.
"Die Stadt wurde im 15. Jahrhundert hier belagert durch Ruprecht von der Pfalz. Die Stadtgeschichte sagt jetzt: Unter Schimpf und Schande musste sich dieser Ruprecht zurückziehen - hat natürlich ein paar Sachen hinterlassen, unter anderem diese sieben Kanonenkugeln. Sie sehen, die sind noch aus Stein. Damals gab es noch keine Eisenkugeln. Man hat dann diese, als man den Turm reparierte, hat man diese sieben hinterlassenen Steinkugeln hier eingemauert, um zu zeigen - einem möglichen Gegner: Es lohnt sich nicht, ihr könnt uns nicht kaputt machen, unsere Mauern fressen eure Kugeln. Das ist hier der Hintergrund, warum diese sieben Kugeln hier eingemauert sind."
Dann geht es zum Abschluss noch in einen kleinen Weinladen, wo die Stadtführung mit einem Trinkspruch endet.
"Nimm das Leben nicht so schwer, trink gemach ein Gläschen leer, denn ein guter Tropfen Wein lindert deines Tages Pein, bremst das Tempo der Gewalten, glättet deine Sorgenfalten - und aus Dir dann über Nacht einen Lebenskünstler macht. In diesem Sinne kann ich nur sagen: Carpe diem - greife den Tag, halte den Tag genieße den Tag. Genießen Sie den Wein, den sie gerade im Glas haben. Sehr zum Wohle!"
Wolfgang Diekmann steht mit einem Weinglas in der Hand im Speisesaal seines Hotels. Einmal pro Woche stellt er seinen Gästen besondere Köstlichkeiten aus der Region vor. Während seine Gäste mal diesen, mal jenen Wein probieren, erklärt der Hotelier, warum der Rebensaft gerade hier, im Ahrtal nicht weit von Bonn, so gut gedeiht.
"9,7 Grad Jahresdurchschnittstemperatur - das hat damit zu tun, dass wir zehn bis dreizehntausend Jahre zurück… Unsere Entstehung war nämlich vulkanischen Ursprungs. Und heute ist das so, dass gerade über dem Ahrtal der Regen vorher aufgefangen wird und sich abregnet - und der Wind nicht so in das Tal hinein bläst, wie es beim Rheintal oder bei der Mosel der Fall ist. Und ein Weiteres ist: Dadurch, dass es so eng ist, ist der Spiegeleffekt der Sonne auf der Wasseroberfläche der Ahr entsprechend größer an den Steilhängen, als es zum Beispiel am Rhein oder an der Mosel der Fall ist. Und das erzeugt noch einmal eine weitere Heizenergie in den Weinberg hinein."
Vermutlich haben die Römer den Weinanbau schon vor etwa 2000 Jahren hierher gebracht. Und schon sie wussten um die vielfältige Nutzung des Rebensaftes, erzählt mir Gerhard Kreuzer, den ich im Krankenhaus von Bad Neuenahr treffe, wo er über zwanzig Jahre als Arzt tätig war. Am Schluss, bis zu seiner Pensionierung vor drei Jahren, als Leiter der inneren Medizin.
"Diese Heilkräfte des Weines sind seit Jahrtausenden bekannt. Bereits die Griechen haben das wissenschaftlich erforscht. Hippokrates von Kos vor 2400 Jahren. Und im Volk gab es immer die herrlichen Sprüche, wie hier in Mayschoß an der Ahr: 'Gegen alle Kränk' und Pest ist der rote Wein das Best.' Das ist wissenschaftlich untermauert, in den letzten 20 Jahren hauptsächlich. Der Wein hat eine gefäßschützende Wirkung. Man weiß, dass moderate Weintrinker - also ungefähr 300 Milliliter am Tag - ungefähr ein Drittel weniger an Herzinfarkt, Schlaganfall und anderen Gefäßerkrankungen erkranken und leiden. Und das kommt daher, dass der Wein vor der Arteriosklerose schützt."
Übertreiben dürfe man es natürlich nicht, meint der Doktor. Auf die Menge komme es eben an. Aber in Maßen genossen, helfe Wein bei vielen Gebrechen. Und sogar äußerlich angewandt wirke Wein wahre Wunder.
"Die Römer haben ihren verletzten Gladiatoren weingetränkte Tücher umgehangt. Und Sie kennen aus der Bibel auch den Spruch: 'Der barmherzige Samariter goss Öl und Wein in die Wunden.' Der Wein fördert die Wundheilung, aber unabhängig davon glättet der Wein die Haut, nimmt Falten weg. Der Wein ist sozusagen eine Verjüngung ihrer Haut - wie insgesamt das Resveratrol aus dem Rotwein eine Anti-Aging-Wirkung hat, ist im Tierversuch nachgewiesen. Also, der Wein ist für die Haut sehr gut. Weintrinker, das hatte auch mein Vater, der alte praktische Arzt in Koblenz immer gesagt, Weintrinker haben eine glättere Haut."
Was also liegt da näher, als ein Bad in Wein - oder doch zumindest in Wasser und Wein.
In der Symphonie der Sinne, einem ehrwürdigen griechischen Tempeln nachempfundenen Badehaus mitten im Zentrum von Bad Neuenahr, wo man sich nach allen Regeln der Wellness-Kunst verwöhnen lassen kann, habe ich mich für ein Wannenbad angemeldet.
"So, ich darf Sie bitten, dass sie sich komplett ausziehen und dann hier auf dieser Liege Platz nehmen. Ich werde sie erst mal mit dieser Bürste massieren, die das Hautbild verfeinert wird. Die Poren werden schon geöffnet. Das ist alles eine Vorbereitung auf das Wannenbad. Die Poren - wenn die geöffnet sind, können die wunderbar Rotwein und Sahne aufnehmen. Rotwein ist ja sowieso durchblutungsfördernd. Aber bei Wasser und Rotwein braucht man einen Emulgator - und das ist in diesem Fall die Sahne."
Und nach ausgiebigem Bürsten und Striegeln erwartet mich eine dampfende Badewanne mit wohlig-warmen Mineralwasser, das hier mit 35 Grad aus der Erde kommt. Und dann, am Ende, während ich schon entspannt in der Wanne liege, kommen noch Sahne und Wein hinzu und verbreiten einen betörend süßlichen Duft.
"Wir haben gesagt: Hier gibt es Wein, warum ist es nicht möglich, den Wein mit all seiner Heilkraft, die ihm innewohnt, zu nutzen. Wir haben die Rotweine gemischt mit ätherischen Ölen und anderen Ingredienzien und haben dadurch die Basis für Einreibungen, für Massagen geschaffen","
erklärt mir Reiner Mertel, der Kurdirektor in Bad Neuenahr. Er ist der Herr über das Wasser, das Bad Neuenahr erst zu dem machte, was es heute ist.
""Im Jahr 1858 haben Bauarbeiten hier stattgefunden. Da haben Bauarbeiter beim herausdrehen des Gebälks, das war ja früher alles Fachwerk, festgestellt, sie stehen mit den Füßen im warmem Wasser. Da hat man probiert und siehe da es war - Mineralwasser. So ist Bad Neuenahr entstanden."
Heute werden hier hauptsächlich orthopädische Beschwerden behandelt. Damals aber, lange bevor man Insulin entdeckt hatte, kamen besonders Zuckerkranke hierher, so Reiner Mertel.
"Wir sind ursprünglich ein Zuckerbad. Das heißt, ursprünglich hat man gesagt: Hier wird der Stoffwechsel behandelt. Wie ging das? Durch trinken von Thermalwasser und Diätetik - also Diät. So ist etwa Karl Marx vor vielen Jahren hier behandelt worden. Er war drei Mal in Bad Neuenahr, ist extra aus London angereist."
Doch die Geschichte rund um das Wasser in Bad Neuenahr begann schon sechs Jahre vor der Entdeckung der Heilquelle, als der Winzer Georg Kreuzberg einige Kilometer entfernt eine andere Mineralquelle entdeckt hatte, erzählt der Kurdirektor.
"Er hatte einen Weinberg. Er war Winzer, aber auch Kaufmann im großen Stil - und ein Weinberg der brachte ums Verrecken keine Frucht. Das heißt, da waren die Trauben klein, verkrüppelt, schmeckten bitter. Und er hat gesagt: Das kann ja nicht wahr sein, links und rechts die Nachbarn haben die schönsten Weinernten und ich hab immer dieses miese Zeug. Dann hat er einen Geologen einen Professor Bischof aus Bonn kommen lassen - und der hat nun die Erde untersucht und hat festgestellt: Es gibt Ausgasungen, und hat dann weiter gegraben und stieß auf eine Mineralquelle."
Nur wenige Meter von der Quelle entfernt stand schon damals eine Kapelle des heiligen Apollinaris, der dadurch zum Namensgeber des bald weltweit bekannten Mineralwassers wurde. Sehr schnell hatte der Winzer gemerkt, dass man aus seinem Wasser zwar keinen Wein machen könne, aber dafür sehr gute Geschäfte, meint Michael Kallfelz unter dem Porträt des Firmengründers, ganz in der Nähe der ursprünglichen Quelle.
"Herr Kreuzberg, von dem wir hier ein Bild sehen, hat dann sehr schnell erkannt, dass sauberes und gutes Wasser ein rares Gut ist, denn er kannte sich so ein bisschen in den Märkten der Welt aus, und hat dann ein Geschäft daraus gemacht, dieses Wasser zu vermarkten."
Die Kapelle, die an den italienischen Bischof Apollinaris erinnert, steht auch heute noch unterhalb der Weinberge. Rechts und links davon aber, entlang der Strasse, dominieren heute Fabrikhallen die Gegend.
"Wir gehen jetzt zu einer der ersten Quellen, die sind jetzt in diesem Gebäude. Damals war das natürlich frei. Man hat das um die Jahrhundertwende darum gebaut."
Außer einem Stahlrohr, das in die Tiefe führt, ist von der Quelle nichts zu sehen. Etwa dreißig Kubikmeter des Mineralwassers kommen hier jede Stunde aus der Tiefe, werden abgefüllt und in alle Welt verschickt. Apollinaris war von Anfang an ein Exportschlager, erklärt mir der Direktor der Mineralquelle.
"Es wurde in Tonkrüge gefüllt, dann in Holzkisten, die Holzkisten auf Pferdefuhrwerke, die diese dann bis nach Remagen zum Rhein brachten, und dort auf Schiffe verladen - den Rhein runter bis nach England."
Und von dort ging das Wasser aus Ahrweiler meist in die englischen Kolonien auf der ganzen Welt.
"Da Apollinaris auf Grund seiner natürlichen Kohlensäure ein sehr stabiles und gesundes Wasser war, wurden die Gouverneure und andere hohe Repräsentanten in diesen Kolonien stets mit Apollinaris beliefert, damit sie dort, wo das Wasser zu der Zeit leider sehr schlecht war, gesund blieben. Dadurch hat Apollinaris einen internationalen Ruf bekommen."
Aber zurück zum Wein. Ein paar Kilometer weiter flussaufwärts, in der Probierstube der Winzergenossenschaft in Mayschoß herrscht reger Betrieb. An einem langen Tresen stehen Weinliebhaber, die sich mal diesen, mal jenen Jahrgang einschenken lassen. Von dort sind es nur ein paar Meter bis zum großen Weinkeller, wo die Genossenschaft ihre Schätze aufbewahrt.
"Hier sind wir also schon in einem wunderschönen Raum, in einem tiefen Keller. Und ich würde einfach sagen - und ich sage das auch mit einem gewissen Stolz - in einem der schönsten Weinkeller, Fasskeller hier an der Ahr."
Heute gehe es den Winzern an der Ahr recht gut, meint Rudolf Mies, der Vorsitzende der Winzergenossenschaft Mayschoß. Damals aber, Mitte des 19. Jahrhunderts, als Georg Kreuzberg die Apollinarisquelle entdeckte, sah die Situation für die Winzer hier völlig anders aus.
"Die Winzer hatten Wein im Keller, aber sie hatten auf der anderen Seite kein Brot zum essen. Das war die Situation. Der Weinpreis war verfallen, der Wein galt nichts. Man bekam kein Geld für den Wein - eine schlimme Zeit."
Da die vielen kleinen Winzer gegen die Großhändler nicht bestehen konnten, taten sich einige von ihnen nach dem Vorbild des Sozialreformers Raiffeisen zu einer Genossenschaft zusammen.
"Die haben sich schlau gemacht, wie man das dann anpacken könnte, wenn man sich zusammenschließt. Und so kam es dann dazu, dass man sich getroffen hat -zunächst mal mit 18 Winzern. Das war am letzten Mittwoch im August 1868. Und da hat man beschlossen, eine Winzergenossenschaft zu gründen."
Es war weltweit die erste Winzergenossenschaft. Und die war so erfolgreich, dass sich bald darauf auch anderswo viele Winzer zusammenschlossen.
"Die Genossenschaft hatte zu Anfang nur 27 Mitglieder, aber 1893, bei der 25 Jahrfeier, wo dieser Keller auch begonnen wurde, da hatte die Genossenschaft schon 120 Mitglieder. Und damals war das schon eine sehr, sehr starke Genossenschaft. Und es war auch so, dass auch in anderen Weinorten der Ahr - zum Beispiel Walporzheim 1871, Bernau 1873 -, dass in sehr rascher Folge auch in anderen Orten der Ahr Winzergenossenschaften gegründet wurden, weil man gesehen hat: Aha, die Mayschoßer, die haben etwas begonnen, das lohnt sich, das macht sich bezahlt. Einigkeit macht stark. Und so gab es innerhalb von zehn Jahren an der ganzen Ahr über 20 Winzergenossenschaften."
Heute gehören zur Genossenschaft in Mayschoss etwa 250 aktive Winzer, die ihre Weinberge fast alle nur als Hobby oder im Nebenerwerb bewirtschaften. Pro Jahr lagert in den Kellergewölben etwa eine Million Liter meist roter Wein in Barriquefässern, die in schier endloser Reihe hier neben- und übereinander stapeln - dazwischen eine kleine Nische mit einzelnen Flaschen, davor ein schmiedeeisernes Gitter.
"Hier stehen wir also vor unserer Schatzkammer. Das ist auch eine ganz wichtige Einrichtung unserer Genossenschaft. Und wir legen also jedes Jahr ein Teil unserer besten Weine, sie sehen, das sind in der Regel zwischen 18 und 24 Flaschen, hier in diese Schatzkammer. Und diese Schatzkammer ist an dieser Stelle auch an einem ganz alten historischen Platz. Der Herr in der Mitte, in diesem alten Bilderrahmen, das ist der erste Vorsitzende unserer Winzergenossenschaft. Das ist Nikolaus Nägel, der war damals Ortsvorsteher hier von Maischoß und hat dafür gesorgt, dass 1868 diese Genossenschaft gegründet wurde."
Aus dem Weinkeller geht es dann noch mal flussabwärts ein paar Kilometer die Ahr entlang bis zur mittelalterlichen Stadt Ahrweiler, um an einer Stadtführung teilzunehmen: einer ganz besonderen Stadtführung, bei der es natürlich unter anderem auch um Wein geht.
"In vino veritas. Sie wissen, das heißt: Im Wein liegt die Wahrheit. Nicht alle Geschichten, die ich Ihnen während der Stadtführung erzähle, werden auch wirklich wahr sein. Das raus zu finden, liegt an Ihnen - und dafür kriegt jeder von mir schon mal so eine kleine Karte und die dürfen Sie mir dann anschließend zeigen, ob die Geschichte, die ich erzählt habe, denn nun wahr war, oder ob das eine kleine Lüge war."
Die Karten, die unser Stadtführer Bernd Riedel verteilt, sind auf der einen Seite grün, auf der anderen rot. Und schon gibt es die erste Geschichte, die es zu erraten gilt. Es geht um eine der hier angebauten Rebsorten, den Portugieser.
"Sie wissen: In Portugal hat es vor drei Jahren ganz große Brände gegeben, Waldbrände. Und natürlich sind da auch sehr viele Weinbestände in Mitleidenschaft gezogen worden. Jetzt gibt es ein Problem bei den Portugiesen. Sie haben nicht mehr genügend Wein, um ihren Portwein herzustellen, weil das alles abgebrannt ist. Ist nun jetzt die Frage: Schicken wir den Portugiesen unseren Portugieser runter, damit sie den Portwein machen können?"
Das glaubt nun wirklich keiner, alle zeigen die rote Karte.
"Da hab ich ja nur Fachleute da. Und um dieses zu bestätigen, dass wir den nicht runter schicken, haben wir auch etwas vorbereitet."
Tatsächlich glaubte man früher, dass die Reben ursprünglich aus Portugal stammten. Heute weiß man, dass sie eher aus der Donauregion hierher kamen.
Dann geht es weiter in die Altstadt, wo wir vor einem der vielen Fachwerkhäuser stehenbleiben. Dem Geburtshaus des geschäftstüchtigen Winzers Georg Kreuzberg.
"Nicht nur, dass er die Apollinarisquellen gefunden hat, sondern er wusste über seinen Geologen: Wenn eine Quelle da ist, ist in unmittelbarer Nähe auch eine zweite. Er hat jetzt, ich sag das mal in meinen Worten, seine Spione ausgesandt. Und hat dann die Leute so befragt, das war ja Mitte des 19. Jahrhunderts: Wenn ihr in den Keller geht mit der Kerze, geht die Kerze aus? Dann hat er sich das Land gekauft. Wenn ihr anfangt im Garten zu graben, riecht es da? Aus der Erde dringen da Gase aus? Ja - hat er sich gekauft. Und als er genug zusammenhatte, da hat er dann wieder seinem Geologen den Auftrag gegeben: Nun grab mal schön. Und er fand tatsächlich die zweite Quelle - und da steht heute Bad Neuenahr."
Während sich dort heute die Kurgäste tummeln, lockt Ahrweiler die Touristen heute mit seiner Geschichte. Ende des 19. Jahrhunderts hatten die Stadtväter zwar beschlossen, die Stadtmauer abzureisen. Aber da während der Jahrhunderte so viele Bürger ihre Häuser direkt an die Stadtmauer gebaut hatten, blieb das mittelalterliche Bauwerk mit seinen vier Stadttoren doch bis heute komplett erhalten, erklärt Bernd Riedel.
"Wir stehen hier vor dem - für mich - schönsten Tor. Das ist hier das Obertor. Sie sehen, da sind unterschiedliche Sachen drin verarbeitet."
So ähnlich wie Urwaldbewohner hofften, sich mit furchteinflößenden Masken vor ihren Feinden schützen zu können, hatte man auch in Ahrweiler die Stadtmauer benutzt, um Feinde abzuschrecken - meint zumindest unser Stadtführer.
"Die Ahrweiler Bevölkerung hat etwas Ähnliches gemacht. Die hat dem Gegner gezeigt: Wir haben verzauberte Stadtmauern, die sind ganz toll. Unsere Mauern fressen eure Kugeln auf, ihr braucht uns gar nicht erst anzugreifen. Und jetzt ist die Frage, hat die Ahrweiler Stadtbevölkerung hier dem Gegner gezeigt, dass die Kugeln hier sinnlos sind? Ist die Frage Wahrheit oder Lüge?"
Diesmal stimmt die Geschichte, erklärt Bernd Riedel, während wir um das Stadttor herum gehen. Auf der Außenseite des Tores sieht man sieben Kanonenkugeln, die in das Mauerwerk eingearbeitet sind.
"Die Stadt wurde im 15. Jahrhundert hier belagert durch Ruprecht von der Pfalz. Die Stadtgeschichte sagt jetzt: Unter Schimpf und Schande musste sich dieser Ruprecht zurückziehen - hat natürlich ein paar Sachen hinterlassen, unter anderem diese sieben Kanonenkugeln. Sie sehen, die sind noch aus Stein. Damals gab es noch keine Eisenkugeln. Man hat dann diese, als man den Turm reparierte, hat man diese sieben hinterlassenen Steinkugeln hier eingemauert, um zu zeigen - einem möglichen Gegner: Es lohnt sich nicht, ihr könnt uns nicht kaputt machen, unsere Mauern fressen eure Kugeln. Das ist hier der Hintergrund, warum diese sieben Kugeln hier eingemauert sind."
Dann geht es zum Abschluss noch in einen kleinen Weinladen, wo die Stadtführung mit einem Trinkspruch endet.
"Nimm das Leben nicht so schwer, trink gemach ein Gläschen leer, denn ein guter Tropfen Wein lindert deines Tages Pein, bremst das Tempo der Gewalten, glättet deine Sorgenfalten - und aus Dir dann über Nacht einen Lebenskünstler macht. In diesem Sinne kann ich nur sagen: Carpe diem - greife den Tag, halte den Tag genieße den Tag. Genießen Sie den Wein, den sie gerade im Glas haben. Sehr zum Wohle!"
