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Woche des Bachelors: Bald auch den Bachelor in Medizin?

Die NRW-Justizministerin hat sich für die Einführung des Bachelor und Master im Fach Rechtswissenschaft stark gemacht. Roswitha Müller-Piepenkötter sagte, ohne den Bologna-Prozess sei die Zukunft der Juristenausbildung langfristig nicht denkbar. Bisher sind alle Fächer, in denen die Absolventen Staatsexamen ablegen müssen, von dem Bologna-Prozess ausgenommen. An der Uni Bochum geht man allerdings einen Schritt weiter.

Von Andrea Groß | 31.10.2006
    An der Bochumer Ruhr-Universität hat man wenig Ehrfurcht vor alten Zöpfen. Nicht nur die Geisteswissenschaftlichen Studiengänge sind hier gestuft, auch die Naturwissenschaften, Teile der Ingenieurwissenschaften und sogar die Lehramtsstudiengänge. Juristen und Mediziner zwar noch nicht, aber - so Notburga Ott, Prorektorin für Lehre, Weiterbildung und Medien - darüber diskutieren sei ja wohl erlaubt.

    " Dass weiterhin für die klassischen Berufe ausgebildet wird, in der Stufung Bachelor und Master anschließend, ist unbestritten. Aber den Vorteil einer Stufung, dass man nämlich die Personen, die dann vielleicht doch in eine andere Richtung wollen, also einen anderen Schwerpunkt machen wollen. Also ein Mediziner, der in die Forschung geht, der nach einem Bachelor nicht die Medizin in der Breite in der Klinik lernt sondern tatsächlich stärker näher an die Forschung herangeführt wird, schon in spezifischeren Bereichen, oder vielleicht Verwaltung dazu lernt. Eben dann nicht Arzt werden kann, aber für andere Berufsfelder, die ihn mehr interessieren, dann schon besser ausgebildet ist, halte ich für sehr sinnvoll."

    Notburga Ott stellt klar, dass sie ihre Gesundheit niemandem anvertrauen würde, der nur einen Bachelor in Medizin vorweisen kann. Auch möchte sie nicht vor Gericht von einem Bachelor-Juristen vertreten werden. Aber nicht jeder, der ein Medizinstudium aufnimmt, will auch tatsächlich Arzt werden. Der Anteil derer, die in Industrie und Verwaltung abwandern, liegt bei über einem Drittel. Im Falle der Juristen gibt es für Bachelor-Absolventen gar keinen Arbeitsmarkt. Das hat auch die NRW-Justizministerin in ihrer Rede eingeräumt, und so sieht es auch Bachelor-Befürworterin Notburga Ott. Sie ist allerdings der Ansicht, dass sich mit der Einführung eines Bachelors auch der dazugehörige Markt bilden wird.

    " Ich glaube, es macht keinen Sinn, das im Vorfeld definieren zu wollen. Diese Berufe gab es bisher nicht, häufig haben auch Studienabbrecher diese Berufe in Anspruch genommen. Ich denke, das ist dann auch eine Marktentwicklung, die man beobachten muss."

    Auch der Dekan der juristischen Fakultät glaubt, dass es sich beim Arbeitsmarkt für Bachelor-Absolventen verhalten wird, wie mit dem Ei und der Henne. Eines wird zuerst da sein und dann wird es auch das andere geben. Langfristig, so Peter Windel, werde man an einer Vereinheitlichung der Studienstruktur auch im Fach Jura nicht vorbeikommen. Damit enden allerdings die Gemeinsamkeiten. Dekan Windel ist beispielsweise der Ansicht, dass die Unterschiede in der internationalen Rechtsprechung einer länderübergreifenden Ausbildung entgegen stehen, wie sie die Bachelor- und Masterstudiengänge vorsehen.

    " Insoweit bestehen beim Jurastudium relativ große Schwierigkeiten, unserer Erfahrung nach, weil dies voraussetzen würde, dass bestimmte Ausbildungsabschnitte, die im inländischen Recht gerade studienplanmäßig zu belegen wären, im Ausland gehört werden. Dort aber werden sie eingebettet in die ausländische Rechtsordnung vorgetragen und insofern fehlen unseren Studierenden in der Regel die Kenntnisse des ausländischen Rechts."

    Hier muss die EU nach Ansicht des Dekans noch viel Vorarbeit leisten, damit ein Student, der in Deutschland beispielsweise Insolvenzrecht gelernt habe, auch in Spanien etwas damit anfangen könne. Das möchte Prorektorin Notburga Ott so nicht stehen lassen.

    " Wenn ich weiß, ich möchte in Deutschland gar nicht Rechtsanwalt werden sondern ich gehe gerne in einen internationalen Konzern und muss eben das internationale Parkett kennen lernen, dann ist es doch sinnvoll, dass man dann mit einem Bachelor-Abschluss in solche internationalen Studiengänge gehen kann."

    In Frankreich laufen seit einiger Zeit Versuche mit gestuften Studiengängen im Fach Jura, erzählt Dekan Peter Windel. Das habe dort dazu geführt, dass das Studium für die sogenannten Volljuristen sich um ein Jahr verlängert habe. Eine solche Entwicklung dürfe es in Deutschland nicht geben. Andere Konzepte gibt es bisher nicht und das normale Bachelor-Master System einfach auf das Jura-Studium zu übertragen, das kann sich zum Beispiel Bastian Wagner, Student im achten Semester nicht vorstellen.

    " Bei der Stoffmenge, die man kaum beherrschen kann bis zum ersten Staatsexamen, was regelstudienzeittechnisch hier in Bochum bei neun Semestern liegt - das kann man nicht auf sechs Semester runter kappen. Hinzu kommt auch noch das zweite Staatsexamen, wonach man erst die Befähigung zum Richteramt hat oder zu anderen Sachen. Und mit Bachelor und Master - ich frage mich, wie das aussehen soll. Gerade für die Zukunft."

    Langfristig werden die Juristen nicht um ein gestuftes Studium herumkommen, da sind sich auch die Studenten sicher. Sie hoffen allerdings, dass es auf einem schlüssigen Konzept basieren wird und die Situation der Absolventen auf dem Arbeitsmarkt nicht noch verschlechtert.