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Wulff ist "der richtige Kandidat"

Wolfgang Bosbach verteidigt die Nominierung des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff als Staatsoberhaupt. Wulff habe eine langjährige politische Erfahrung und gehöre zu den populärsten Politikern in Deutschland, sagt der CDU-Politiker.

04.06.2010
    Christoph Heinemann: 623 Stimmen beträgt die absolute Mehrheit in der Bundesversammlung, 623. Die Koalitionsparteien CDU, CSU und FDP bringen rund 20 Stimmen mehr in die Bundesversammlung mit und damit etwa 40 Stimmen, plus minus 40 Stimmen mehr als die rot-rot-grüne Opposition. Das ist grob skizziert die Ausgangslage für Christian Wulff gegen Joachim Gauck. Am Telefon ist Wolfgang Bosbach, CDU, der Vorsitzende des innenpolitischen Ausschusses des Deutschen Bundestages, guten Morgen!

    Wolfgang Bosbach: Guten Morgen, Herr Heinemann!

    Heinemann: Herr Bosbach, wenn Sie beide Lebensläufe nebeneinanderlegen, ist Joachim Gauck nicht der wesentlich spannendere Kandidat?

    Bosbach: Er hat sicherlich einen sehr, sehr interessanten Lebenslauf, ich kenne Herrn Gauck auch persönlich seit vielen Jahren und ich schätze ihn sehr. Kurzum, er ist ein ganz respektabler Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten.

    Heinemann: Könnten Sie ihn wählen?

    Bosbach: Sicherlich könnte ich ihn wählen, wenn ich nicht der festen Überzeugung wäre, dass Christian Wulff der richtige Kandidat ist für die bürgerliche Mehrheit in der Bundesversammlung. Es gibt viele gute Argumente für Herrn Gauck, es gibt aber auch sehr, sehr viele gute Argumente für Christian Wulff.

    Heinemann: Inwiefern ist Wulff besser als Gauck?

    Bosbach: Wissen Sie, es geht nicht darum, wer besser ist. Jeder hat seine Stärken, vielleicht hat der ein oder andere auch seine Schwächen. Denn wenn ich ein Plädoyer gebe für Christian Wulff, heißt das ja nicht, dass ich die Kandidatur oder gar die Person von Joachim Gauck abwerte, aber Christian Wulff hat eine langjährige politische Erfahrung, erhat bewiesen, dass er das Amt des Ministerpräsidenten von Niedersachsen in hervorragender Weise ausübt, er ist sehr, sehr populär in der Bevölkerung, er gehört zu den populärsten deutschen Politikern und das schon seit vielen Jahren. Und ich habe überhaupt keinen Zweifel daran, dass er sich auch im Amt des Bundespräsidenten herausragend bewähren wird, warum sollte ich ihn nicht wählen?

    Heinemann: Wofür steht er denn inhaltlich?

    Bosbach: Inhaltlich ist Christian Wulff sicherlich gerade noch relativ jung an Jahren, aber sehr erfahrener Politiker, in der Lage, dem Land in schwierigen Zeiten Halt und Orientierung zu geben. Er hat auch bewiesen, dass er über hervorragenden wirtschaftlichen Sachverstand verfügt und gerade in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise und der Notwendigkeit der Bewältigung dieser Krise in Zeiten, wo wir auch in der europäischen Union zumindest in den letzten Wochen eine Reihe von schwierigen Debatten führen müssen, ist Christian Wulff sicherlich in der Lage, auch die Menschen davon zu überzeugen, worauf es in Zukunft ankommt.

    Heinemann: Christian Wulff soll (wird in Berlin gemunkelt) damit gedroht haben, in Hannover zurückzutreten, wenn Frau Merkel ihn nicht nominieren würde. Hat Wulff diesen Druck ausgeübt?

    Bosbach: Also keine Ahnung, da war ich nicht dabei, das kann ich mir nicht vorstellen. Wie soll das denn in der Praxis laufen? Ich bin der festen Überzeugung, dass jetzt eine Fülle von Legenden gewoben werden über das, was in den letzten Tagen geschehen ist, aber dass sich die Bundeskanzlerin, dass sich die Führungsgremien von drei Parteien mit einem Rücktritt beeindrucken lassen oder eine Rücktrittsdrohung beeindrucken lassen und damit alle anderen möglichen Nominierungen vom Tisch nehmen, kann ich mir nicht vorstellen.

    Heinemann: Fiel aber doch schon auf: Mittwoch hieß die Präsidentin noch Ursula von der Leyen, Donnerstag war es dann Christian Wulff!

    Bosbach: Ja bei wem hieß sie ... bei wem? Vielleicht war es auch in der Presse, ich habe das ja selber in den letzten Tagen miterlebt, was glauben Sie, wie viele Kolleginnen und Kollegen mir schon gesagt haben, sie können sich fest darauf verlassen, das ist Frau von der Leyen! Wenn ich dann gefragt habe, wie kommen Sie darauf, ja das ist so! Man muss auch nicht alles glauben, was gesagt und was behauptet wird. Die allerwenigsten, die sich jetzt zu diesem Thema öffentlich äußern, waren bei den Gesprächen überhaupt dabei, aber jeder weiß genau, wie es war!

    Heinemann: Herr Bosbach, sind Sie sicher, dass ehemalige DDR-Bürgerrechtler und andere Opfer von SED und Stasi nicht doch für Joachim Gauck stimmen werden, die Abstimmung ist immerhin geheim?

    Bosbach: Ja da bin ich mir ziemlich sicher, denn ich sag es noch einmal: Ist doch kein Misstrauensvotum gegen Herrn Gauck, das ist doch nicht das erste Mal, dass honorige, respektable Persönlichkeiten in der Bundesversammlung gegeneinander antreten! Ich bin der festen Überzeugung, dass Christian Wulff der Kandidat der bürgerlichen Mehrheit von CDU, CSU und FDP in der Bundesversammlung ist und dass er dort auch gewählt werden wird. Aber ein Votum für Christian Wulff ist doch kein Votum gegen Joachim Gauck!

    Heinemann: Wolfgang Bosbach, CDU, der Vorsitzende des innenpolitischen Ausschusses des Deutschen Bundestages, danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören!

    Bosbach: Ich danke Ihnen!