Langsam setzt sie sich in Bewegung, die Traditionsbahn Radebeul. Fünf Wagen, grün und braun, gezogen von einer grün-gestrichenen Dampflok mit rotem Unterbau. Auf und ab, immer schneller bewegt sich das Gestänge mit den großen Rädern. Aus dem schwarzen Schornstein wolkt dunkelgrauer Dampf. Wer auf der offenen Plattform direkt im Wagen hinter der Lok steht, hat Pech: Dort regnet es Rußtröpfchen. Doch drinnen im Abteil ist das kein Problem.
Auf hellen geschwungenen Holzbänken sitzen die Reisenden erstaunlich bequem, während die Bahn mit Tempo 25 durch Wäldchen, Wiesen und kleine Orte zuckelt.
"So, die Fahrscheine bitte!"
Ein Schaffner wie aus den 30er-Jahren ist zugestiegen. Seine Uniform ist aus königsblauem Tuch, genau wie die Dienstmütze mit Schirm. Goldene Knöpfe mit Adlerprägung glänzen an seiner Brust. Mit einer großen silbernen Zange knipst er Löcher in kleine Fahrkarten aus Pappe.
"Guck mal, da steht 'Wanted, dead or alive'."
Der Blick der Fahrgäste ist auf einen Steckbrief an der Wand gefallen. Banditen werden gesucht, lebendig oder tot, für eine hohe Belohnung.
Und da sind sie auch schon aufgetaucht aus dem Unterholz in einem kleinen Wäldchen: Räuber in dunklen Ledermänteln feuern aus langen Gewehren auf den hinteren Zugteil. Statt sich verschreckt zu verstecken, lehnen sich die meisten Reisenden neugierig aus dem Fenster und beobachten den Schusswechsel – schließlich war das angekündigt:
"Zugüberfall nicht ausgeschlossen" stand im Plan. Denn heute ist eine besondere Zugfahrt: eine Karl-May-Fahrt. Der bekannte deutsche Abenteuer-Schriftsteller und Schöpfer von Winnetou hat die letzten Jahre seines Lebens in Radebeul verbracht. Hier stehen die Villa Shatterhand und die Villa Bärenfett, in denen das Karl-May-Museum untergebracht ist.
Die bewaffneten Beschützer im hinteren Waggon haben gesiegt, der Zug kann weiterfahren.
In den Wagen am vorderen Zugende steigt ein Mann in dunkelgrüner Uniform ein, auch er trägt eine passende Schirmmütze. Durch eine Nickelbrille wirft er einen prüfenden Blick auf seine goldene Taschenuhr.
"Ich bin der Thielo Hiekel, bin hier bei der Traditionsbahn seit fünf Jahren beschäftigt, mache meistens so den Fahrkartenverkauf, Schaffnertätigkeiten, Getränkeverkauf, Souvenirverkauf – was eben so halt anfällt."
"Ich bin Radebeuler. Und da ich Eisenbahnfan bin, hab ich mich entschieden, hier mitzumachen, in meiner Freizeit. Wir machen das alles unentgeltlich – ehrenamtliche Arbeit – und es macht Spaß einfach. Wenn die Leute aussteigen und zufrieden sind, das ist eigentlich hier der schönste Lohn, den es so gibt."
Den Traditionsbahnverein gibt es seit 1974, erzählt Hiekel. Etwa 100 Ehrenamtliche helfen dabei mit. Regelmäßig veranstalten sie Sonderfahrten mit historischen Fahrzeugen. Bis zu 200 Erwachsene und Kinder finden Platz auf einer Fahrt in den historischen Eisenbahn-Wagen aus der Zeit zwischen 1899 und 1930.
Zwischenstopp in Moritzburg. Manche Fahrgäste steigen aus, kaufen Souvenirs bei Hiekel und seinen Kollegen. Ein paar neue Fahrgäste steigen ein.
Am hinteren Ende des Zuges, auf einem offenen dunkelgrünen Wagen, haben sich die Cowboys, Saloon-Ladys, Sherriffs und Outlaws vom Überfall versammelt. Ausstaffiert wie frisch aus dem Western. Zu ihnen gehört auch Rico. Ganz in Schwarz, vom Cowboyhut über die Nadelstreifenweste bis zu den spitzen Lederstiefeln, macht er eine imposante Figur. Zwei Waffen stecken im Pistolengürtel. An den Stiefeln glänzen silberne Sporen.
"Ein richtiges Outfit, sagen wir mal, liegt ungefähr bei 300, 400 Euro. Alleene, was jetzt nur die Sachen betrifft. Die Waffen selber – na, da sind Sie schon mit 600, 700, 800 Euro dabei."
Was haben Sie für eine Waffe?
"Na, ich hab'n Schwarzpulerrevolver, Spiller & Burr – eigentlich 'n richtigen scharfen, mit dem man auch schießen kann. Und einen Single-Action-Revolver 1873 von Colt, von Samuel Colt. Ein ganz kleines niedliches Teil. Ein bissl vernickelt. Gab's für die alten Westernmänner, diese richtigen Revolverhelden, die hatten dann die besseren Teile. Eigentlich wie heute: Sie können Wald- und Wiesenwaffen nehmen, wo Sie auf zehn Meter nicht einmal einen Blumentopp treffen. Oder dann die richtig teuren Teile, wo sie aber wirklich zielgenau ins Schwarze treffen, wenn Sie so wollen."
Und Sie treffen ins Schwarze?
"Ich denk mal. Eigentlich bin ich Sportschütze. Also, ich hab bis jetzt keine schlechten Erfolge feiern dürfen, sagen wir mal so."
Rico und seine Kollegen von der Westerngruppe LOE-River-Company werden neugierig beobachtet von den normalen Fahrgästen. Darunter ist auch eine junges Paar. Ihre Kinder spielen verkleidet in einer Ecke des Wagens:
"Wegen die Kinder sind wir mitgefahren, jetze. Das ist doch was für die Kinder, für die Jungs vor allen Dingen! Pistolen ham se mit, Gewehre und einen Cowboyhut. Vom Fasching."
Für die Kinder war der Überfall aufregend – ein Vater guckt ein bisschen enttäuscht:
"Es hätte ein bissel mehr Action sein können – so mit Umfallen und Indianer, Pferden und so."
Es waren auch nur Cowboys, keine Indianer?
"Ja, die haben wir eben vermisst. Karl May hat ja auch Indianergeschichten geschrieben."
Der Zug fährt weiter, bis zum Ende der Strecke, in Radeburg.
Dort wird eine längere Pause eingelegt, damit die Lok überprüft und umrangiert werden kann.
In Führerhäuschen der Lok arbeiten zwei Männer um die 50 in einfacher blauer Kluft. In dem kleinen schwarzgestrichenen Raum ist es heiß – unter diversen Hebeln und Anzeigen glüht die große Kesselklappe von der Fahrt. Es dampft und zischt.
"Tja, das ist eine Dampflok der Baureihe 4K aus dem Jahre 1912. Mit dem schönen Stück kann man so circa 150 PS auf die Schiene bringen. Als Verein fahren wir circa 45 Mal im Jahr."
"Ja, ich bin der Lokführer, und der Kollege ist der Heizer. Bei mir wird die Geschwindigkeit geregelt, durch die Zugbremse bring ich dann den Zug zum Stehen, wo's erforderlich ist."
"Der Lokheizer ist zuständig dafür, dass immer genug Dampfdruck im Kessel ist. Wenn's bergan geht, muss mehr gefördert werden, wenn es bergab geht, kann man etwas weniger fördern - und man muss darauf achten, dass der richtige Wasserstand im Kessel ist. Das ist unser Kohlenvorrat, echte Steinkohle, und man verbraucht auf einer Fahrt von Radebeul-Ost nach Radeburg etwa eine halbe Tonne."
Wie wird man hier Heizer und Lokführer?
"Ja, man macht erstmal die gewöhnlichen Tätigkeiten wie Zugschaffner, Souvenirverkauf, Fahrkarte und so weiter. Und wer Interesse für die Maschinentechnik hat, der kann sich dann mal bewerben."
"Über 'nen längeren Zeitraum ist das auf jeden Fall. Also, wir beiden sind hier schon seit ungefähr 30 Jahren freiwillig. Mir ham noch bei der Deutschen Reichsbahn damals unsere Ausbildung gemacht. Als junge Kerle mit 20 Jahre eigentlich hier angefangen beim Verein. 1981 hab ich meine Ausbildung gemacht."
"Ich hab 1977 angefangen – und den Dampflokführer hier für die Schmalspurbahn hab ich im Jahr 2000 gemacht, also es geht ooch noch in der heutigen Zeit. Allerdings mit 'n Heidenoffwand und es is ooch etwas mit Geld verbunden, also nur von Zuschauen wird's nich. Und es gehört da ni ooch bloß dazu das Fahren, sondern eigentlich is man mehr an der Maschine, mit Bauen und Basteln und Vorbereiten, Nachbereiten beschäftigt als wie das Fahren – das is zwar mit's Schönste, aber das is eben halt die kürzeste Zeit von dem ganzen."
"Unser Dienst heute geht zwölf Stunden, und wir sind effektiv aber nur vier Stunden, sagen wer mal, auf der Fahrt unterwegs. Dann is unser Wochenende vorbei und morgen müssen wir dann wieder der richtigen Tätigkeit nachgehen."
Und was ist das?
"Ich bin als Werkzeugmacher in der Industrie."
"Und ich bin Versicherungskaufmann."
Eine gute Stunde später wieder im Zugabteil, auf der Rückfahrt nach Radebeul. Kinder und Großeltern drücken sich die Nasen am Fenster platt, aber die Fahrt ist ruhig, kein Überfall mehr. Auf seinem Kontrollgang kommt wieder der Schaffner in der königsblauen Uniform in den Wagen. Er setzt sich, nimmt die Mütze vom grauen Haar, kratzt sich die knollige Nase.
"Mein Name ist Werner Göhle, ich fahr hier als Erster Conducteur – das bedeutet, Fahrkartenkontrolle, dann betriebliche Arbeiten, wie Bremsprobe, Wagenbeleuchtung, und die Hilfe beim Ein- und Aussteigen für die Reisenden zu leisten, Kinderbetreuung und dergleichen."
"Na, ich war eben über 43 Jahre bei der Deutschen Reichsbahn und nachdem ich in den Ruhestand gegangen bin - Modelleisenbahn hat mir dann nicht mehr gelangt, sondern die Traditionsbahn ist da schon doch noch 'n bissel dem Leben näher. Attraktiv isses auch: Man kommt mit netten Reisenden zusammen, die sich nie beschweren, wie das bei der Hauptbahn gang und gäbe ist - hier wird das alles freundlich genommen, ob wir mal n'ne Minute Verspätung haben oder auch nie. Jeder ist zufrieden und glücklich, vom Kind bis zur Oma. Schöne Landschaft, und 's macht eigentlich Spaß."
Der Meinung sind auch die Fahrgäste bei der Ankunft am Bahnhof Radebeul-Ost:
"Ich bin von hier, aber bin seit sehr, sehr vielen Jahren das erste Mal wieder mit der Bahn gefahren. Und sollte man öfters mal machen."
"Ich würde dasselbe sagen. War hübsch."
"Ausgezeichnet. Sehr nett, die sich hier alles so drum gekümmert haben. Es war schön der Überfall. Die waren im Gebüsch, der eine, der hatte n'n Hut, und-
Mutter: -der stand direkt bei uns der Räuber, ne? Und er hat gesagt: "Geld raus!" Dann ham se zum Fenster rausgeschossen und dann sind se weitergegangen. Ne? War scheen."
Auf hellen geschwungenen Holzbänken sitzen die Reisenden erstaunlich bequem, während die Bahn mit Tempo 25 durch Wäldchen, Wiesen und kleine Orte zuckelt.
"So, die Fahrscheine bitte!"
Ein Schaffner wie aus den 30er-Jahren ist zugestiegen. Seine Uniform ist aus königsblauem Tuch, genau wie die Dienstmütze mit Schirm. Goldene Knöpfe mit Adlerprägung glänzen an seiner Brust. Mit einer großen silbernen Zange knipst er Löcher in kleine Fahrkarten aus Pappe.
"Guck mal, da steht 'Wanted, dead or alive'."
Der Blick der Fahrgäste ist auf einen Steckbrief an der Wand gefallen. Banditen werden gesucht, lebendig oder tot, für eine hohe Belohnung.
Und da sind sie auch schon aufgetaucht aus dem Unterholz in einem kleinen Wäldchen: Räuber in dunklen Ledermänteln feuern aus langen Gewehren auf den hinteren Zugteil. Statt sich verschreckt zu verstecken, lehnen sich die meisten Reisenden neugierig aus dem Fenster und beobachten den Schusswechsel – schließlich war das angekündigt:
"Zugüberfall nicht ausgeschlossen" stand im Plan. Denn heute ist eine besondere Zugfahrt: eine Karl-May-Fahrt. Der bekannte deutsche Abenteuer-Schriftsteller und Schöpfer von Winnetou hat die letzten Jahre seines Lebens in Radebeul verbracht. Hier stehen die Villa Shatterhand und die Villa Bärenfett, in denen das Karl-May-Museum untergebracht ist.
Die bewaffneten Beschützer im hinteren Waggon haben gesiegt, der Zug kann weiterfahren.
In den Wagen am vorderen Zugende steigt ein Mann in dunkelgrüner Uniform ein, auch er trägt eine passende Schirmmütze. Durch eine Nickelbrille wirft er einen prüfenden Blick auf seine goldene Taschenuhr.
"Ich bin der Thielo Hiekel, bin hier bei der Traditionsbahn seit fünf Jahren beschäftigt, mache meistens so den Fahrkartenverkauf, Schaffnertätigkeiten, Getränkeverkauf, Souvenirverkauf – was eben so halt anfällt."
"Ich bin Radebeuler. Und da ich Eisenbahnfan bin, hab ich mich entschieden, hier mitzumachen, in meiner Freizeit. Wir machen das alles unentgeltlich – ehrenamtliche Arbeit – und es macht Spaß einfach. Wenn die Leute aussteigen und zufrieden sind, das ist eigentlich hier der schönste Lohn, den es so gibt."
Den Traditionsbahnverein gibt es seit 1974, erzählt Hiekel. Etwa 100 Ehrenamtliche helfen dabei mit. Regelmäßig veranstalten sie Sonderfahrten mit historischen Fahrzeugen. Bis zu 200 Erwachsene und Kinder finden Platz auf einer Fahrt in den historischen Eisenbahn-Wagen aus der Zeit zwischen 1899 und 1930.
Zwischenstopp in Moritzburg. Manche Fahrgäste steigen aus, kaufen Souvenirs bei Hiekel und seinen Kollegen. Ein paar neue Fahrgäste steigen ein.
Am hinteren Ende des Zuges, auf einem offenen dunkelgrünen Wagen, haben sich die Cowboys, Saloon-Ladys, Sherriffs und Outlaws vom Überfall versammelt. Ausstaffiert wie frisch aus dem Western. Zu ihnen gehört auch Rico. Ganz in Schwarz, vom Cowboyhut über die Nadelstreifenweste bis zu den spitzen Lederstiefeln, macht er eine imposante Figur. Zwei Waffen stecken im Pistolengürtel. An den Stiefeln glänzen silberne Sporen.
"Ein richtiges Outfit, sagen wir mal, liegt ungefähr bei 300, 400 Euro. Alleene, was jetzt nur die Sachen betrifft. Die Waffen selber – na, da sind Sie schon mit 600, 700, 800 Euro dabei."
Was haben Sie für eine Waffe?
"Na, ich hab'n Schwarzpulerrevolver, Spiller & Burr – eigentlich 'n richtigen scharfen, mit dem man auch schießen kann. Und einen Single-Action-Revolver 1873 von Colt, von Samuel Colt. Ein ganz kleines niedliches Teil. Ein bissl vernickelt. Gab's für die alten Westernmänner, diese richtigen Revolverhelden, die hatten dann die besseren Teile. Eigentlich wie heute: Sie können Wald- und Wiesenwaffen nehmen, wo Sie auf zehn Meter nicht einmal einen Blumentopp treffen. Oder dann die richtig teuren Teile, wo sie aber wirklich zielgenau ins Schwarze treffen, wenn Sie so wollen."
Und Sie treffen ins Schwarze?
"Ich denk mal. Eigentlich bin ich Sportschütze. Also, ich hab bis jetzt keine schlechten Erfolge feiern dürfen, sagen wir mal so."
Rico und seine Kollegen von der Westerngruppe LOE-River-Company werden neugierig beobachtet von den normalen Fahrgästen. Darunter ist auch eine junges Paar. Ihre Kinder spielen verkleidet in einer Ecke des Wagens:
"Wegen die Kinder sind wir mitgefahren, jetze. Das ist doch was für die Kinder, für die Jungs vor allen Dingen! Pistolen ham se mit, Gewehre und einen Cowboyhut. Vom Fasching."
Für die Kinder war der Überfall aufregend – ein Vater guckt ein bisschen enttäuscht:
"Es hätte ein bissel mehr Action sein können – so mit Umfallen und Indianer, Pferden und so."
Es waren auch nur Cowboys, keine Indianer?
"Ja, die haben wir eben vermisst. Karl May hat ja auch Indianergeschichten geschrieben."
Der Zug fährt weiter, bis zum Ende der Strecke, in Radeburg.
Dort wird eine längere Pause eingelegt, damit die Lok überprüft und umrangiert werden kann.
In Führerhäuschen der Lok arbeiten zwei Männer um die 50 in einfacher blauer Kluft. In dem kleinen schwarzgestrichenen Raum ist es heiß – unter diversen Hebeln und Anzeigen glüht die große Kesselklappe von der Fahrt. Es dampft und zischt.
"Tja, das ist eine Dampflok der Baureihe 4K aus dem Jahre 1912. Mit dem schönen Stück kann man so circa 150 PS auf die Schiene bringen. Als Verein fahren wir circa 45 Mal im Jahr."
"Ja, ich bin der Lokführer, und der Kollege ist der Heizer. Bei mir wird die Geschwindigkeit geregelt, durch die Zugbremse bring ich dann den Zug zum Stehen, wo's erforderlich ist."
"Der Lokheizer ist zuständig dafür, dass immer genug Dampfdruck im Kessel ist. Wenn's bergan geht, muss mehr gefördert werden, wenn es bergab geht, kann man etwas weniger fördern - und man muss darauf achten, dass der richtige Wasserstand im Kessel ist. Das ist unser Kohlenvorrat, echte Steinkohle, und man verbraucht auf einer Fahrt von Radebeul-Ost nach Radeburg etwa eine halbe Tonne."
Wie wird man hier Heizer und Lokführer?
"Ja, man macht erstmal die gewöhnlichen Tätigkeiten wie Zugschaffner, Souvenirverkauf, Fahrkarte und so weiter. Und wer Interesse für die Maschinentechnik hat, der kann sich dann mal bewerben."
"Über 'nen längeren Zeitraum ist das auf jeden Fall. Also, wir beiden sind hier schon seit ungefähr 30 Jahren freiwillig. Mir ham noch bei der Deutschen Reichsbahn damals unsere Ausbildung gemacht. Als junge Kerle mit 20 Jahre eigentlich hier angefangen beim Verein. 1981 hab ich meine Ausbildung gemacht."
"Ich hab 1977 angefangen – und den Dampflokführer hier für die Schmalspurbahn hab ich im Jahr 2000 gemacht, also es geht ooch noch in der heutigen Zeit. Allerdings mit 'n Heidenoffwand und es is ooch etwas mit Geld verbunden, also nur von Zuschauen wird's nich. Und es gehört da ni ooch bloß dazu das Fahren, sondern eigentlich is man mehr an der Maschine, mit Bauen und Basteln und Vorbereiten, Nachbereiten beschäftigt als wie das Fahren – das is zwar mit's Schönste, aber das is eben halt die kürzeste Zeit von dem ganzen."
"Unser Dienst heute geht zwölf Stunden, und wir sind effektiv aber nur vier Stunden, sagen wer mal, auf der Fahrt unterwegs. Dann is unser Wochenende vorbei und morgen müssen wir dann wieder der richtigen Tätigkeit nachgehen."
Und was ist das?
"Ich bin als Werkzeugmacher in der Industrie."
"Und ich bin Versicherungskaufmann."
Eine gute Stunde später wieder im Zugabteil, auf der Rückfahrt nach Radebeul. Kinder und Großeltern drücken sich die Nasen am Fenster platt, aber die Fahrt ist ruhig, kein Überfall mehr. Auf seinem Kontrollgang kommt wieder der Schaffner in der königsblauen Uniform in den Wagen. Er setzt sich, nimmt die Mütze vom grauen Haar, kratzt sich die knollige Nase.
"Mein Name ist Werner Göhle, ich fahr hier als Erster Conducteur – das bedeutet, Fahrkartenkontrolle, dann betriebliche Arbeiten, wie Bremsprobe, Wagenbeleuchtung, und die Hilfe beim Ein- und Aussteigen für die Reisenden zu leisten, Kinderbetreuung und dergleichen."
"Na, ich war eben über 43 Jahre bei der Deutschen Reichsbahn und nachdem ich in den Ruhestand gegangen bin - Modelleisenbahn hat mir dann nicht mehr gelangt, sondern die Traditionsbahn ist da schon doch noch 'n bissel dem Leben näher. Attraktiv isses auch: Man kommt mit netten Reisenden zusammen, die sich nie beschweren, wie das bei der Hauptbahn gang und gäbe ist - hier wird das alles freundlich genommen, ob wir mal n'ne Minute Verspätung haben oder auch nie. Jeder ist zufrieden und glücklich, vom Kind bis zur Oma. Schöne Landschaft, und 's macht eigentlich Spaß."
Der Meinung sind auch die Fahrgäste bei der Ankunft am Bahnhof Radebeul-Ost:
"Ich bin von hier, aber bin seit sehr, sehr vielen Jahren das erste Mal wieder mit der Bahn gefahren. Und sollte man öfters mal machen."
"Ich würde dasselbe sagen. War hübsch."
"Ausgezeichnet. Sehr nett, die sich hier alles so drum gekümmert haben. Es war schön der Überfall. Die waren im Gebüsch, der eine, der hatte n'n Hut, und-
Mutter: -der stand direkt bei uns der Räuber, ne? Und er hat gesagt: "Geld raus!" Dann ham se zum Fenster rausgeschossen und dann sind se weitergegangen. Ne? War scheen."