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Zeitzeugen der Ewigkeit

Sie sind da - immer, jede Nacht, Jahr für Jahr, seit Äonen: Sterne. In einer perfekt klaren Nacht sind mehr als 5000 Sterne mit bloßem Auge am Firmament auszumachen. Die Zahl aller Sterne im Kosmos anzugeben, ist schlicht unmöglich - es wäre mit Sicherheit eine Zahl mit mehr als 20 Stellen.

Moderation: Ulrich Blumenthal |
    Seit der Mensch seine Umwelt bewusst wahr nimmt, richtet er den Blick an den Himmel. Wann sind welche Sterne zu sehen? Wie bewegen sich Sonne, Mond und Planeten vor dem Hintergrund der Sternbilder? Die Gestirne galten einst als Götter, ihre Stellung zueinander als himmlisches Zeichen. Ptolemäus wähnte die Gestirne an großen Kristallsphären befestigt, die sich - einem göttlichen Uhrwerk gleich - ewig drehten. Neben dem Beobachten göttlicher Zeichen waren die Sterne aber auch Zeitgeber - der Lauf der Gestirne bestimmte den irdischen Kalender.

    Was aber leuchtet da oben? Schon Anaximander versuchte sich im 6. Jahrhundert v. Chr. an einer alles andere als mystischen Erklärung: Die Sterne seien Schläuche in der Himmelskugel, durch die das dahinter liegende Urfeuer hindurch scheine. Anaximanders erste physikalische Theorie ist - wie viele weitere nach ihr - mittlerweile überholt. Sterne sind heiße Gaskugeln, die in ihrem Innern leichte chemische Elemente zu schwereren verschmelzen. Dabei wird Energie frei. Die Sonne "verbrennt" in jeder Sekunde 600 Millionen Tonnen Wasserstoff zu 594 Millionen Tonnen Helium. Die restlichen sechs Millionen Tonnen Materie werden in pure Energie umgewandelt, also zu Licht und Wärmestrahlung - in jeder Sekunde! Die Sonne macht eine gigantische Diät und ist doch nur ein reichlich durchschnittlicher Stern im Kosmos.

    Sterne sind nicht alles im All - aber ohne Sterne wäre das All nichts.

    Sterne machen buchstäblich Licht im Universum - und vor allem die großen massereichen Sterne sind gigantische chemische Fabriken. Kohlenstoff, Sauerstoff, Eisen, Silber, Gold - alle Elemente, die wir zum Leben brauchen, sind einst in Sternen entstanden. Den Lauf von Sonne, Mond, Planeten und Sternen am Himmel haben die Astronomen mittlerweile entschlüsselt - aber die Sterne sind den Forschern noch immer ein großes Rätsel. Wie entstehen sie? Nach gängiger Vorstellung flachen große kalte Gaswolken zu einer Scheibe ab, in deren Zentrum sich ein Stern bildet - aus dem restlichen Gas und Staub entstehen die Planeten. Doch die Details sind vollkommen unverstanden.

    Uns Kindern der Sterne gibt das Weltall viele weitere Rätsel auf: Wie schnell sind nach dem Urknall die ersten Sterne aufgeflammt? Wie haben sich die Sterne zu großen Galaxien gruppiert? Wie entstanden die Schwarzen Löcher? Welche Rolle spielt die mystische Dunkle Materie, die an den Sternen zieht, aber nicht leuchtet? Was steckt hinter der Dunklen Energie, die den Kosmos und seine Sterne immer schneller auseinander treibt? Wie sieht die Zukunft des Universums aus?

    So ewig uns die Sterne erscheinen mögen - auch sie haben ein begrenztes Leben: Strahlend helle Sterne explodieren schon nach einigen Millionen Jahren. Dagegen glimmen schwache Sterne zigmilliarden Jahre vor sich hin. Aber irgendwann in ferner Zukunft wird auch der letzte Stern verlöschen, wird auch der letzte Zeitzeuge der Ewigkeit erkalten.

    In der Nacht vom 18. auf den 19. September 2004 ist es soweit: In Deutschland, Österreich und der Schweiz wird die erste Lange Nacht der Sterne gefeiert!

    Moderation: Ulrich Blumenthal

    Gäste: Michael Geffert, Susanne Hüttemeister, Prof. Joachim Wambsganß,


    "Einzig ist also der Himmel, der unermessliche Raum. ... In ihm sind zahlreiche Sterne, Gestirne, Weltkugeln, Sonnen und Erden sichtbar ... und müssen unzählige andre vernünftigerweise angenommen werden. ... Wir sehen nur die Sonnen, welche die größeren, ja die größten Körper sind, nicht aber deren Erdkörper oder Planeten, welche, da ihre Massen viel kleiner sind, für uns unsichtbar sind. ... Hiernach gibt es nicht eine einzige Welt, eine einzige Erde, eine einzige Sonne, sondern soviel Welten, als wir leuchtende Funken über uns sehen."
    Giordano Bruno, "Zwiegespräche vom unendlichen All und den Welten", 1584
    Für diese Ansicht wurde Bruno 1600 in Rom verbrannt.

    Gesprächspartner der Sendung:

    Michael Geffert: Sternwarte der Universität Bonn
    Geffert

    Susanne Hüttemeister, Astronomisches Institut der Ruhr-Universität Bochum
    Huette

    Professor Joachim Wambsganß, Universität Potsdam, Institut für Physik
    auriga.astro.physik.uni-potsdam.de/~jkw/

    Weitere Links

    Unser Sonnensystem
    www.astronomia.de/sonnensy.htm
    www.blinde-kuh.de/weltall/

    Der Sternenhimmel- zu jeder Zeit an jeden Ort
    www.sternklar.de/planetarium/

    Eine Multimediareise durch unser Sonnensystem
    www.nineplanets.org

    Eine Führung durch das Universum
    users.skynet.be/sky03361/html/trip1.html

    Astronomische Informationen:
    astrophys.de
    www.kosmos-bote.de/
    www.astronomia.de

    Geschichte der Astronomie
    www.astro.uni-bonn.de/~pbrosche/astoria-d.html

    Planetoiden - Asteroiden - Kleinplaneten

    Kleine Planeten
    www.kleinplanetenseite.de
    Planetenwanderwege in Deutschland
    www.sternwarte-wetterau.de/planetenweg/
    Die Astronomie der Antike
    www.antikenaturwissenschaft.de
    Astronomische Ereignisse aller Art
    www.marco-peuschel.de
    Die aktuelle Himmelsvorschau
    www.astronews.com/kalender/sternenhimmel/
    www.sternenhimmel-aktuell.de/Hauptseite.htm
    Orientierung am Sternenhimmel
    www.astroviewer.de
    Planetenlehrpfade in Europa
    planetarium.hs-bremen.de/...
    Treffpunkte für Astronomie
    www.astronomie.de
    www.astrotreff.de
    Verzeichnis der Sternwarten, Planetarien, Astronomievereine
    in Deutschland, Österreich und der Schweiz
    www.astronomie.de/gad/
    Schöne Bilder
    Aufnahmen des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile
    www.eso.org/outreach/gallery/astro/
    Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops
    hubble.stsci.edu/gallery/
    Aufnahmen der beiden Gemini-Teleskope in Hawaii und Chile
    www2.gemini.edu/

    Historisches
    10. Januar 1610
    Studierzimmer des Galilei in Padua - Nacht.
    Galilei und Sagredo am Fernrohr
    Sagredo (durch das Fernrohr blickend, halblaut): Der Sichelrand ist ganz unregelmäßig, zackig und rau. Auf dem dunklen Teil, in der Nähe des leuchtenden Rands, sind leuchtende Punkte. Sie treten einer nach dem anderen hervor. Von diesen Punkten ergießt sich das Licht, wachsend über immer weitere Flächen, wo es zusammenfließt mit dem größeren leuchtenden Teil.
    Galilei: Wie erklärst du dir diese leuchtenden Punkte?
    Sagredo: Es kann nicht sein.
    Galilei: Doch. Es sind Berge.
    Sagredo: Auf einem Stern?
    Galilei: Riesenberge. Deren Spitzen die aufgehende Sonne vergoldet, während rings Nacht auf den Abhängen liegt. Du siehst das Licht von den höchsten Gipfeln in die Täler niedersteigen.
    Sagredo: Aber das widerspricht aller Astronomie von zwei Jahrtausenden.
    Galilei: So ist es. Was du siehst, hat noch kein Mensch gesehen, außer mir. Du bist der zweite.
    Sagredo: Aber der Mond kann keine Erde sein mit Bergen und Tälern, so wenig wie die Erde ein Stern sein kann.
    Galilei: Der Mond kann eine Erde sein mit Bergen und Tälern, und die Erde kann ein Stern sein. Ein gewöhnlicher Himmelskörper, einer unter Tausenden. Sieh noch einmal hinein. Siehst Du den verdunkelten Teil des Mondes ganz dunkel?
    Sagredo: Nein. Jetzt, wo ich darauf acht gebe, sehe ich ein schwaches, aschfarbenes Licht darauf ruhen.
    Galilei: Was kann das für ein Licht sein?
    Sagredo: ?
    Galilei: Das ist von der Erde.
    Sagredo: Das ist Unsinn. Wie soll die Erde leuchten, mit ihren Gebirgen und Wäldern und Gewässern, ein kalter Körper?
    Galilei: So wie der Mond leuchtet. Weil die beiden Sterne angeleuchtet sind von der Sonne, darum leuchten sie. Was der Mond uns ist, das sind wir dem Mond. Und er sieht uns einmal als Sichel, einmal als Halbkreis, einmal voll und einmal nicht.
    Sagredo: So wäre kein Unterschied zwischen Mond und Erde?
    Galilei: Offenbar nein.
    Sagredo: Vor noch nicht zehn Jahren ist ein Mensch in Rom verbrannt worden. Er hieß Giordano Bruno und hatte eben das behauptet.
    Galilei: Gewiss. Und wir sehen es. Las dein Auge am Rohr, Sagredo. Was du siehst, ist, dass es keinen Unterschied zwischen Himmel und Erde gibt. Heute ist der 10. Januar 1610. Die Menschheit trägt in ihr Journal ein: Himmel abgeschafft.
    Bertolt Brecht, Leben des Galilei

    Die kosmischen Grundlagen unserer Existenz
    www.kosmos-bote.de/vortraege/1/1.php

    Galilei: Ich werde Dir noch etwas anderes zeigen.
    Sagredo (zögert, an das Fernrohr zu gehen): Ich verspüre beinahe etwas wie Furcht, Galilei.
    Galilei: Ich werde dir jetzt einen den milchweiß glänzenden Nebel der Milchstraße vorführen. Sage mir, aus was er besteht!
    Sagredo: Das sind Sterne, unzählige.
    Galilei: Allein im Sternbild Orion sind es 500 Fixsterne. Das sind die vielen Welten, die zahllosen andere, die entfernteren Gestirne, von denen de Verbrannte gesprochen hat. Er hat sie nicht gesehen, er hat sie erwartet!
    Sagredo: Aber selbst wenn diese Erde ein Stern ist, so ist es noch ein weiter Weg zu den Behauptungen des Kopernikus, dass sie sich um die Sonne dreht. Da ist kein Gestirn am Himmel, um das ein andres sich dreht. Aber um die Erde dreht sich immer noch der Mond.
    Galilei: Sagredo, ich frage mich. Seit vorgestern frage ich mich. Da ist der Jupiter. [Er stellt ihn ein] Da sind nämlich vier kleinere Sterne nahe bei ihm, die man nur durch das Rohr sieht. Ich sah sie am Montag, nahm aber nicht besondere Notiz von ihrer Position. Gestern sah ich wieder nach. Ich hätte schwören könne, alle vier hatten ihre Position verändert. Ich merkte sie mir an. Sie stehen wieder anders. Was ist das? Ich sah doch vier. [In Bewegung:] Sieh du durch!
    Sagredo: Ich sehe drei.
    Galilei: Wo ist der vierte? Da sind die Tabellen. Wir müssen ausrechnen, was für Bewegungen sie gemacht haben können.
    ...
    Galilei: Es ist bewiesen. Der vierte kann nur hinter den Jupiter gegangen sein, wo man ihn nicht sieht. Da hast du ein Gestirn, um das ein andres sich dreht.
    Sagredo: Aber die Kristallschale, an die der Jupiter angeheftet ist?
    Galilei: Ja, wo ist sie jetzt? Wie kann der Jupiter angeheftet sein, wenn andere Sterne um ihn kreisen? Da ist keine Stütze im Himmel, da ist kein Halt im Weltall! Da ist eine andere Sonne!
    Bertolt Brecht, Leben des Galilei

    Wo kommen all die Sterne her?
    www.kosmos-bote.de/vortraege/2/1.php
    Die Einhelligkeit, mit der die galaktischen Systeme davonlaufen, sieht fast danach aus, als hätten sie eine ausgesprochene Antipathie gegen uns. Wir begreifen nicht, warum man uns meidet, als sei unsere Insel eine Pestbeule um Universum.
    Sir Arthur Eddington (1882 - 1944), britischer Astrophysiker

    Wenn Materie vernichtet wird, so besteht der Vorgang bloß in der Loslassung eingesperrter Wellenenergie, die dann durch den Raum eilt. Diese Auffassungen führen das ganze Weltall auf eine Welt potentiellen oder wirklich vorhandenen Lichts zurück, so dass seine ganze Schöpfungsgeschichte mit absoluter Genauigkeit und Vollständigkeit in sechs Worten erzählt werden kann: "Und Gott sprach: Es werde Licht."
    James Hopwood Jeans (1877-1946), britischer Astrophysiker

    Literatur

    Himmelskalender
    H.-U. Keller
    "Das Himmelsjahr"
    Kosmos-Verlag, 288 Seiten, 14,95 Euro

    Weltweiter Himmelsführer für die Westentasche
    Joachim W. Ekrutt
    Sterne,
    GU Kompass, Gräfe & Unzer, 6,90 Euro

    Der Klassiker unter den Sternführern
    Joachim Herrmann
    Welcher Stern ist das?
    Kosmos-Verlag, 12,90 Euro

    Einführung in die Astronomie
    Werner E. Celnik, Hermann-Michael Hahn
    Astronomie für Einsteiger
    Kosmos-Verlag, 14,90 Euro

    Drehbare Kosmos-Sternkarte
    Hermann-Michael Hahn, Gerhard Weiland,
    Kosmos-Verlag, 12,90 Euro

    Lockere Einführung in einige astronomische Themen
    Rudolf Kippenhahn,
    Kosmologie für die Westentasche
    Piper, 120 S., 9,90 Euro

    Heiterer Streifzug durch die Astronomie
    Rudolf Kippenhahn
    Amor und der Abstand zur Sonne
    Piper, 186 S., 17,90 Euro

    Allgemeinverständliche Übersicht aktueller Forschungsthemen
    Dirk H. Lorenzen
    Deep Space - Blick an den Rand des Kosmos
    Kosmos-Verlag, 160 Seiten, 39,90 Euro

    Großformatiger Bildband über moderne Astronomie und die Sternwarten in Chile
    Dirk H. Lorenzen
    Geheimnisvolles Universum - Europas Astronomen entschleiern das Weltall
    Kosmos-Verlag, 208 Seiten, 24,90 Euro

    Aktuelles Buch über die Ergebnisse der neuen Mars-Missionen
    Dirk H. Lorenzen
    Mission: Mars
    Kosmos-Verlag, 136 Seiten, 14,95 Euro

    Standard-Lehrbuch für Studierende
    Albrecht Unsöld, Bodo Baschek
    Der neue Kosmos
    Springer-Verlag Berlin, 49,95 Euro

    "Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre; und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf Erden. Und es geschah also. Und Gott machte zwei große Lichter: Ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, das sie schienen auf die Erde, und den Tag und die Nacht regierten, und schieden Licht und Finsternis."
    1. Mose, 1 - Genesis, 4. Schöpfungstag (Übersetzung nach Luther)
    In der Galaxie NGC 6303 werden gerade unzählige Sterne geboren.
    In der Galaxie NGC 6303 werden gerade unzählige Sterne geboren. (Hubble)
    Im Zentrum der Galaxie RX J1242-11 hat ein Schwarzes Loch auf diese Weise einen Stern zerfetzt.
    Im Zentrum der Galaxie RX J1242-11 hat ein Schwarzes Loch auf diese Weise einen Stern zerfetzt. (NASA/CXC/M.Weiss)