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Zentralbank fordert Taten statt Worte

Die Anleihemärkte sind aus den Fugen geraten. Die Rufe nach einem stärkeren Engagement der EZB werden immer lauter. Die Währungshüter jedoch sehen die Politik in der Pflicht, längst beschlossene Maßnahmen endlich umzusetzen.

Von Michael Braun | 18.11.2011
    EZB-Präsident Mario Draghi machte heute aber nicht den Eindruck, als gehöre er der Fraktion an, die für einen unlimitierten Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB plädiert. Er sagte vielmehr, langjährig aufgebautes Vertrauen sei schnell verspielt - sollte heißen, das limitiere die Möglichkeiten der EZB. Draghi sagte, was er für wirklich nötig erachte:

    "Solide, öffentliche Finanzen und Strukturreformen für Wettbewerbsfähigkeit, nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung sind zwei entscheidende Faktoren."

    Der EZB-Präsident forderte von den Regierungen auch nicht nur spektakuläre Gipfeltreffen zu veranstalten, sondern, deren Beschlüsse dann auch auszuführen. Wo bleibt die Umsetzung, fragte er drängend mit Blick auf die letzten Gipfel.

    Geldpolitik und Markt wollten nicht länger warten, sagte Draghi und es war spürbar, dass er damit den versammelten Bankern aus der Seele sprach. Und wie um einen Schulterschluss zwischen Draghi und der Bundesbank deutlich zu machen, legte auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann auf den Appell an die Regierungen einen Schwerpunkt seiner Rede. Er machte den Bankenkongress zu diesem Zweck mit Erich Kästner bekannt:

    "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Beim letzten EU-Gipfel wurden viele hilfreiche Reformen beschlossen, nun müssen sie umgesetzt werden, um die Vertrauenskrise zu überwinden."

    Zu Gerüchten, die Europäische Zentralbank wolle ihre Anleihekäufe auf 20 Milliarden Euro wöchentlich begrenzen, sagte Draghi nichts. Experten hielten eine solche Politik auch für sinnlos. Michael Heise, der Chefvolkswirt der Allianz:

    "Ich glaube, die EZB ist gut beraten, die Märkte in etwas Unsicherheit darüber zu lassen, wie stark und wann sie interveniert und unter welchen Bedingungen sie interveniert. Dies als eine Regel vorzugeben, würde die Märkte herausfordern. Zu testen, ob die EZB bereit ist, wirklich diese Regel einzuhalten. Interventionen müssen auch manchmal etwas überraschend kommen. Wenn man den Markt mal auf dem falschen Fuß erwischt, hat man mehr gewonnen, als wenn man regelmäßige Interventionen ankündigt."

    Der Bundesbankpräsident, bekannter Gegner exzessiver Aufkäufe von Staatsanleihen, mahnte ebenfalls, die Europäische Zentralbank dürfe Misserfolge der Regierungen nicht ausbügeln, dafür fehle ihr auch ein Mandat.

    "Dass die Politik im Krisenmanagement bisher keinen Erfolg hatte, rechtfertigt nicht, das Mandat der Europäischen Zentralbank überzustrapazieren. Im Gegenteil, nur ein klares Mandat und ein Bekenntnis zu diesem Mandat können dem Euro eine Zukunft geben."