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Zerstörung von Genmaisfeldern in Brandenburg

Nicht bei Nacht und Nebel, sondern mit lautstarker Ankündigung Wochen vorher soll am Wochenende ein Feld mit gentechnisch verändertem Mais zerstört werden. Die Aktion einer Bürgerinitiative ist im Naturpark Märkische Schweiz in Brandenburg geplant. Das provokante Vorgehen hat bereits Tage vorher Reaktionen von deutlicher Ablehnung bis hin zu offener Sympathiebekundung hervorgerufen.

Von Dieter Nürnberger |
    Es werden – so die Erwartungen – rund 300 Leute sein, die am Sonntag zur Tat schreiten wollen. Die Aktion nennt sich "Gendreck weg" und dahinter verbergen sich Landwirte ebenso wie Polit- und Umweltaktivisten. Und unter anderem wird die Aktion auch von den Globalisierungskritikern von attac begrüßt. Einer dieser "Feldbefreier", das ist der Titel, den sich die Organisatoren selber gegeben haben, ist beispielsweise der Agraringenieur und Bienenzüchter Michael Grolm aus Baden-Württemberg. Und diese Aktion einer Feldzerstörung habe man deshalb gewählt, weil durch den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen Gefahr drohe – eine Entwicklung werde eingeleitet, die unumkehrbar sei, so der Umweltschützer.

    "Wenn hier erstmal die Gentechnik ausgebracht ist, wird sie sich ausbreiten. Die so genannte Koexistenz, das heißt, auf dem einen Feld steht die Gentechnik und auf dem anderen steht der konventionelle Acker, ist nicht möglich! Gerade ich als Imker kann sagen, dass Bienen Kilometer weit fliegen, und sie werden die Pollen von A nach B bringen. Da helfen auch keine Gesetze zur Koexistenz. "

    Der von der angekündigten Zerstörung betroffene Landwirt bei Strausberg hat im Frühjahr dieses Jahres eine gentechnisch veränderte Maissorte angepflanzt – und am Wochenende wird man sich zwar noch einmal treffen, um Argumente auszutauschen, aber die Gegner werden wohl nicht zu überzeugen sein. Die Aktion der Zerstörung stehe bevor, und auch mit einem Polizeieinsatz wird gerechnet. Und die Gegner berufen sich vor allem auf aus ihrer Sicht moralische Argumente und auch auf Erfahrungen anderswo. Michael Grolm:

    "Obwohl man jetzt schon Erfahrungen hat, wo mittlerweile als Beispiel kein gentechnikfreier Raps mehr angebaut werden kann, weil sich die Gentechnik auskreuzt. Das sind Tatsachen, die uns zeigen, dass wir jetzt selber zur Notwehr greifen müssen. Wir müssen auch der Politik Schranken setzen. Wir werden diese Pflanzen ausreißen, weil die Gesetze kommen und gehen werden, die Naturgesetze aber bleiben. Und wir als Landwirte fühlen uns mehr den Naturgesetzen verpflichtet. "

    Da wird also ein Rechtsbruch ganz bewusst in Kauf genommen. Und dies zieht natürlich Kritik auf sich. Das sei ein Tiefpunkt der politischen Auseinandersetzung, sagt etwa Adalbert Kienle, der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes. Zusammen mit anderen Organisationen hat man deshalb eine Erklärung gegen diese Zerstörungsaktion verfasst:

    "Wir betonen auch ausdrücklich, dass der betroffene Landwirt Schutz verdient. Er handelt ganz im Sinne des Gesetzes, die Maissorte, die er ausgesät hat, ist zugelassen. Es ist alles ordnungsgemäß. Er hat die Gemeinde informiert. Dies ist keine Form der Auseinandersetzung. "

    Wer öffentlich zu einer Straftat aufrufe, so der Bauernverband, der dokumentiere ein fehlgeleitetes Demokratieverständnis. Distanzieren tun sich auch Umweltschützer, so hat der Brandenburger Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz, kurz BUND, die Aktion bereits abgelehnt, man wolle lieber mit Argumenten überzeugen. Für den Bauernverband geht es bei dieser Frage nicht um ein Für oder Wider der grünen Gentechnik. Adalbert Kienle:

    "Es geht tatsächlich um das Wie. Das ist auch die politische Vorgabe. Die Landwirte ebenso wie die Verbraucher sollen und müssen die Wahlfreiheit haben. Zweitens muss es eine Koexistenz geben. Das ist der Stand der Dinge, denn leben bereits in einer Welt mit Gentechnik. Weltweit sind 70 Millionen Hektar davon im Anbau. Es geht darum diese Koexistenz zu organisieren – und nicht darum, eine fundamentale Auseinandersetzung zu führen, gar mit einem Aufruf zur Zerstörung von Eigentum. "

    Rechtliche Bedenken zählen für die Feldzerstörer hingegen nicht. Die Gentechnikindustrie versuche gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung eine risikobehaftete Entwicklung einzuleiten. Mit ungewissen Ausgang. Und an diesen Äußerungen beider Seiten sieht man, dass sich die Meinungen recht fundamental gegenüberstehen. Und man hat auch den Eindruck, dass ein möglicher Polizeieinsatz am Wochenende auf diesem Feld bei Strausberg Teil einer Strategie der Gentechnikgegner ist. Desto mehr Bilder im Fernsehen, desto größer wohl die allgemeine Diskussion über die grüne Gentechnik.