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ZF Friedrichshafen in der Krise
Großer Autozulieferer meldet große Delle

Autozulieferer trifft es gerade besonders dicke: Sie bekommen nicht nur den Konjunkturabschwung zu spüren, sondern auch die unaufwändiger zu produzierenden E-Autos. So hat der nach Umsatz drittgrößte Zulieferer ZF Friedrichshafen seine Umsatzprognosen bis 2020 kräftig heruntergeschraubt.

Von Thomas Wagner | 02.08.2019
Ein Mitarbeiter im Werk der ZF Friedrichshafen AG in Saarbrücken steht mit dem Rücken zur Kamera.
Die Produktion läuft noch bei der ZF Friedrichshafen AG - aber schlechter (mago images / Becker&Bredel)
Es ist schlechter gelaufen als geplant im ersten Halbjahr 2019:
"Dies spiegelt sich in unserem Umsatz wider, der sich im ersten Halbjahr 2019 auf 18,4 Milliarden beläuft und leicht unter dem Wert des Vorjahres liegt." Nämlich um 1,7 Prozent, so Konstantin Sauer, Finanzvorstand des Auto-Zulieferers ZF Friedrichshafen AG, heute in einer Telefonkonferenz.
Klingt nach einer eher kleineren Delle, ist in Wirklichkeit aber schon eine mindestens mal mittelgroße Beule: Denn ursprünglich hatte ZF für das erste Halbjahr 2019 einen deutlichen Zuwachs und Gewinn geplant. Daraus wird nun erst mal nichts. Vor allem, das, was unter dem Strich übrigbleibt, schmilzt dahin. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen, also das so genannte "Ebit", liegt im ersten Halbjahr bei gerade mal 646 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum war das fast noch doppelt so viel.
Wichtigste Ursache liegt in Fernost
Hier der bevorstehende Brexit, da Handelsbeschränkungen der USA - nach den Worten des Finanzvorstandes gibt es viele Gründe dafür, dass die Geschäfte beim Autozulieferer ZF derzeit nicht mehr so gut gehen wie noch im Vorjahr. Die wichtigste Ursache allerdings liegt in Fernost:
"In China sind im Jahr 2019 rund 13 Prozent weniger Pkw als im Vorjahreszeitraum produziert worden. Und auch die Nutzfahrzeugproduktion in China ging um drei Prozent zurück."
Beide Faktoren zusammen tragen dazu bei, dass ZF etwa ein Zehntel seines China-Geschäfts verlor. China gilt wiederum als überaus wichtiger Markt. ZF reagiert dort bereits, wie es hieß, mit Kapazitätsanpassungen.
"In China haben wir bereits im letzten Jahr eine Marktabschwächung gesehen – und wir haben dementsprechend angepasst. Da muss man tatsächlich Entlassungen vornehmen. In Deutschland sieht die Lage anders aus: Da haben wir diese Flexibilitätselemente. Die reichen aus. Flexibilitätsinstrumente – Sie kennen das: Gleitzeit, und und und."
Versprechen: Keine Entlassungen in Deutschland
Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den chinesischen Standorten entlassen wurden, wollte Finanzvorstand Sauer nicht sagen, versicherte aber: In Deutschland werde es keinerlei Entlassungen geben. Und nicht nur das:
"Mit dem heutigen Stand haben wir keine Diskussion, was das Thema Kurzarbeit angeht, um das mal klar zu sagen."
Auch 2019 und 2020 rechnet ZF nicht mit einer kraftvollen Erholung des weltweiten Fahrzeugmarktes, wobei die Einbrüche bei Pkw deutlich stärker ausfallen als bei Lkw und Bussen. Deshalb hat ZF auch seine Umsatzprognose für 2019 heruntergeschraubt – von ursprünglich bis zu 38 Milliarden Euro nun auf einen Betrag zwischen 36 und maximal 37 Milliarden Euro.
Unterm Strich werden aber, da war sich Finanzvorstand Konstantin Sauer sicher, schwarze Zahlen herauskommen – und die braucht der Konzern auch: Rund sieben Milliarden Euro wendet ZF für die Übernahme des Bremsenherstellers Wabco auf, um sein Produktportfolio aufzuwerten. Die Wabco-Aktionäre hatten Ende Juni diesem Deal zugestimmt. Nun warte man noch auf die finalen Genehmigungen durch die Kartellbehörden.
Anfang kommenden Jahres wird es soweit sein. Dann will der der ZF-Konzern, nach der Wabco-Integration, über 40 Milliarden Jahresumsatz erwirtschaften und damit ganz dicht an die Mitbewerber Continental und Bosch heranrücken. Durch die Entwicklung neuer Technologien in den Feldern Elektromobilität und autonomes Fahren will ZF, wie es heute hieß, zusätzliche Marktanteile gewinnen.