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Zoff um gesprächige Pakete

Daten-Flatrates für das Mobiltelefon werden immer beliebter. Doch damit kann man nicht nur Klingeltöne und Webseiten herunterladen, sondern auch preiswert via Internet telefonieren – theoretisch, denn vertraglich wird das von den Netzbetreibern gerne ausgeschlossen, um unnötige Konkurrenz auszusperren.

Von Wolfgang Noelke | 19.07.2008
    Das iPhone ist in Deutschland gesperrt für alle Programme und Anwendungen, die nicht den Segen von Apple oder von T-Mobile haben. Und trotzdem – so ist die Welt nun einmal, existieren auch hier sogenannte unversiegelte iPhones. Das sind zum Teil legal zugängliche Telefone für Programmentwickler oder Telefone, die aus dem Ausland importiert wurden, beispielsweise aus Italien, wo gesetzliche Bestimmungen einen freien Netzzugang vorschreiben. Manche ignorieren auch die hierzulande erlaubten Vertragsbedingungen, die Beschränkung auf das Netz von T-Mobile und ‚hacken’ ihr iPhone. Für offene iPhones entwickelte der Düsseldorfer IP-Telefonie-Anbieter Sipgate ein kleines Programm, das IP-Telefonie jenseits der von T-Mobile vorgeschriebenen teuren Mobilfunkkanäle ermöglicht. Und das, so T-Mobbile- Sprecherin Marion Kessing, hat inzwischen juristische Konsequenzen:

    "Wir haben die Firma Sipgate abgemahnt, weil sie Angebote anbieten, mit denen das lPhone quasi gecrackt werden muss, das heißt, sie motivieren die Kunden dazu, das iPhone zu manipulieren, um dann eben ihre Dienste zu nutzen. Und das ist einfach etwas, wo wir sagen müssen: Da müssen wir unsere Kunden schützen, denn wenn unsere Kunden mit manipulierten iPhones arbeiten, dann verfällt natürlich auch eine Garantie und dann kriegen wir unter Umständen Probleme mit unseren Kunden und das ist der Grund, warum wir hier eine Abmahnung rausgeschickt haben."

    Kundenschutz sei wichtig, meint auch der Adressat der Abmahnung, Sipgate-Geschäftsführer Thilo Salmon, der allerdings – ganz anders, als T-Mobile - genau in seinem IP-Telefonie-Programm den Vorteil für Kunden sieht:

    "Aus Kundensicht kann der Nutzen enorm sein: Wer schon mal mit seinem Handy im Ausland war, weiß, wenn man nicht ganz genau darauf achtet, sich am Telefon kurz zu fassen, dass man eine böse Überraschung erlebt. Bei der Internet-Telefonie ist es so, dass die Telefonate immer das gleiche kosten. Das heißt, es ist egal, ob Sie jetzt in Malaysia unterwegs sind oder in den USA, wenn Sie über das Internet telefonieren, kostet Sie dieses Gespräch soviel wie zu Hause, also ein Cent pro Minute. Und das vom Handy!"

    Aber das müsste zuvor ‚gecrackt’ sein. Und iPhones von T-Mobile seien eben nicht gecrackt, wiederholt Marion Kessing:

    "Das iPhone wird in Deutschland exklusiv über T-Mobile vertrieben, das heißt, iPhone-Kunden sind T-Mobile-Kunden in Deutschland, und insofern haben wir schon einen guten Grund, diese Abmahnung an Sipgate auszustellen. Zum Hintergrund, das Thema gecrackte iPhones: T-Mobile kann das sicher nicht verhindern, wir können auch niemanden zwingen, sich nicht ein Gerät aus dem Ausland mitzubringen. Im Prinzip macht ein iPhone in Deutschland aber auch nur mit T-Mobile als Netzbetreiber Sinn, denn es gibt ja Features in dem iPhone, die auch nur in dem Netz von T-Mobile funktionieren, zum Beispiel die "Visual Voice Mail", das ist die Mobilbox des iPhones, die ein bisschen anders ist als bei anderen Geräten. Die funktioniert auch nur im Netz von T-Mobile und bei keinem anderen Netzbetreiber."

    Und für deren Kunden, so der Sipgate- Geschäftsführer, habe er das Programm ins Netz gestellt. Die T-Mobile Nutzer mit ihren versiegelten iPhones seien gar nicht seine Zielgruppe:

    "Die Software ist gedacht für alle iPhones der ersten Generation, die mit dem sogenannten Installer ausgestattet sind. Das heißt, ein Kunde, der diesen Installer hat, der hat ein Telefon, auf dem er selbst Schreibrechte hat. Da kann er Funktionen hinzufügen und weitere Software installieren. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass Sipgate mit dem iPhone funktioniert. Es gibt auch eine ganze Reihe Telefone, auf denen Sipgate nicht zu installieren ist und das sind genau die Telefone, die T-Mobile verkauft, weil die T-Mobile eben den Kunden es nicht ermöglicht, weitere Funktionen auf dem Endgerät freizuschalten."

    Thilo Salmon, dessen Unternehmen unabhängig von Bedingungen der Gerätehersteller eine reine Telefondienstleistung anbietet, glaubt...

    "...dass es eigentlich um die allgemeine Frage geht: Muss ein Netzbetreiber, der einem Endkunden einen Internetzugang verkauft, auch wirklich zulassen, dass ein Kunde alle Dienste nutzen kann. Und aus Sicht des Kunden ist es natürlich wünschenswert. Stellen Sie sich vor, Ihr Netzanbieter schreibt Ihnen vor, Sie dürfen ab sofort nur noch die ‚Bild-Zeitung" lesen und auf die ‚Zeit’ dürfen Sie nicht mehr zugreifen. Und aus Sicht des Netzbetreibers gibt es zumindest häufig Bestrebungen, dass man sagt, bestimmte Dienste, wo Umsätze dahinterstecken, in diesem Fall die Telefonie, die möchte ich meinem Kunden lieber untersagen..."

    ... besonders die Telefonie in fremden Netzen! Ob sich Sipgate und T-Mobile eines Tages vor Gericht darüber streiten werden, weiß zurzeit weder Thilo Salmin, noch Marion Kessin:

    "Wir haben, wie gesagt, jetzt eine Abmahnung an Sipgate zugestellt und da ist eine Frist drauf und bis zum Ablauf der Frist muss Sipgate sich melden und das ist dann, wie bei allen anderen rechtlichen Verfahren, die laufen: solange sagen wir nichts weiteres dazu und warten mal ab, was wir dann jetzt mit Ablauf der Frist von Sipgate hören."