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Zu viel Licht und Lärm

Anfang Oktober soll der erste Spatenstich für den neuen Containerhafen in Wilhelmshaven erfolgen. Allerdings leisten zahlreiche Bürger Widerstand.

Von Andreas Klose |
    Hans Freese ist ehemaliger Offizier der Marine. Er lebt mit seiner Frau in einem Einfamilienhaus im Wilhelmshavener Stadtteil Voslapp. Knapp 2500 Meter vor der Tür des Ehepaars sollen 2010 die ersten Containerschiffe anlegen. Der Jade Weser Port mindert den Wert und die Sicherheit des Eigenheims, sagt Hans Freese:

    "Hier war bis 1928 noch Watt. Hier waren Priele, und diese Priele funktionieren immer noch zur Entwässerung des Hinterlandes. Ich befürchte, wenn hier ein Hafen gebaut wird mit einer Kajenwand, die bis zu 40 Meter in die Tiefe geht, dass dann die Priele abgesperrt werden und sich das Wasser aufstaut. Das würde bedeuten, dass unsere Keller unter Wasser stehen. Die Keller sind vorgeschädigt, aus Kriegszeiten, sind notdürftig abgedichtet worden, und wir befürchten, dass hier alles wieder aufbricht."

    55 Mitstreiter hat der Rentner auf seiner Seite. Jeder zahlt 900 Euro an eine Rechtsanwaltskanzlei, die vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg gegen den Hafen klagt. Ehepaar Freese sieht darüber hinaus gesundheitliche Risiken. Abgase durch Schiffsdiesel gefährdeten die Atemwege, und der Hafen werde in der Nacht taghell erleuchtet sein. Besonders Baulärm und später Betriebslärm seien in den Planungen zu wenig berücksichtigt worden:

    "Ich weiß das aus eigener Anschauung. Hier kommt der Lärm aus einer sehr großen Höhe und deckt den Ortsteil Voslapp völlig ein. Und ständiger Lärm macht krank. Vor allem diese Impulslärme, wenn leere Container abgesetzt werden. Hier schaukelt sich das Geräusch auf, das ist ein sehr großer Resonanzboden."

    Die Jade-Weser-Port-Realisierungsgesellschaft sieht keinen Grund für Klagen. Geschäftsführer Helmut Werner weist auf die strengen Umweltauflagen hin, die er zu berücksichtigen habe. Gefahren für den Menschen sollten von Vornherein ausgeschlossen werden. Die Belastungen durch Lärm, Licht und Abgase, die durch den Bau des Hafens und später während des Betriebs entstehen können, lägen weit unter den gesetzlichen Grenzwerten, sagt Helmut Werner:

    "Wir mussten uns beispielsweise der Frage beim Lärm nicht widmen, weil wir derartige Distanzen zu den Wohngebieten haben, dass sich der Lärm, die Geräuschentwicklung aus dem Terminal nicht auf die Wohnbebauungen auswirken. Wir liegen mit den Lichtemissionen, die natürlich sich auf Menschen aber auch auf Insekten und so weiter auswirken, ganz erheblich unter den empfohlenen Emissionswerten."

    Einen weiteren Gegner hat die Jade-Weser-Port-Realisierungsgesellschaft im Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz. Der Verband will den Hafen verhindern. Die Auswirkungen auf die Umwelt seien zu groß. Ein Problem sei die Sandentnahme, um den Hafengroden aufzuspülen. Dagegen laufe eine Klage. Der Ausgang müsse abgewartet werden, bis überhaupt mit dem Bau begonnen werden dürfe, sagt Joachim Tjaden, Hafengegner und Sprecher des Verbandes:

    "Wenn man den Hafen baut, muss man Sand haben, man muss eine ganze Menge Sand haben. Man plant, diesen aus zwei Abbaufeldern zu entnehmen, und zwar nördlich und südlich des Jade-Weser-Ports. Die Bundesanstalt für Wasserbau geht davon aus, dass sich das kurzfristig wieder verfüllt, aber hat nur eine Kurzfristanalyse gemacht. Es gibt ein Gegengutachten, das sagt, dass es etwa 20 Jahre dauern kann. Es kann zu Unterspülungen kommen. Diese Löcher liegen relativ dicht an der Deichlinie. Wobei da die Deichsicherheit gefährdet ist. Zudem werden erhebliche Mengen an Sedimenten freigespült, die sich im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer niederschlagen, und kein Mensch weiß bislang wo."

    Zumindest ein Abbaufeld sei unnötig, wenn die Fahrrinne auf Solltiefe ausgebaggert werde, erläutert Tjaden weiter. Dem widerspricht die Jade-Weser-Port-Realisierungsgesellschaft. Es sei alternativ geprüft worden, ob der Sand an anderen Stellen gewonnen werden könne. Geschäftsführer Helmut Werner:

    "Wir haben die kostengünstigste und umweltgerechteste Quelle für Sandmengen in unmittelbarer Nähe des Bauprojektes gefunden. Die Auswirkungen dieser Baumaßnahme sowohl der Sandentnahmestellen als auch der Aufschüttung der insgesamt 360 Hektar sind alleine örtlich auf das direktere Umfeld des Jade-Weser-Ports beschränkt und haben keine überregionalen Auswirkungen."

    Der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz klagt aber auch dagegen, dass hafenbezogene Planungen wie Schienen- und Autobahnanbindung nicht berücksichtigt worden seien. Gleichzeitig werde der Ausbau einer Umschlagbrücke die Strömung auf der Jade beeinflussen. Das Hafenprojekt sei kaum beliebig ausdehnbar, entgegnet Helmut Werner. Handlungsspielraum habe ihm die Genehmigungsbehörde, die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Aurich, bei der Zuganbindung eingeräumt. Die Container werden vom Hafen auf der Schiene zum Industriegleis transportiert. Dabei rollen sie entlang eines Vogel- und Naturschutzgebiets, das zum Natura-2000-Netz der EU gehört. Der Lärm könnte die Vögel stören, weiß Helmut Werner:

    "Wir haben uns durchgesetzt, indem wir zunächst einmal eine Lärmschutzmauer oder einen Wall beantragt haben, um Sicherheit im Verfahren zu haben. Und aufgrund der unterschiedlichen Meinungen ist uns zugestanden worden abzuwarten, wie die Auswirkungen auf die seltenen Vogelarten dort sind, und davon abhängig wird man die Zukunft gestalten."