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Zu wenig Kommunikationstraining an den Hochschulen

Schon an den Hochschulen wird die Vermittlung von Rede- und Gesprächskompetenz oft genug vernachlässigt. Campus & Karriere informiert über die Situation der Sprechwissenschaft an den Universitäten.

    Ein Beitrag von Armin Himmelrath

    Sprecherziehung? Das ist doch eigentlich nur etwas für Schauspieler, allenfalls noch für angehende Lehrerinnen und Lehrer. Dieses Vorurteil bestimmte jahrzehntelang das Denken an den Hochschulen. Und bis heute hat sich das noch nicht überall geändert, weiß Marita Pabst-Weinschenk, Vorsitzende der deutschen Gesellschaft für Sprechwissenschaft und Sprecherziehung.

    Ein bisschen schwierig ist das so mit dem Selbstverständnis der Universitäten, weil das eben ja doch ein etwas anderes Lehren und Lernen erfordert als die traditionelle wissenschaftliche Lehre. Man kann zum Beispiel nicht mit 120 Studierenden im Hörsaal praktische Rhetorik lernen.

    Dass die praxisnahe Arbeit in Kleingruppen möglicherweise doch auch zum Profil einer Hochschule beitragen und deren Renommee unterstützen kann, hat sich erst in den letzten Jahren herumgesprochen.

    Inzwischen ist es schon so, dass durch die gesamte Diskussion um Schlüsselqualifikationen Sprechwissenschaft und Sprecherziehung ein größeres Ansehen gewonnen hat, etwas mehr in den Blickpunkt des Interesses gerückt ist. Aber es ist natürlich so, dass noch viel zu tun ist, dass man noch viel verbessern könnte, wenn die Mittel vorhanden wären.

    Meistens sind es einfache Lehraufträge, über die die Hochschulen ihre Angebote in Sachen Kommunikationstraining laufen lassen. Denn nur wenige Hochschulen können sich fest angestellte Sprecherzieher beim Lehrpersonal leisten. Wünschenswert wäre mindestens eine Planstelle für jede Universität und jede Fachhochschule, sagt Marita Pabst-Weinschenk.

    Es gibt sehr sehr viele Hochschulen, die viel Gutes wollen, es dann aber auf Dauer doch nicht finanzieren können. (...) Zum Beispiel in Niedersachsen hat man beschlossen, dass alle zukünftigen Lehrer mindestens zwei Semesterwochenstunden Sprecherziehung und Sprechwissenschaft studieren sollen; inzwischen haben einige Hochschulen von dieser landesweiten Regelung eine Ausnahme erwirkt, weil sie es einfach nicht finanzieren können.

    Schlechte Erfahrungen mit der Finanzlage macht derzeit auch die Universität Wuppertal. Dort war vor vier Jahren vom Land das so genannte Leuchtturmprojekt "Mündliche Kommunikation" gegründet worden. Die Anschubfinanzierung läuft nun aus, die Lehraufträge wurden bereits auf die Hälfte zusammengestrichen, die Zukunft des Projekts ist trotz riesiger Nachfrage bei den Studierenden offen. Kein Einzelfall - und trotzdem, sagt Marita Pabst-Weinschenk, gebe es immer wieder engagierte Hochschulen, die das alte Thema Kommunikation mit neuen Ideen vorantreiben wollen.

    Es gibt also die verschiedensten Pilotprojekte mittlerweile, wo man versucht, Schlüsselqualifikationen praktisch zu vermitteln; das fängt an von Ingenieurstudiengängen, geht hin über natürlich Sozialarbeit, Sozialpädagogik, bis eben auch zu ganz exotischen Studiengängen wie Holzwirtschaft etwa.

    Solche engagierten Hochschulen sind etwa die Unis in Marburg und Düsseldorf, die Sprechwissenschaftliche Inhalte in neuen Bachelor- und Masterstudiengängen integriert haben. Andere Hochschulen wie die Universität Halle bieten einen eigenen Sprechwissenschaftlichen Studiengang auf Diplom-Basis an oder, wie in Regensburg, ein eigenes Uni-Examen Sprecherziehung. Marita Pabst-Weinschenk findet ihre eigene Universität Düsseldorf in Sachen Kommunikationstraining ziemlich gut aufgestellt.

    Zum anderen wäre für mich natürlich Halle reizvoll. Als eine Universität, die eben seit langem aus der ehemaligen DDR-Tradition heraus schon dort diesen Diplom-Sprechwissenschaftlichen Studiengang entwickelt hat. Und was dort natürtlich, im Gegensatz zu Düsseldorf, wesentlich schöner ist, sind die Lehrbedingungen, weil dort wesentlich weniger Studierende angenommen werden und man wirklich in kleinen Gruppen Arbeiten kann.