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Zucker, Hackschnitzel, Melasse

Die Zuckerrübenernte hat begonnen. Sie dürfte in diesem Jahr deutlich niedriger ausfallen als 2004, schätzt das Landwirtschaftsministerium. Der Zuckergehalt einer Rübe liegt bei rund 17 Prozent, doch die übrigen Bestandteile sind damit kein Abfall. Die Melasse, die am Ende des Produktionsprozesses anfällt, wird zum Beispiel für Futtermittel verwendet.

Von Stefan Michel |
    Wenn die Zuckerrüben in der Fabrik angekommen sind, werden sie gewaschen, zerhackt, und die Hackschnitzel werden zuerst ausgelaugt, dann gepresst. Und schon haben die Zuckerproduzenten ihr erstes Entsorgungsproblem: die ausgepressten Hackschnitzel.

    "Wir wären sicher froh, wenn wir weniger Schnitzel von den Rüben bekämen, weil das Trocknen der Schnitzel doch ein sehr aufwendiger Prozess ist. Insgesamt fallen, bezogen auf die verarbeitete Zuckerrübenmenge, etwa fünf bis sechs Prozent Zuckerrübenschnitzel an und etwa drei bis vier Prozent Melasse. Damit kann man sehen, dass das doch eher ein geringerer Anteil ist, zumal sie auch preislich nur etwa bei 15 Prozent des Zuckerpreises liegen. Natürlich wird das verkauft, ja!"

    Kein Abfall, sondern Nebenprodukte seien das, betont Rolf-Dieter Hoffmann vom Zuckerhersteller Pfeifer & Langen. Während die Rübenschnitzel ganz am Anfang des Produktionsprozesses anfallen, ist die Melasse das, was am Ende übrig bleibt: eine dunkelbraune, zähflüssige Masse, die immer noch zur Hälfte aus Zucker besteht.

    Aber der Zucker in dieser Masse lässt sich nicht mehr wirtschaftlich vom Rest der Bestandteile trennen - von Bitterstoffen, Farb- und Schwebstoffen. Rund 800.000 Tonnen Melasse entstehen in Deutschland pro Jahr bei der Zuckerproduktion. Und es gibt Abnehmer dafür. Der Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker, Dieter Langendorf:

    "Also, Melasse geht zu einem erheblichen Teil - rund 50 Prozent des Absatzes - an die Futtermittelhersteller, dann geht eine Größenordnung in Deutschland von deutlich über 100.000 an die Hefefabriken, dann gibt es noch geringere Mengen, die an Brennereien gehen und dann gibt es noch ne Reihe von anderen Verwendungszwecken, vor allem auch in der chemischen Industrie."

    Ob Melasse oder Zuckerrübenschnitzel - die Bauern nehmen diese Produktionsreste gerne von den Zuckerfabriken zurück. Jörg Schulte-Domhof vom Deutschen Bauernverband:

    "Die Schnitzel selbst, die sind sehr gut zu verwenden in der Wiederkäuer-Fütterung, also an Milchkühe und an Rinder, und da kann man sie auch zu einem sehr hohen Anteil einsetzen, bis zu 30 Prozent, sogar bis zu 50 Prozent kann das hochgehen. Schweine können diese Schnitzel kaum verdauen. Was man beim Schwein sehr gut einsetzen kann, ist eben die Melasse, also dieser Zuckersirup.

    Also, das Tier frisst eben das Futter gerne, weil es süß ist, und das führt eben dazu, dass die Tiere mehr Futter aufnehmen. Also, es ist ein Energie-Futtermittel. Und insbesondere die Melasse, der Energiewert , da gibt es nur wenig Futtermittel, die sozusagen da herankommen. Man kann es aber mit Getreide eigentlich vergleichen."

    Der Preis für die Zuckerrübenreste liegt nur knapp unter dem für Futtergerste und Futterweizen - derzeit bei 85 bis 100 Euro pro Tonne. Allerdings gewähren die Zuckerfabriken den Bauern einen Vorzugspreis, die ihnen die Rüben liefern. Das gilt für die Rübenschnitzel, und das gilt für den Kalk aus der Zuckerproduktion. Durch chemische Reaktion mit Kalk werden dem Zuckerrübensaft Farb- und Schwebstoffe entzogen, und der mit diesen Stoffen verunreinigte Kalk geht in die Landwirtschaft:

    "Er dient zur Bodenverbesserung. Ungefähr alle drei bis vier Jahre wird jeder Acker ein Mal gekalkt. Und das kann eben mit diesem Filtrationskalk dann passieren. So kommt ein kleiner Teil dessen, was die Zuckerrübenbauern ihrem Boden entzogen haben, wieder auf genau dieselben Äcker zurück."