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Zukunft stiften

Der jüngste OECD-Bildungsbericht hat Deutschland unter anderem vorgeworfen, zu wenig in die Bildung zu investieren. Gegen den OECD-Trend sinken hierzulande die Bildungsausgaben. Wo der Staat seine Hausaufgaben vernachlässigt, werden private Geldgeber und Stiftungen wichtiger. Neben der Hochschulfinanzierung engagieren sich Stiftungen auch im Bereich Hochschulentwicklung.

Von Antje Allroggen |
    "Es ist eine deutliche Änderung zu spüren. In den letzten 30 Jahren hat sich das sehr zum Guten entwickelt. In Deutschland beginnt man, nicht mehr ausschließlich auf den Staat zu vertrauen, sondern auch auf private Initiative. Und das ist eine segensreiche Entwicklung",

    sagt der ehemalige Leiter der Internats-Schule Schloss Salem und Bestseller-Autor Bernhard Bueb. Stiftungen erleben derzeit einen großen Boom. Widmeten sie sich vor 20 Jahren noch eher dem Umwelt- und Naturschutz, ist es heute der Bereich Bildung und Forschung. Die Hochschulfinanzierung spielt dabei eine zunehmend wichtige Rolle, erklärt Professor Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbands:

    "Ein Modell, was der Stifterverband vor kurzem vorgeschlagen hat, gemeinsam mit anderen Institutionen, ist die Finanzierungskonzepte innerhalb der Länder zu verändern mit einem Modell, das kurz als 'Geld folgt Studierenden' bezeichnet wird. Also jedem Studenten einen bestimmten Betrag zuzuweisen, nicht zu überweisen, sondern zuzuweisen, der dann an die Universität ausgezahlt wird, wo er studiert."

    Derzeit gibt es nämlich unter den einzelnen Bundesländern heftige Diskussionen darüber, wer die finanziellen Lasten für die Ausbildung an den Hochschulen tragen soll. Das Finanzierungsmodell des Stifterverbandes will unter den einzelnen Ländern einen Ausgleich schaffen. Andreas Schlüter:

    "Damit ist sichergestellt, dass das Geld bundeseinheitlich aufgebraucht wird von allen Ländern, aber dort dann hin fließt, wo tatsächlich der Student seine Ausbildung macht."

    Neben der Hochschulfinanzierung engagieren sich Stiftungen auch im Bereich Hochschulentwicklung - wie etwa das Centrum für Hochschulentwicklung von der Bertelsmann Stiftung. Die Gottfried Daimler und Karl Benz-Stiftung versteht sich als eine wissenschaftsfördernde Stiftung und hat sich zum Ziel gesetzt, das interdisziplinäre wissenschaftliche Arbeiten an deutschen Hochschulen zu intensivieren. Jörg Klein, Geschäftsführer der Stiftung:

    "Das ist einer der Aspekte, die ich immer wieder von den Hochschulen höre, jede Hochschule schreibt sich Interdisziplinarität auf die Fahnen, aber letztendlich wird doch sehr disziplinär gearbeitet. Und dadurch, dass wir versuchen, Wissenschaftler aus unterschiedlichen Feldern zusammen zu bringen, gelingt es uns, doch häufig zu ganz neuen Ergebnissen zu kommen, die so alleine in der Hochschule nicht möglich wären."

    Daneben bietet die Gottfried Daimler und Karl Benz Stiftung noch Stipendienprogramme für junge Wissenschaftler an, die im Ausland promovieren wollen. Auch die Claussen-Simon-Stiftung engagiert sich auf dem Feld wissenschaftlicher Förderprogramme. Nach US-amerikanischem Vorbild unterstützt sie seit einigen Jahren die Doppelkarrieren wissenschaftlich tätiger Paare, erzählt Georg Joachim Claussen, Vorstandsvorsitzender der Stiftung:

    "Es ist ein tolles Programm, ein einmaliges Programm ist das für Doppelkarrieren. Ich kann nur sagen, von daher ist die Stimmung gut, es wird eine Menge, habe ich den Eindruck, kaputt geredet auch."

    Die Stiftungsstimmung in Deutschland ist derzeit zwar gut, dennoch sind Stiftungen in letzter Zeit auch in Kritik geraten, wenn es um Stiftungen geht, die eine Trägerschaft von Hochschulen übernommen haben. Die Frankfurter Johann Wolfgang von Goethe Universität etwa wurde im vergangenen Jahr in eine Stiftungsuniversität umgegründet. Andreas Schlüter vom Stifterverband begrüßt es,

    "Dass dadurch eine ganze Menge mehr Handlungsspielraum entsteht und zusätzliche Finanzquellen erschlossen werden, weil Private viel eher bereit sind, sich zu engagieren."

    Wie viel Wirtschaft unabhängige Wissenschaft vertragen kann, darüber wird anlässlich des Frankfurter Beispiels derzeit allerdings heftig gestritten.

    Die Veranstaltung des Stifterverbands heute in Bonn diskutierte diese Probleme nicht. Stattdessen ging es um Zukunftsvisionen und um das Engagement von Stiftungen im gesamten deutschen Bildungssystem, in dem das private Engagement immer wichtiger werde, ist auch Bernhard Bueb überzeugt:

    "Stiftungen sind segensreich im ganzen Bildungswesen, weil sie die Bildungseinrichtungen unabhängiger von staatlicher Finanzierung machen, und damit beweglicher und innovativer. Und es ist ganz entscheidend für jede Bildungseinrichtung Stiftungen zu machen, wenn sie was für Jugend und Bildung machen wollen, weil das der beste Weg ist, Bewegung in die Bildungslandschaft zu bringen."