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Zukunftsmarkt Podcasting

Über 2000 Podcasts werden allein in Deutschland regelmäßig produziert. Geld wird mit den meisten noch nicht verdient. Das soll aber nach Einschätzung der Marktforscher anders werden.

Manfred Kloiber im Gespräch mit Peter Welchering |
    Manfred Kloiber: Zwar sind die meisten privat produzierten Podcasts kostenlos, doch soll sich das nach Einschätzung der Marktforscher schon bald ändern, Peter Welchering?

    Peter Welchering: Bisher gibt es drei Möglichkeiten, mit Podcasts Geld zu verdienen. Möglichkeit Nummer 1: Das Podcasts muss abonniert werden. Und dieses Abonnement kostet Geld. Einige Hörbuchportale haben damit hierzulande experimentiert. Ein Erfolgsmodell ist das bisher noch nicht geworden. Viele Angebote sind wieder eingestellt worden. Denn hier sind einfach nicht genügend Abos verkauft worden, um kostendeckend arbeiten zu können oder sogar Gewinne zu machen. Überregionale Tageszeitungen setzen aber nach wie vor sehr stark auf dieses Modell. Möglichkeit Nummer 2 fürs Geldverdienen mit Podcasts: Man verkauft PR oder sogar fast schon Werbung als redaktionelle Inhalte. Die Podcasts selbst sind kostenlos für den Internet-Nutzer. Vor allen Dingen Fachzeitschriften verdienen schon heute mit diesem Modell ganz gutes Geld. Die stellen Podcasts ins Netz, die sie im Auftrag ihrer Anzeigenkunden produzieren und nennen die dann beispielsweise Produktnews. Möglichkeit Nummer 3 der wirtschaftlich erfolgreichen Anwendung von Podcasts: Der Verkauf von Werbeplätzen. Entweder wird hier bei Video- oder Audio-Podcasts ein Werbespot direkt im Podcast geschaltet, wie das im Radio oder Fernsehen ja auch üblich ist. Oder aber begleitend zum Podcast. Das heißt, es wird ein redaktionell unabhängiges Podcast – Video oder Audio – produziert. Und die Produzenten dieses Podcast vermarkten Web-Banner-Werbung auf der Anmeldeseite und zusätzliches Adressmaterial, sprich E-Mail-Adressen ihrer Abonnenten.

    Kloiber: Wie viel wird denn mit Podcasts pro Jahr in Deutschland verdient?

    Welchering: Da gibt es viele Schätzungen und wenige verlässliche Zahlen. Beispielsweise die Marktforscher des Berliner Instituts Goldmedia sagen, dass mit Podcasts 450 Millionen Euro umgesetzt werden. Bohrt man dann mal genauer nach, ergibt sich: Die Zahl bezieht sich auf Handy-TV und das ist eine Prognose für das Jahr 2010. Podcast-Berater Alexander Wunschel hat vorgerechnet, dass Podcast-Nutzer sich pro Woche 3,6 Stunden für Podcasting Zeit nehmen und die Hälfte der Befragten seiner Podcast Studie sind bereit, für Podcast-Angebote zu zahlen. 2300 Nutzer hat Wunschel befragt, 1150 wollen also für ein Abo zahlen. Also verlässliche Zahlen sind da sehr schwierig zu bekommen. Eine interne Zahl vielleicht noch: bei Google rechnen die Strategieplaner im deutschen Podcast-Markt in diesem laufenden Jahr einen Umsatz von fünf bis sechs Millionen Euro. Für 2007 sollen das schon knapp 17 Millionen sein. Aber auch das sind Schätzungen. Eine letzte Zahl vielleicht noch. Die stammt von John Bukovinsky, der bei der IBM in New York das Podcasting hoffähig gemacht hat. John Bukovinsky schätzt, dass die Unternehmen der IT-Branche in Europa, also nicht nur deutschlandweit, sondern Gesamt-Europa, im kommenden Jahr 15 bis 19 Millionen Euro für Podcasts ausgeben werden.

    Kloiber: Gibt es Aussagen von Marktforschern über die künftige Entwicklung der unterschiedlichen Podcast-Geschäftsmodelle?

    Welchering: Auch hier wieder Schätzungen, die gibt es sehr wohl. So rechnet Avi Tevanian, der das Podcasting bei Apple mit erfunden hat, dass die Zahl der kostenpflichtigen Abonnements stark zunehmen wird. Ebenso dürften nach seiner Schätzung die Podcasts von Unternehmen ein boomender Markt sein. Hier sehen allerdings Journalisten- wie Verlegerverbände die Entwicklung mit einer gewissen Skepsis. Zu einen wird prognostiziert, dass es hier zu einer sehr starken Vermischung von PR und Journalismus kommen wird. Denn vor allen Dingen Fachverlage setzen stark auf bezahlte PR in ihren Podcast-Angeboten. Zum anderen brauchen die Unternehmen für ihre Podcasts die Fachverleger nicht mehr. Und da sagt etwa der Verleger Hubert Burda, dass die Internet-Unternehmen mit ihren Podcast-Produktionsfirmen die neuen großen Konkurrenten der Verlage sein werden. Erstaunlich geringe Chancen werden dem klassischen Werbespotmodell eingeräumt, bei dem Werbung wie bei Radio und Fernsehen heutzutage direkt in die Sendung, also in die Podcasts eingebaut wird. Dieses Modell hat sich nach Meinung von Podcast-Experte Tim Renner in fünf bis sechs Jahren oder früher erledigt. Glaubt man diesen Prognosen, dann wird es eine Zweiteilung der Podcast-Welt geben. Zum einen vom Nutzer bezahlte Podcasts als Fortsetzung der Web-Spartenkanäle. Hier findet sich eine hohe redaktionelle Qualität und Unabhängigkeit. Und dafür zahlt der Nutzer dann. Zum anderen freie Podcasts, die im Prinzip Firmenbotschaften transportieren, für den Internet-Nutzer kostenlos sind und von den Unternehmen bezahlt. Nicht in diesem etwas aus amerikanischer Sicht entworfenen Modell sind die Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Die könnten hier eine vermittelnde Position einnehmen.