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Zum Beispiel Potsdam

Nicht nur in der schulischen, auch in der vorschulischen Bildung hat Deutschland in der jüngsten PISA-Studie schlechte Noten bekommen. Kindergärtnerinnen wird dort eine ungenügende Ausbildung attestiert. In den meisten europäischen Ländern werden Kindergärtnerinnen bereits an Hochschulen ausgebildet, Deutschland und Österreich hinken in diesem Punkt hinterher. Die ersten Hochschulen haben nun reagiert und bieten Studiengänge für Erzieher an, etwa die FH Potsdam.

Von Claudia van Laak |
    Monique Chalet ist unzufrieden mit dem Bild ihres Berufes in der Öffentlichkeit. Wir sind nach wie vor nur die Tanten, seufzt die 34jährige Erzieherin und erzählt von einem Gespräch mit einem Vater.

    ""Was, im Kindergarten wird gebildet," sagte er. Das war ein Vater, der sein Kind jeden Tag in den Kindergarten bringt und völlig erstaunt war, dass da Bildung stattfindet."

    Dass ein Kindergarten mehr als eine Beschäftigungs- und Verwahranstalt ist, dass in der frühsten Kindheit die Weichen gestellt werden für eine erfolgreiche Schulzeit, das hat sich noch nicht genügend herumgesprochen. Deshalb werden Kindergärtnerinnen bislang nur an Fachschulen ausgebildet und entsprechend schlecht bezahlt. Erzieherin Monique Chalet begrüßt ein Hochschulstudium für Kindergärtnerinnen:

    " Weil unsere Berufsrichtung dann stückweise viel besser anerkannt wird. Dass wir nicht nur die Tanten sind, die mit den Kindern spielen, dass wir diejenigen sind, die die Grundsteine für die Schule legen."

    Im Oktober startet an der Fachhochschule Potsdam der Bachelor-Studiengang "Bildung und Erziehung in der Kindheit." Christiane Ludwig-Körner hat ihn konzipiert. Die Professorin im Fachbereich Sozialwesen ist der Ansicht, dass Deutschland in punkto frühkindliche Bildung ein Entwicklungsland ist.

    " Wenn wir wirklich kompetenten Nachwuchs haben wollen, dann beginnt das von Anfang an. Denn gerade die Unterstützung, dass Kinder in die Lage versetzt werden, was heute so aktuell ist, eine sichere Bindung aufzubauen, dafür braucht man kompetente Betreuungspersonen."

    Der Stoff an den Fachschulen sei in vielen Fällen nicht auf dem neusten Stand, außerdem fehle die wissenschaftliche Reflexion, kritisiert Christiane Ludwig-Körner.

    Wie ein Kindergarten, wie ein Hort geleitet wird, auch dies werde an Fachschulen nicht gelehrt. Ludwig-Körner über die Inhalte des neuen Studiengangs an der Potsdamer Fachhochschule.

    " Die erzieherische Kompetenz, das bedeutet auch Wissen über pädagogische Theorien, Entwicklungspsychologie, auch Managementwissen, juristisches, soziologisches Wissen, das ist eine Riesenpalette."

    An mehreren Hochschulen werden zurzeit Bachelor-Studiengänge für Kindergärtnerinnen und Erzieher vorbereitet, unter anderem in Freiburg, Hannover und Neubrandenburg. Die Berliner sind bereits gestartet, künftige Erzieher können an der Alice-Salomon-Fachhochschule studieren. In Potsdam kann man sich ab Mitte Juli bewerben, das sechssemestrige Studium beginnt im Oktober. Christiane Ludwig-Körner möchte gerne die ersten 25 Studierenden persönlich auswählen.

    " Weil es nicht so entscheidend ist, ob jemand gut denken kann, er muss auch mit dem Herzen gut denken können, es muss eine Herzensbildung vorhanden sein, die können wir nicht noch während des Studiums bewirken."

    Über die Berufsaussichten der künftigen Kindergärtner mit Fachhochschulabschluss kann zurzeit nur spekuliert werden. Das Problem: Kindergärten und Horte sind eine kommunale Angelegenheit, die meisten Städte und Gemeinden klagen über leere Kassen. Nur wenige werden bereit sein, künftig mehr Geld für eine Kindergärtnerin mit Hochschulabschluss zu bezahlen - und sei sie noch so kompetent.