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Zum Praktikum an die Uni

Kaum ein Gymnasiast absolviert sein Schulpraktikum an einer Hochschule. Schuld daran sind beide Seiten: Schüler schauen eher auf andere Berufe, und Forscher sind in Sachen Praktikanten sehr skeptisch. Die CDU in Niedersachsen erwägt jetzt ein obligatorisches Hochschulpraktikum für Schüler der elften Klasse einzuführen.

Von Maike Schröder | 20.06.2007
    8:00 Uhr morgens. Der Unterricht am Wilhelm-Raabe-Gymnasium in Lüneburg beginnt. Ein neuer Tag, an dem die Schüler jede Menge Theorie lernen können. Um eine Karriere zu planen, reicht Fachwissen allein aber nicht. Mit einem Praktikum konnten die elften Klassen im April ins Berufsleben hineinschnuppern. Wo sie ihr Praktikum machen wollten, haben sich die Schüler selbst überlegt.

    " Für mich war gleich klar, dass ich zum Denkmalpflegeamt gehen möchte, weil ich später gerne Archäologin werden möchte - Ich war bei der Polizei und bin mit Streife gefahren die ganze Zeit. Man saß auch drinnen rum, aber größtenteils war ich draußen - Ich hatte seit meinem jungen Kindesalter den Wunsch Jura zu studieren, und deshalb bin ich zu den drei Gerichten gegangen in Lüneburg und habe dort glücklicherweise erfahren, dass das nicht der Beruf ist, den ich machen will. Deswegen war es sehr vorteilhaft. - Für mich war wichtig, dass ich lerne wie es in einem geregelten Arbeitsverhältnis abläuft. "

    Beliebte Bereiche bei Schülern sind die Verwaltung, Rechtsanwaltskanzleien, Arztpraxen, Kindergärten und Hotels. Dass Schüler ein Praktikum an einer Hochschule machen, ist allerdings sehr selten. Von den knapp hundert Elftklässlern der Wilhelm-Raabe-Schule waren es dieses Jahr drei. Praktikumskoordinator Rüdiger Schmidt vermittelt häufig Schüler an Firmen, aber kaum an die Hochschule.

    " Die Kontakte zur Hochschule sind nicht sehr intensiv, aber es sind durchaus Kontakte vorhanden, aber die sind weniger auf dem Gebiet der Praktika sondern vielmehr der Berufsorientierung. Und da gibt es einmal im Jahr mindestens eine entsprechende Veranstaltung, dass Schüler an die Universität gehen können und dort erste Informationen bekommen, wie ein Studium aussehen kann. "

    Nicht alle Schüler wissen, dass sie sich an einer Hochschule um einen Praktikumsplatz bewerben können. Einige bevorzugen auch bewusst ein Praktikum mit Anwendungsbezug. Entsprechend selten treffen Anfragen nach einem Schülerpraktikum bei Rainer Pacena ein. Der Physiker der Universität Lüneburg erhält im Schnitt alle zwei Jahre eine Bewerbung - fast ausschließlich von Schülern aus Akademikerfamilien. Pacena vermutet, dass die Eltern ihren Kindern das Hochschulpraktikum vorschlagen. Wer bei ihm anfängt, kann im Labor unter Anleitung Versuche ausprobieren.

    " Also dafür stehen bei uns Praktikumsplätze zur Verfügung aber für den Wissenschaftsbetrieb selbstverständlich nicht. Das wäre ein zu großer Aufwand für die Wissenschaftler. Ein zusätzliches Problem ist, dass wir nicht rund um die Uhr die Praktikanten betreuen können, durch vielerlei Verpflichtungen, die wir haben. Das betrifft insbesondere die Lehre, also unsere Seminare und unsere Vorlesungen, da können wir also unsere Praktikanten nicht unterbringen und dort versorgen. "

    Ein Schülerpraktikum für zwei Wochen zu organisieren, lohnt sich in den Augen vieler Mitarbeiter der Universität Lüneburg nicht. Der Chemie-Doktorand Andreas Fleischer muss kurz überlegen, wo manchmal Schülerpraktikanten unterkommen.

    " Also im Rechenzentrum ist eine Stelle in der Schulpraktika durchgeführt werden und hier in der Chemie ist das schon Tradition. In den anderen Bereichen bin ich mir nicht sicher, ob da auch Schulpraktika durchgeführt werden. Ich glaube wir sind so mit die einzigen hier. "

    Ein Schüler pro Semester kann sein Praktikum in der Chemie der Universität Lüneburg absolvieren. Der Praktikant arbeitet gemeinsam mit einem Wissenschaftler an einem Projekt und kann einmal die Woche Vorlesungen besuchen.

    Wer sich für ein Schülerpraktikum bewerben möchte, hat es an manchen Hochschulen schwerer als an anderen. Die Universität Oldenburg nimmt kaum Schüler auf. Die begehrten Praktikumsplätze ergattern Studenten. An der Technischen Universität Braunschweig hingegen freut man sich über Schülerpraktikanten und hofft, auf diesem Weg Auszubildende und Studierende zu gewinnen. Letztes Jahr haben 55 Schülerpraktikanten an der TU den Universitätsalltag kennen gelernt. Noch mehr Schüler würden gerne wissen, was hinter den Mauern einer Hochschule passiert.

    " Ich fände es klasse, wenn es Hochschulpraktika geben könnte, weil ich persönlich stelle mir da immer so einen amerikanischen College Hörsaal vor, wo alle da sitzen und gelangweilt an ihren Stiften kauen. Also ich persönlich war auch noch nie in einer Uni drinnen und deshalb fände ich es auch ganz schön, auch mal die Möglichkeit zu bekommen, dort einige Zeit zu verbringen. "