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Zuverlässig und bewährt

Technik. - Am 28. Juni kam es im Atommeiler Krümmel zu einem Kurzschluss in einem für die Stromeinspeisung in das Netz zuständigen Transformator, der daraufhin in Brand geriet. Doch trotz der Gefahren setzen Konstrukteure von Groß-Trafos weiter auf das brisante Kühlmittel Öl - zwangsweise.

Von Sönke Gäthke |
    Öl, Papier und Hitze – das keine Mischung, die man gern neben einem Kraftwerk stehen haben möchte, schon gar nicht neben einem Atommeiler. Doch seit mehr als hundert Jahren spielen diese drei Faktoren in Transformatoren zusammen – und das zuverlässig, sagt Stefan Tenbohlen vom Stuttgarter Institut für Energieübertragung.

    "Wir haben so eine statistische Ausfallrate von einem Prozent pro Jahr, das heißt, auf hundert Transformatoren fällt einer im Jahr vielleicht mal aus."

    Ein Transformator ist im Prinzip ein großes Stück Eisen, um das zwei Kupferspulen gewickelt sind. Das Ganze wird in Papier eingeschlagen – zwecks Isolation - und in Öl getaucht. Durch die eine Spule wird Strom geleitet - deren elektromagnetisches Feld erzeugt in der zweiten Spule einen neuen Strom, entweder mit höherer oder niedriger Spannung. Auf diese Weise kann Strom mit hoher Spannung und wenig Verlusten über weite Strecken geschickt werden, um dann mit niedriger Spannung zum Verbraucher verteilt zu werden. Dabei entsteht aber Hitze. Der Trafo muss gekühlt werden.

    "Und dazu ist Wasser nun denkbar ungeeignet, also Wasser ist leitfähig, und dementsprechend könnte ich nicht isolieren, nun müssen Sie also eine Flüssigkeit haben, die isoliert, und das ist nun einmal Mineralöl."

    Das Öl wird im Transformator umgepumpt und durch einen Kühler geleitet. Versuche, das Öl zu ersetzen, hat es mehrere gegeben. So kamen Unternehmen in den siebziger Jahren auf die Idee, dem Öl polychlorierte Biphenyle, kurz PCB, beizumischen. Damit konnte das Öl heißer als 130 Grad Celsius werden, ohne in Flammen auf zu gehen. Eine gute Idee – nur leider nicht frei von Nebenwirkungen:

    "Das Problem beim PCB ist allerdings, dass es, wenn es mal anfängt zu brennen, Dioxin entwickelt."

    Keine schöne Vorstellung. Folgerichtig wurde diese Lösung verboten.

    "Seit 1999 dürfen PCB-gefüllte Transformatoren gar nicht mehr betrieben werden. Also, die sind alle entsorgt worden."

    Doch es gab noch andere Ideen, Transformatoren zu kühlen. Wenn schon nicht mit Öl, dann vielleicht mit Gas.

    "Dort hat man Schwefel-Hexa-Fluorid verwendet, dieses Gas zeichnet sich dadurch aus, dass die Isolationsfestigkeit größer ist als in normaler Luft,"

    außerdem geht es nicht in Flammen auf. Trotzdem kein ideales Kühlmittel für die großen Stromwandler.

    "Der Nachteil des Gases ist halt die beschränkte Fähigkeit, die Wärme zu transportieren. Dass heißt, auf große Transformatoren bezogen hätten Sie unglaublich große Bauvolumen, und diese Transformatoren für große Kraftwerke zum Beispiel könnten Sie dann gar nicht mehr transportieren."

    Nur Stromversorger in Japan haben versucht, ihre großen Spannungswandler auf diese Art zu kühlen. Allerdings sind das Ausnahmen geblieben.

    "Die Zahl beschränkt sich vielleicht auch zehn, 20 Transformatoren, das ist mehr eine Versuchsentwicklung gewesen, allerdings sowohl einerseits wegen der technischen Probleme, andererseits aber auch wegen der Kosten eines solchen Transformators ist das für die hohen Spannungen nicht weiter verfolgt worden."

    Die Zeit des Mineralöls könnte sich trotzdem ihrem Ende zu neigen – weil der Energiehunger Chinas und Indiens bald für eine Verknappung des Kühlmittels sorgen dürfte.

    "Wir an der Universität Stuttgart beschäftigen uns damit, das Mineralöl durch Pflanzenöl zu ersetzen. Problem ist aber, dass zum einen dieses Pflanzenöl dickflüssiger ist als Mineralöl, dementsprechend andere Kühleigenschaften hat, und zum anderen, wenn Sie mal ihr Salatöl an der offenen Luft stehen lassen, das wird mit der Zeit schlecht. Und genau das gleiche würde auch im Transformator passieren."

    Und mit altem Pflanzenöl lassen sich Transformatoren nicht kühlen, weil es zähflüssig wird. Mineralöl bleibt also zumindest in den nächsten Jahren das beste Mittel der Wahl, um Spannungswandlern zu kühlen.