Genau in dem Moment, in dem sich die Fähre durch die enge Hafeneinfahrt manövriert, kommt die Sonne hinter den Wolken hervor und taucht die Zitadelle oberhalb der kleinen Inselhauptstadt Le Palais in warmes Licht. Gut 45 Minuten hat die Überfahrt von Quiberon auf die Belle Île gedauert und hier wird das Schiff schon ungeduldig erwartet. Tagesgäste werden für ihre Inseltour in Kleinbussen verstaut, Geschäfte und Restaurants holen bestellte Waren ab. Dann herrscht wieder Ruhe entlang der Hafenmole und in den kleinen Straßen - über den Marktplatz mit seinen Cafés geht es aus dem Ort hinaus und hinauf zur Zitadelle.
Vor dem Eingang wartet bereits Serge Albagnac, Hobbyhistoriker und Kenner der Inselgeschichte. Er erzählt, dass die Belle Île seit der Steinzeit bewohnt war und man damals noch trockenen Fußes vom Festland hinüberlaufen konnte. Nach und nach stieg der Meeresspiegel an, per Schiff kamen im Frühmittelalter dann Mönche auf die Insel:
"Die Belle Île war ursprünglich eine ganz friedliche Insel, auf der ein wenig Landwirtschaft betrieben und Vieh gezüchtet wurde. Es gab mehrere Klöster auf der Insel und die Mönche erhielten das Recht, Getreide und Gemüse anzubauen, Schafe und Rinder zu halten. Es gab natürlich auch Fischerei, aber eher für den Eigenbedarf. Als die Insel an den Herrn von Gondi ging, baute dieser eine kleine Burg - allerdings hielt diese nicht die Piraten aus England und Holland davon ab, die Belle Île immer wieder zu überfallen."
Der französische König wollte den Piraten Einhalt gebieten - und den Hafen der Insel durch eine Zitadelle schützen. Doch das kostspielige Bauprojekt wurde erst unter Ludwig dem XIV. in Angriff genommen:
"Tatsächlich waren es also Ludwig XIV. und sein berühmter Militärbaumeister Vauban, die Pläne für eine Befestigungsanlage entwarfen. Dabei bezog Vauban natürlich die bereits vorhandenen Anlagen mit ein, verbesserte und verstärkte sie. Eigentlich wollte er auch rund um die Inselhauptstadt Le Palais eine Mauer ziehen lassen, das war dann aber doch zu teuer und so wurde der Plan nicht realisiert. Was zur Folge hatte, dass die Engländer einige Jahre später die Insel angriffen, die Zitadelle beschossen und sie schließlich einnahmen."
Auch wenn Vaubans Pläne für die Zitadelle nicht ganz umgesetzt wurden, imposant wirkt der Bau allemal - mit seinem Pulverturm und dessen Akustik. Mit dem Arsenal und seinen massiven Deckenbalken - mit den ehemaligen Gefängniszellen, in denen noch Graffiti der Gefangenen zu sehen sind.
Zeit weiter zu fahren - zur Pointe des Poulains im äußersten Nordwesten der Insel. Ein frischer Wind geht, zerzaust Ginsterbüsche und Heidekraut.
Vor dem Eingang wartet bereits Serge Albagnac, Hobbyhistoriker und Kenner der Inselgeschichte. Er erzählt, dass die Belle Île seit der Steinzeit bewohnt war und man damals noch trockenen Fußes vom Festland hinüberlaufen konnte. Nach und nach stieg der Meeresspiegel an, per Schiff kamen im Frühmittelalter dann Mönche auf die Insel:
"Die Belle Île war ursprünglich eine ganz friedliche Insel, auf der ein wenig Landwirtschaft betrieben und Vieh gezüchtet wurde. Es gab mehrere Klöster auf der Insel und die Mönche erhielten das Recht, Getreide und Gemüse anzubauen, Schafe und Rinder zu halten. Es gab natürlich auch Fischerei, aber eher für den Eigenbedarf. Als die Insel an den Herrn von Gondi ging, baute dieser eine kleine Burg - allerdings hielt diese nicht die Piraten aus England und Holland davon ab, die Belle Île immer wieder zu überfallen."
Der französische König wollte den Piraten Einhalt gebieten - und den Hafen der Insel durch eine Zitadelle schützen. Doch das kostspielige Bauprojekt wurde erst unter Ludwig dem XIV. in Angriff genommen:
"Tatsächlich waren es also Ludwig XIV. und sein berühmter Militärbaumeister Vauban, die Pläne für eine Befestigungsanlage entwarfen. Dabei bezog Vauban natürlich die bereits vorhandenen Anlagen mit ein, verbesserte und verstärkte sie. Eigentlich wollte er auch rund um die Inselhauptstadt Le Palais eine Mauer ziehen lassen, das war dann aber doch zu teuer und so wurde der Plan nicht realisiert. Was zur Folge hatte, dass die Engländer einige Jahre später die Insel angriffen, die Zitadelle beschossen und sie schließlich einnahmen."
Auch wenn Vaubans Pläne für die Zitadelle nicht ganz umgesetzt wurden, imposant wirkt der Bau allemal - mit seinem Pulverturm und dessen Akustik. Mit dem Arsenal und seinen massiven Deckenbalken - mit den ehemaligen Gefängniszellen, in denen noch Graffiti der Gefangenen zu sehen sind.
Zeit weiter zu fahren - zur Pointe des Poulains im äußersten Nordwesten der Insel. Ein frischer Wind geht, zerzaust Ginsterbüsche und Heidekraut.
Ferienziel der Pariser guten Gesellschaft
Ausgerechnet in dieses verlassen wirkende Fleckchen verliebte sich die Schauspielerin Sarah Bernhardt, als sie 1894 auf die Belle Île kam. Sie kaufte das halb verfallene Fort an der Inselspitze, ließ es instand setzen. So erzählt es Anne-Sophie Perraud vom "Espace muséographique":
"Man kommt sich hier fast ein bisschen wie am Ende der Welt vor - und gerade das muss Sarah Bernhardt fasziniert haben. Also kaufte sie das Fort, aber der Platz reichte für ihre ganze Entourage nicht aus - sie hatte ja ständig Familienmitglieder und Freunde um sich. Um diese unterzubringen, ließ sie die sogenannte "Villa der fünf Erdteile" bauen, in der jedes Zimmer nach einem Kontinent benannt war. Und später kam dann als letzter Teil der Anlage die "Villa Lysiane" hinzu."
Ende des 19. Jahrhunderts war Sarah Bernhardt eine der populärsten Schauspielerinnen ihrer Zeit. Und sie war exzentrisch: Brachte zum Urlaub auf der Insel nicht nur Mobiliar, sondern auch Tiere mit, ließ rund um die Villa Aussichtsplätze, kleine Teiche und Bachläufe anlegen - was sie rund eine Million Francs kostete. Die ersten Reporter kamen, um in Zeitungen über das Urlaubsdomizil Bernhardts zu berichten - die Belle Île wurde so nach und nach zum Ferienziel der Pariser guten Gesellschaft.
Mit dem Bild von elegant gekleideten Menschen, die an dem verlassenen Ende der Insel mondäne Partys feierten, geht es zurück aufs Festland und weiter in den Nordwesten der Bretagne.
Vom Hafenstädtchen Le Conquet legt die Fähre nach Ouessant ab, die mit ihren Schwesterinseln Molène und Quémènès im Parc Marin d’Iroise liegt. Eine Region, die auch heute noch in der Schifffahrt als gefährlich gilt - wegen der rauen See und des schnell umschlagenden Wetters. Daher gibt es auf Ouessant aber auch gegenüber am Festland besonders viele Leuchtfeuer und Leuchttürme - und das seit Jahrhunderten:
"An Ouessant führte schon immer eine stark frequentierte Route entlang - auch wenn die Insel berüchtigt war, für den dichten Nebel, die tückischen Strömungen, die Klippen. Um es für die Schiffe etwas sicherer zu machen, wurden dann nach und nach Leuchttürme gebaut, auf der Insel selbst, aber auch an der Küste. Heute gibt es hier, im sogenannten "Mer d’Iroise" die höchste Konzentration von Leuchttürmen in ganz Europa, sodass man in halbwegs klaren Nächten von hier aus rund 20 Leuchtfeuer sehen kann."
Ondine, die aus einer Seemannsfamilie auf Ouessant stammt, steigt mit mir hinauf auf den Phare du Stiff, einen der ältesten Leuchttürme in Frankreich. Ein kalkweiß gestrichener Doppelturm, der von zwei kleinen Wächterhäuschen flankiert wird.
104 Stufen führen bis zu einer kleinen Tür und dann hinaus auf die Balustrade:
"Eigentlich ist dieser Leuchtturm eine Art Militäranlage, denn er diente ursprünglich auch dazu, die französische Küste zu bewachen. Die Insel hat ja eine strategisch wichtige Lage - sie ist nicht weit von England entfernt, aber auch relative nahe am Hafen von Brest, zu Zeiten Vaubans ein wichtiger Militärstützpunkt. Deshalb war es damals auch die Aufgabe des Leuchtturmwärters, das Feuer in der Laterne bloß nicht erlöschen zu lassen, denn es sollten nicht nur Schiffe vor den Klippen gewarnt werden, sondern man hielt auch Ausschau, ob sich englische Schiffe der Küste näherten."
Aber natürlich ist auch der Blick über die Insel aus gut 30 Metern Höhe fantastisch. Gut sind die zerklüftete Küstenlinie zu erkennen, die Weiden mit den vielen Schafen, die kleine Inselhauptstadt Lampaul. Auffällig die große Kirche, davor am Hauptplatz des Ortes ein paar Geschäfte und Crêperien. Einen kleinen Hügel hinunter geht es zum ehemaligen Hafen der Insel:
"Man muss schon ein guter Seemann sein, um es heil in diesen Hafen zu schaffen. Hier kam früher der "Courier des Îles" an - zwei Mal pro Woche, das Schiff, das Festland und Inseln miteinander verband. Die Inselbewohner nahmen es, wenn sie etwas auf dem Festland zu erledigen hatten, es kamen aber ab etwa 1850 auch erste Touristen. Das waren hauptsächlich Künstler, Schriftsteller, Maler, Filmemacher. Alle diejenigen, die sich von der Insel inspirieren lassen wollten. Sie waren fasziniert, weil Ouessant eine Insel ist, die sich eigentlich ständig verändert. Und zwar nicht nur durch die Jahreszeiten, nein, auch mit dem Wetter und dem Licht. Außerdem gab es auf der Insel noch Traditionen, die auf dem Festland längst verloren gegangen waren - und das zog natürlich auch Besucher an, die auf der Suche nach Exotik waren."
Und das ist gerade für viele Künstler auch heute der Grund, weshalb sie zumindest im Sommer einige Monate auf Ouessant verbringen. Die Insel profitiert davon - in den letzten Jahren sind so zahlreiche Kulturveranstaltungen und einige Festivals initiiert worden. Mit teilweise prominenten Teilnehmern wie dem Musiker Yann Thiersen.
"Bei uns hat sich einiges an kulturellen Veranstaltungen entwickelt, wir haben inzwischen eine ganze Reihe von Festivals, Musik, Film zum Beispiel und das zieht wirklich das ganze Jahr über Gäste und viele Künstler an. Das ist nicht nur gut für Ouessant, sondern auch für uns Inselbewohner, denn so können wir Menschen aus der ganzen Welt kennenlernen und trotzdem auf unserer Insel bleiben. Und das ist natürlich wunderbar."
"Man kommt sich hier fast ein bisschen wie am Ende der Welt vor - und gerade das muss Sarah Bernhardt fasziniert haben. Also kaufte sie das Fort, aber der Platz reichte für ihre ganze Entourage nicht aus - sie hatte ja ständig Familienmitglieder und Freunde um sich. Um diese unterzubringen, ließ sie die sogenannte "Villa der fünf Erdteile" bauen, in der jedes Zimmer nach einem Kontinent benannt war. Und später kam dann als letzter Teil der Anlage die "Villa Lysiane" hinzu."
Ende des 19. Jahrhunderts war Sarah Bernhardt eine der populärsten Schauspielerinnen ihrer Zeit. Und sie war exzentrisch: Brachte zum Urlaub auf der Insel nicht nur Mobiliar, sondern auch Tiere mit, ließ rund um die Villa Aussichtsplätze, kleine Teiche und Bachläufe anlegen - was sie rund eine Million Francs kostete. Die ersten Reporter kamen, um in Zeitungen über das Urlaubsdomizil Bernhardts zu berichten - die Belle Île wurde so nach und nach zum Ferienziel der Pariser guten Gesellschaft.
Mit dem Bild von elegant gekleideten Menschen, die an dem verlassenen Ende der Insel mondäne Partys feierten, geht es zurück aufs Festland und weiter in den Nordwesten der Bretagne.
Vom Hafenstädtchen Le Conquet legt die Fähre nach Ouessant ab, die mit ihren Schwesterinseln Molène und Quémènès im Parc Marin d’Iroise liegt. Eine Region, die auch heute noch in der Schifffahrt als gefährlich gilt - wegen der rauen See und des schnell umschlagenden Wetters. Daher gibt es auf Ouessant aber auch gegenüber am Festland besonders viele Leuchtfeuer und Leuchttürme - und das seit Jahrhunderten:
"An Ouessant führte schon immer eine stark frequentierte Route entlang - auch wenn die Insel berüchtigt war, für den dichten Nebel, die tückischen Strömungen, die Klippen. Um es für die Schiffe etwas sicherer zu machen, wurden dann nach und nach Leuchttürme gebaut, auf der Insel selbst, aber auch an der Küste. Heute gibt es hier, im sogenannten "Mer d’Iroise" die höchste Konzentration von Leuchttürmen in ganz Europa, sodass man in halbwegs klaren Nächten von hier aus rund 20 Leuchtfeuer sehen kann."
Ondine, die aus einer Seemannsfamilie auf Ouessant stammt, steigt mit mir hinauf auf den Phare du Stiff, einen der ältesten Leuchttürme in Frankreich. Ein kalkweiß gestrichener Doppelturm, der von zwei kleinen Wächterhäuschen flankiert wird.
104 Stufen führen bis zu einer kleinen Tür und dann hinaus auf die Balustrade:
"Eigentlich ist dieser Leuchtturm eine Art Militäranlage, denn er diente ursprünglich auch dazu, die französische Küste zu bewachen. Die Insel hat ja eine strategisch wichtige Lage - sie ist nicht weit von England entfernt, aber auch relative nahe am Hafen von Brest, zu Zeiten Vaubans ein wichtiger Militärstützpunkt. Deshalb war es damals auch die Aufgabe des Leuchtturmwärters, das Feuer in der Laterne bloß nicht erlöschen zu lassen, denn es sollten nicht nur Schiffe vor den Klippen gewarnt werden, sondern man hielt auch Ausschau, ob sich englische Schiffe der Küste näherten."
Aber natürlich ist auch der Blick über die Insel aus gut 30 Metern Höhe fantastisch. Gut sind die zerklüftete Küstenlinie zu erkennen, die Weiden mit den vielen Schafen, die kleine Inselhauptstadt Lampaul. Auffällig die große Kirche, davor am Hauptplatz des Ortes ein paar Geschäfte und Crêperien. Einen kleinen Hügel hinunter geht es zum ehemaligen Hafen der Insel:
"Man muss schon ein guter Seemann sein, um es heil in diesen Hafen zu schaffen. Hier kam früher der "Courier des Îles" an - zwei Mal pro Woche, das Schiff, das Festland und Inseln miteinander verband. Die Inselbewohner nahmen es, wenn sie etwas auf dem Festland zu erledigen hatten, es kamen aber ab etwa 1850 auch erste Touristen. Das waren hauptsächlich Künstler, Schriftsteller, Maler, Filmemacher. Alle diejenigen, die sich von der Insel inspirieren lassen wollten. Sie waren fasziniert, weil Ouessant eine Insel ist, die sich eigentlich ständig verändert. Und zwar nicht nur durch die Jahreszeiten, nein, auch mit dem Wetter und dem Licht. Außerdem gab es auf der Insel noch Traditionen, die auf dem Festland längst verloren gegangen waren - und das zog natürlich auch Besucher an, die auf der Suche nach Exotik waren."
Und das ist gerade für viele Künstler auch heute der Grund, weshalb sie zumindest im Sommer einige Monate auf Ouessant verbringen. Die Insel profitiert davon - in den letzten Jahren sind so zahlreiche Kulturveranstaltungen und einige Festivals initiiert worden. Mit teilweise prominenten Teilnehmern wie dem Musiker Yann Thiersen.
"Bei uns hat sich einiges an kulturellen Veranstaltungen entwickelt, wir haben inzwischen eine ganze Reihe von Festivals, Musik, Film zum Beispiel und das zieht wirklich das ganze Jahr über Gäste und viele Künstler an. Das ist nicht nur gut für Ouessant, sondern auch für uns Inselbewohner, denn so können wir Menschen aus der ganzen Welt kennenlernen und trotzdem auf unserer Insel bleiben. Und das ist natürlich wunderbar."

