Eigentlich sind konzertante Opernaufführungen immer halbherzig. Weil das Geld oder auch das erwartete Publikumsinteresse nicht ausreichen, spart man sich den Aufwand eines In-Szene-Setzen. Dass Hans Werner Henzes "Gogo No Eiko" auch rein konzertant ein Triumph wurde, liegt vor allem an der Kraft des Werks, und ein bisschen vielleicht auch den sehr feinsinnigen Lichtstimmungen, die Isao Takashima auf eine Leinwand im Großen Salzburger Festspielhaus zauberte.
Henzes Oper wurde unter dem Titel "Das verratene Meer" erstmals 1990 aufgeführt, er vertonte ein Libretto Hans-Ulrich Treichels, der wiederum einen Roman des Japaners Yukio Mishima bearbeitete. 2003 ließ Henze den deutschen Text ins Japanische rückübersetzen, komponierte etliches hinzu und sorgte in der berühmten Tokioter Suntory Hall für erhebliche Furore. In Salzburg änderte Henze nun abermals einiges, verzichtete etwa auf eine Passage mit elektronischer Musik und kürzte die Dialoge. Dass die Festspiele diese Mischfassung als echte Uraufführung angekündigt haben, mag man somit nur mit einem gewissen Augenzwickern durchgehen lassen.
Im Zentrum der Handlung steht der junge orientierungslose Noboru, der in die Fänge einer brutalen Jugendbande gerät. Man trifft sich allnächtlich, um etwa eine Katze brutal hinzurichten. Als Noborus Mutter, die lange als Witwe gelebt hat, einen neuen Freund mit nach Hause bringt, nimmt das Unheil seinen Lauf. Der Hausfreund ist ein Seemann, der genug von der weiten Welt hat und jetzt Ruhe und das kleine private Glück finden will. Der Sohn wehrt sich gegen den neuen Vater und wohl auch gegen das Glück seiner Mutter, gemeinsam mit den sinistren Kameraden lockt er den Seemann in eine Falle. Bevor ihn die Gruppe - vermutlich - tötet, fällt der Vorhang und die Oper endet.
Neben dieser Splatter-Geschichte hat "Gogo No Eiko" aber auch ein konkretes philosophisches Anliegen, vor allem in Mishimas Vorlage findet sich noch deutlicher die Fragestellung, was ein Leben überhaupt lebenswert macht und ob der Tod nicht das wahre Glück ist. Die Jugendbande begründet ihre Taten damit, Lebewesen wie der getöteten Katze Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, indem sie sie aus ihrer ungerechten Existenz befreien.
Henze hat die sehr dialoglastige Handlung als durchkomponierte Großform angelegt, der kulturelle Raum Japans wird musikalisch vor allem durch die Rhythmik, sowie Gongs, Glocken und das häufig zu hörende Klangblech realisiert. Der eindrucksvoll-düstere Musikfluss wechselt beständig zwischen manchmal fast impressionistisch anmutenden Passagen und großer orchestraler Unruhe - mit grellem Blech und heftigen Eruptionen. Besonders interessant sind die Gesangslinien, denn das Japanische ist ja eher eine kurzatmige, abgehackte Sprache und passt eigentlich überhaupt nicht zu Henzes teils sehr langen kantablen Bögen. Erstaunlicherweise fügt sich die für unsere Ohren fremde Sprache aber gut ein und klingt zuweilen fast wie ein leicht gequetschtes Italienisch.
Durch die konzertante Aufführungsform umging man eine vielleicht naheliegende, moralinsaure Inszenierung, zudem konnte man sich auf die uneingeschränkt formidablen Sänger konzentrieren - besonders exzellent Jun Takahashi als Noboru und Teruhiko Komori als Anführer der Bande. Auch das Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai wurde von Gerd Albrecht bestens geführt.
Auch Karlheinz Stockhausens Orchesterwerk "Mixtur", das die Festspiele als Uraufführung ankündigten, entpuppte sich bei genauem Hinsehen beziehungsweise Hinhören als altbekannt.
1965 führte es der Komponist erstmals auf, revolutionär für die damalige Zeit war die Integration von Live-Elektronik. Der Gipfel technischer Avantgarde war bis dato maximal ein Zuspielband. Für Salzburg hat der Komponist sein Werk kritisch neu be- und durchleuchtet, einiges präzisiert und erweitert.
Der noch amtierende Festspielchef Peter Ruzicka verlas anfangs einen Brief des krankheitsbedingt abwesenden Komponisten, worin dieser das Publikum herzlich grüßte und es zu einer turbulenten Hörreise durch und über Klirrflächen, schlummernde Farbflöße sowie Schreischüsse bis hin zum gläsernen hohen C einlud. Keineswegs spektakulär geriet indes die tatsächliche Tonreise. Das Deutsche Symphonieorchester Berlin spielte unter der straffen Leitung von Wolfgang Lischke in fünf unterschiedlichen Gruppen allerlei komplexe Klangkaskaden, dazu gesellten sich ringmodulierte Bläser- und Streicherfiguren, wummernde Tutti-Beats und gleissende oder auch irisierende Elektro-Glissandi aus dem Mischpult von Klangregisseur André Richard.
Insgesamt 30 Minuten dauern die 20 musikalischen Momente, von denen einige durchaus interessante Begegnungen zwischen realen Instrumenten und virtueller Elektronik bieten - vor allem in Form von Reibungen. Im Ganzen fehlt jedoch ein dramaturgischer oder gar dramatischer Bogen, um den es Stockhausen aber wohl auch nicht geht. Die Musiker, die sämtlich sehr bunt gekleidet sind, leisten Beträchtliches, vor allem, da sie nach erfolgtem ersten Durchgang das Stück gleich nochmal, nämlich rückwärts spielen dürfen. Die Höreindrücke ändern sich dabei erstaunlicherweise kaum - was einem schon ein wenig zu unken, oder auch zu hören gibt. Aber vielleicht ist genau dies ja gewollt.
Henzes Oper wurde unter dem Titel "Das verratene Meer" erstmals 1990 aufgeführt, er vertonte ein Libretto Hans-Ulrich Treichels, der wiederum einen Roman des Japaners Yukio Mishima bearbeitete. 2003 ließ Henze den deutschen Text ins Japanische rückübersetzen, komponierte etliches hinzu und sorgte in der berühmten Tokioter Suntory Hall für erhebliche Furore. In Salzburg änderte Henze nun abermals einiges, verzichtete etwa auf eine Passage mit elektronischer Musik und kürzte die Dialoge. Dass die Festspiele diese Mischfassung als echte Uraufführung angekündigt haben, mag man somit nur mit einem gewissen Augenzwickern durchgehen lassen.
Im Zentrum der Handlung steht der junge orientierungslose Noboru, der in die Fänge einer brutalen Jugendbande gerät. Man trifft sich allnächtlich, um etwa eine Katze brutal hinzurichten. Als Noborus Mutter, die lange als Witwe gelebt hat, einen neuen Freund mit nach Hause bringt, nimmt das Unheil seinen Lauf. Der Hausfreund ist ein Seemann, der genug von der weiten Welt hat und jetzt Ruhe und das kleine private Glück finden will. Der Sohn wehrt sich gegen den neuen Vater und wohl auch gegen das Glück seiner Mutter, gemeinsam mit den sinistren Kameraden lockt er den Seemann in eine Falle. Bevor ihn die Gruppe - vermutlich - tötet, fällt der Vorhang und die Oper endet.
Neben dieser Splatter-Geschichte hat "Gogo No Eiko" aber auch ein konkretes philosophisches Anliegen, vor allem in Mishimas Vorlage findet sich noch deutlicher die Fragestellung, was ein Leben überhaupt lebenswert macht und ob der Tod nicht das wahre Glück ist. Die Jugendbande begründet ihre Taten damit, Lebewesen wie der getöteten Katze Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, indem sie sie aus ihrer ungerechten Existenz befreien.
Henze hat die sehr dialoglastige Handlung als durchkomponierte Großform angelegt, der kulturelle Raum Japans wird musikalisch vor allem durch die Rhythmik, sowie Gongs, Glocken und das häufig zu hörende Klangblech realisiert. Der eindrucksvoll-düstere Musikfluss wechselt beständig zwischen manchmal fast impressionistisch anmutenden Passagen und großer orchestraler Unruhe - mit grellem Blech und heftigen Eruptionen. Besonders interessant sind die Gesangslinien, denn das Japanische ist ja eher eine kurzatmige, abgehackte Sprache und passt eigentlich überhaupt nicht zu Henzes teils sehr langen kantablen Bögen. Erstaunlicherweise fügt sich die für unsere Ohren fremde Sprache aber gut ein und klingt zuweilen fast wie ein leicht gequetschtes Italienisch.
Durch die konzertante Aufführungsform umging man eine vielleicht naheliegende, moralinsaure Inszenierung, zudem konnte man sich auf die uneingeschränkt formidablen Sänger konzentrieren - besonders exzellent Jun Takahashi als Noboru und Teruhiko Komori als Anführer der Bande. Auch das Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai wurde von Gerd Albrecht bestens geführt.
Auch Karlheinz Stockhausens Orchesterwerk "Mixtur", das die Festspiele als Uraufführung ankündigten, entpuppte sich bei genauem Hinsehen beziehungsweise Hinhören als altbekannt.
1965 führte es der Komponist erstmals auf, revolutionär für die damalige Zeit war die Integration von Live-Elektronik. Der Gipfel technischer Avantgarde war bis dato maximal ein Zuspielband. Für Salzburg hat der Komponist sein Werk kritisch neu be- und durchleuchtet, einiges präzisiert und erweitert.
Der noch amtierende Festspielchef Peter Ruzicka verlas anfangs einen Brief des krankheitsbedingt abwesenden Komponisten, worin dieser das Publikum herzlich grüßte und es zu einer turbulenten Hörreise durch und über Klirrflächen, schlummernde Farbflöße sowie Schreischüsse bis hin zum gläsernen hohen C einlud. Keineswegs spektakulär geriet indes die tatsächliche Tonreise. Das Deutsche Symphonieorchester Berlin spielte unter der straffen Leitung von Wolfgang Lischke in fünf unterschiedlichen Gruppen allerlei komplexe Klangkaskaden, dazu gesellten sich ringmodulierte Bläser- und Streicherfiguren, wummernde Tutti-Beats und gleissende oder auch irisierende Elektro-Glissandi aus dem Mischpult von Klangregisseur André Richard.
Insgesamt 30 Minuten dauern die 20 musikalischen Momente, von denen einige durchaus interessante Begegnungen zwischen realen Instrumenten und virtueller Elektronik bieten - vor allem in Form von Reibungen. Im Ganzen fehlt jedoch ein dramaturgischer oder gar dramatischer Bogen, um den es Stockhausen aber wohl auch nicht geht. Die Musiker, die sämtlich sehr bunt gekleidet sind, leisten Beträchtliches, vor allem, da sie nach erfolgtem ersten Durchgang das Stück gleich nochmal, nämlich rückwärts spielen dürfen. Die Höreindrücke ändern sich dabei erstaunlicherweise kaum - was einem schon ein wenig zu unken, oder auch zu hören gibt. Aber vielleicht ist genau dies ja gewollt.