" Filmautorin: Und? Hast du deinen Eltern jetzt mal erzählt vom Musical?
Ali: Nein, die glauben, die wissen, dass ich am Theater bin und so.
- Lädst du sie ein zur Premiere?
- Nein, pffft! Ich bitte dich! Hör doch auf! Nein, Mann!
- Warum nicht, Ali?
- Du musst das verstehen, Mann, wir sind nicht so wie Deutsche, so alles. Das ist ganz anders bei uns! Mein Vater wird sich freuen, wenn ich anfangen würde zu beten und mich richtig Gott widmen. Nicht, wenn ich in einem Musical mitmache, wenn ich wie ein Hampelmann da rumtanze und springe und so. Wenn ich meinem Vater sagen würde: Papa, ich habe angefangen zu beten, ich will jeden Freitag in die Moschee - da würde der sich freuen!"
Aus der prämierten Dokumentation "Wo lebst du?"
Der 21jährige Marokkaner Ali, der Schauspieler werden möchte, ist einer von vier moslemischen Jugendlichen, die Bettina Braun zwei Jahre lang in Köln mit der Kamera begleitet hat. Ihr außergewöhnlicher Film Was lebst du? über heutige Migrantenkinder in zweiter Generation erhielt den Phönix-Preis für die beste Dokumentation auf der Cologne Conference. Ende November wird Brauns Reportage im ZDF ausgestrahlt. Im September kommt ihr Film sogar noch ins deutsche Kino. Denn derart spannendes und gut gemachtes Fernsehen wie in Was lebst du? bekommt man sonst kaum auf deutschen Bildschirmen zu sehen. Selten sind so viele deutsche TV-Formate gefloppt wie im letzten Jahr. Von daher standen die Debatten auf der Cologne Conference diesmal unter einem höchst kämpferischen Motto: "Prinzip Verantwortung" hieß die Überschrift, unter der über nichts Geringeres als die Rückbesinnung auf alte Qualitäts-Standards diskutiert wurde. Vom so genannten Trash-TV à la Big Brother hat die Mehrheit der deutschen Fernseh-Zuschauer nämlich schon lange genug. Das weiß auch Roger Schawinski, Programmdirektor von SAT 1:
" Es gab dann ja, vor allem in den letzten zwei Jahren, diese Reality-TV-Phase, die ja dann zum Teil sehr seltsame Blüten getrieben hat. Und da haben wir uns verabschiedet und machen das nicht mit. Bei uns werden keine Kakerlaken gegessen. Und wird auch nicht im Schlamm gewühlt - all' diese Dinge haben wir bewusst nicht gemacht. Ich habe die Schönheitsoperationen ausgelassen, ebenso "Hire and Fire", da habe ich ganz bewusst gesagt: das machen wir nicht, und ich fühle mich recht wohl dabei. "
Nicht nur SAT 1-Chef Roger Schawinski - also jener Mann, der vor anderthalb Jahren Harald Schmidt vor die Tür setzte - ist neuerdings um ein seriöses Image seines Senders bemüht. Reine Verulkungsformate machen in Zeiten von Hartz IV und wachsender Arbeitslosigkeit auch sonst kaum noch Quote. Wo die Angst vor einer ungewissen Zukunft regiert, wächst das Interesse an Fernseh-Sendungen, die sich wieder ernsthafter mit gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen auseinandersetzen. Dafür bürgt schon der Erfolg so genannter Servicetainment-Formate, wie etwa der "Super-Nanny" auf RTL, die tröstlich-klare Lebensregeln vorgeben. Doch die "Super-Nanny" ist, wie das Meiste im deutschen Fernsehen, auch wieder nur eine ausländische Kopie. Für eigene Experimente nämlich fehlt es hiesigen Programm-Machern - im steten Blick auf die Quote - weiterhin an Mut. Sehr zum Ärger der deutschen Fernseh-Produzenten wie Friedrich Küppersbusch, ehemaliger Vorzeigejournalist des WDR - und heute Direktor der Produktionsfirma probono. Die Sender-Chefs, klagt Küppersbusch, hätten viel zu wenig Geduld mit neuen Format-Ideen, die es doch braucht, damit das deutsche Fernsehprogramm wieder spannender, überraschender und besser wird:
" Es gäbe Frau Christiansen nicht, die ist ein Jahr lang hingerichtet worden. Der Martin Hoffmann war als Programmentscheider zwei Jahre verantwortlich bei SAT 1 für Harald Schmidt, der ist zwei Jahre lang hingerichtet worden. Die Sachen, die heute diese kleinen Fernseh-Denkmäler sind, die es in Deutschland gibt, die sind als Innovationen gnadenlos kaputt geschossen worden. Und hatten dann zufällig den Hierarchen, der den Arsch in der Hose hatte. "
Mit der Digitalisierung wird es in Zukunft noch mehr Fernsehkanäle geben - und damit auch noch mehr Fernseh-Konkurrenz. Der Trend geht hin zu Spartenkanälen. Wie in den USA wird man auch hierzulande schon bald per Internet oder Satellit extra Sender für ganz bestimmte Hobbys empfangen können. Sender etwa nur fürs Kochen oder nur fürs Angeln, oder auch nur fürs Golfen. Damit aber wächst gleichzeitig die Gefahr von weiterem Product Placement in der Fernsehbranche, wie es nach dem Marienhof-Skandal gerade heftig kritisiert wird. In der EU ist man sich hier schon einig, dass die festen TV-Werbezeiten künftig gelockert werden. Demnächst also dürfen wahrscheinlich auch in Deutschland Werbedauer-Sendungen laufen, in denen Product Placement an der Tagesordnung ist, so lange die Werbung klar gekennzeichnet ist. Friedrich Küppersbusch hat angesichts dieser Entwicklung einen recht ungewöhnlichen Vorschlag: Seiner Ansicht nach sollte Werbung allein den kommerziellen Sendern vorbehalten bleiben. Und die öffentlich-rechtlichen Anstalten sollten - im Hinblick auf ihren Gebühren-finanzierten Programmauftrag - am besten ganz auf Werbe-Einkünfte verzichten:
" Ich würde umgekehrt darüber nachdenken, ob es die Werbung dann noch geben sollte, wenn man Gebühren bekommt. Man sieht, welche unseligen Folgen das hat, wenn überhaupt zwischen Öffentlich-rechtlichen Unternehmen und der Werbewirtschaft offenbar nicht gut gepflegte und nicht beaufsichtigte Kontakte bestehen, das ist die aktuelle Debatte um Schleichwerbung. Und im übrigen: das Geld, das die da abziehen, das sollen sie sich dann bei der nächsten Gebührenerhöhung noch mal holen. Und dann aber wirklich den Werbemarkt in Ruhe lassen. Die kriegen das ja auf der Schiene zurück, dass, wenn die kommerziellen Sender nicht mehr satt werden in Deutschland, dann zünden die über ihre politischen Agenden eine Debatte über die Abschaffung von öffentlich-rechtlichem Rundfunk, das hatten wir nach der Stoiber-Biedenkopf-Debatte vor acht Jahren, und das wird jetzt nach dem Machtwechsel wiederkommen. "
Ali: Nein, die glauben, die wissen, dass ich am Theater bin und so.
- Lädst du sie ein zur Premiere?
- Nein, pffft! Ich bitte dich! Hör doch auf! Nein, Mann!
- Warum nicht, Ali?
- Du musst das verstehen, Mann, wir sind nicht so wie Deutsche, so alles. Das ist ganz anders bei uns! Mein Vater wird sich freuen, wenn ich anfangen würde zu beten und mich richtig Gott widmen. Nicht, wenn ich in einem Musical mitmache, wenn ich wie ein Hampelmann da rumtanze und springe und so. Wenn ich meinem Vater sagen würde: Papa, ich habe angefangen zu beten, ich will jeden Freitag in die Moschee - da würde der sich freuen!"
Aus der prämierten Dokumentation "Wo lebst du?"
Der 21jährige Marokkaner Ali, der Schauspieler werden möchte, ist einer von vier moslemischen Jugendlichen, die Bettina Braun zwei Jahre lang in Köln mit der Kamera begleitet hat. Ihr außergewöhnlicher Film Was lebst du? über heutige Migrantenkinder in zweiter Generation erhielt den Phönix-Preis für die beste Dokumentation auf der Cologne Conference. Ende November wird Brauns Reportage im ZDF ausgestrahlt. Im September kommt ihr Film sogar noch ins deutsche Kino. Denn derart spannendes und gut gemachtes Fernsehen wie in Was lebst du? bekommt man sonst kaum auf deutschen Bildschirmen zu sehen. Selten sind so viele deutsche TV-Formate gefloppt wie im letzten Jahr. Von daher standen die Debatten auf der Cologne Conference diesmal unter einem höchst kämpferischen Motto: "Prinzip Verantwortung" hieß die Überschrift, unter der über nichts Geringeres als die Rückbesinnung auf alte Qualitäts-Standards diskutiert wurde. Vom so genannten Trash-TV à la Big Brother hat die Mehrheit der deutschen Fernseh-Zuschauer nämlich schon lange genug. Das weiß auch Roger Schawinski, Programmdirektor von SAT 1:
" Es gab dann ja, vor allem in den letzten zwei Jahren, diese Reality-TV-Phase, die ja dann zum Teil sehr seltsame Blüten getrieben hat. Und da haben wir uns verabschiedet und machen das nicht mit. Bei uns werden keine Kakerlaken gegessen. Und wird auch nicht im Schlamm gewühlt - all' diese Dinge haben wir bewusst nicht gemacht. Ich habe die Schönheitsoperationen ausgelassen, ebenso "Hire and Fire", da habe ich ganz bewusst gesagt: das machen wir nicht, und ich fühle mich recht wohl dabei. "
Nicht nur SAT 1-Chef Roger Schawinski - also jener Mann, der vor anderthalb Jahren Harald Schmidt vor die Tür setzte - ist neuerdings um ein seriöses Image seines Senders bemüht. Reine Verulkungsformate machen in Zeiten von Hartz IV und wachsender Arbeitslosigkeit auch sonst kaum noch Quote. Wo die Angst vor einer ungewissen Zukunft regiert, wächst das Interesse an Fernseh-Sendungen, die sich wieder ernsthafter mit gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen auseinandersetzen. Dafür bürgt schon der Erfolg so genannter Servicetainment-Formate, wie etwa der "Super-Nanny" auf RTL, die tröstlich-klare Lebensregeln vorgeben. Doch die "Super-Nanny" ist, wie das Meiste im deutschen Fernsehen, auch wieder nur eine ausländische Kopie. Für eigene Experimente nämlich fehlt es hiesigen Programm-Machern - im steten Blick auf die Quote - weiterhin an Mut. Sehr zum Ärger der deutschen Fernseh-Produzenten wie Friedrich Küppersbusch, ehemaliger Vorzeigejournalist des WDR - und heute Direktor der Produktionsfirma probono. Die Sender-Chefs, klagt Küppersbusch, hätten viel zu wenig Geduld mit neuen Format-Ideen, die es doch braucht, damit das deutsche Fernsehprogramm wieder spannender, überraschender und besser wird:
" Es gäbe Frau Christiansen nicht, die ist ein Jahr lang hingerichtet worden. Der Martin Hoffmann war als Programmentscheider zwei Jahre verantwortlich bei SAT 1 für Harald Schmidt, der ist zwei Jahre lang hingerichtet worden. Die Sachen, die heute diese kleinen Fernseh-Denkmäler sind, die es in Deutschland gibt, die sind als Innovationen gnadenlos kaputt geschossen worden. Und hatten dann zufällig den Hierarchen, der den Arsch in der Hose hatte. "
Mit der Digitalisierung wird es in Zukunft noch mehr Fernsehkanäle geben - und damit auch noch mehr Fernseh-Konkurrenz. Der Trend geht hin zu Spartenkanälen. Wie in den USA wird man auch hierzulande schon bald per Internet oder Satellit extra Sender für ganz bestimmte Hobbys empfangen können. Sender etwa nur fürs Kochen oder nur fürs Angeln, oder auch nur fürs Golfen. Damit aber wächst gleichzeitig die Gefahr von weiterem Product Placement in der Fernsehbranche, wie es nach dem Marienhof-Skandal gerade heftig kritisiert wird. In der EU ist man sich hier schon einig, dass die festen TV-Werbezeiten künftig gelockert werden. Demnächst also dürfen wahrscheinlich auch in Deutschland Werbedauer-Sendungen laufen, in denen Product Placement an der Tagesordnung ist, so lange die Werbung klar gekennzeichnet ist. Friedrich Küppersbusch hat angesichts dieser Entwicklung einen recht ungewöhnlichen Vorschlag: Seiner Ansicht nach sollte Werbung allein den kommerziellen Sendern vorbehalten bleiben. Und die öffentlich-rechtlichen Anstalten sollten - im Hinblick auf ihren Gebühren-finanzierten Programmauftrag - am besten ganz auf Werbe-Einkünfte verzichten:
" Ich würde umgekehrt darüber nachdenken, ob es die Werbung dann noch geben sollte, wenn man Gebühren bekommt. Man sieht, welche unseligen Folgen das hat, wenn überhaupt zwischen Öffentlich-rechtlichen Unternehmen und der Werbewirtschaft offenbar nicht gut gepflegte und nicht beaufsichtigte Kontakte bestehen, das ist die aktuelle Debatte um Schleichwerbung. Und im übrigen: das Geld, das die da abziehen, das sollen sie sich dann bei der nächsten Gebührenerhöhung noch mal holen. Und dann aber wirklich den Werbemarkt in Ruhe lassen. Die kriegen das ja auf der Schiene zurück, dass, wenn die kommerziellen Sender nicht mehr satt werden in Deutschland, dann zünden die über ihre politischen Agenden eine Debatte über die Abschaffung von öffentlich-rechtlichem Rundfunk, das hatten wir nach der Stoiber-Biedenkopf-Debatte vor acht Jahren, und das wird jetzt nach dem Machtwechsel wiederkommen. "