Der Architekt Philipp Oswalt, Leitungsmitglied der Projektgruppe, gesteht ohne weiteres ein, dass das Gebäude von außen wie eine hässliche und mittlerweile schmuddelige Schachtel ausschaut, und doch ist er von der Ästhetik und den Möglichkeiten des zentralen, riesig-offenen Innenraumes fasziniert.
Das gestrige Eröffnungsspektakel zog wahre Menschenmassen an. Zehn Jahre lang war das Haus nicht zugänglich, ein paar überlaufene öffentliche Führungen gab es, der BDI hat hier getagt und die chinesische Terrakotta-Armee wurde im Erdgeschoss ausgestellt, doch öffentlich zugänglich, als so genannter Volkspalast, ist es erst wieder seit gestern für eine dreimonatige kulturelle Nutzung. Aber auch McKinsey wird hier sein 40jähriges Firmenjubiläum feiern, und die Berliner Festspiele wollen Frank Castorf hier in die Lage versetzen, seine Züricher Inszenierung von Döblins "Berlin Alexanderplatz" in größerem Rahmen zu wiederholen.
Die Zeit, die dem Palast noch gegönnt ist, scheint wegen eines vor allem ideologisch motivierten Abrissbeschlusses des Bundestags klein. Doch da der Abriss vermutlich doppelt so viel wie die veranschlagten 30 Millionen Euro kosten würde und auch keine Gelder für einen Neubau, ob mit oder ohne Schlossfassade, vorhanden sind, liefert die Zwischenpalastnutzung Material für eine praktische Zukunft des bestehenden Gebäudes.
Die Gruppe rund um Amelie Deuflhard, Leiterin der Sophiensäle, der wichtigsten Berliner Spielstätte für freies und avantgardistisches Theater, hatte kein spektakuläres, aber buntes Programm mit vielen kleinen, zur Beteiligung der Besucher einladenden Projekten für die Eröffnung zusammengestellt.
Die Buntheit des Programms mit Theater, Tanz, Performance, Raumerkundungen und Interaktionen entsprach der Multifunktionalität des Gebäudes. Das ganze: große Party, buntes Spektakel, Erinnerungsshow mit Zukunftsblick. So durchzogen Hammond-Orgel-Variationen der Musik aus Plenzdorfs "Paul und Paula"-Film das Gebäude, an Luftballons schwebten und schmolzen in Eis gegossene winzige Spielzeug-NVA-Soldaten, mit Volksradios konnte man sich auf Erkundungstour durch das Gebäude schicken lassen, und auf einer Volkswiese konnte man sich mit Gitarristen zu Volks- oder Protestsongs im Geiste Dean Reads niederlassen.
Hier war alles fürs Volk. Nur der Volkskammersaal blieb geschlossen, und die Reden der Offiziellen dröhnten unverständlich am Publikum vorbei. Was aber die augenblickliche Event-Begeisterung der Berliner für die Zukunft des Palastes bewirkt, das allerdings bleibt abzuwarten.