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Grundgesetzänderung
Bundestag stimmt für Lockerung des Kooperationsverbotes

Mit den Stimmen der Regierungskoalition und der Opposition mit Ausnahme der AfD hat der Deutsche Bundestag einer Änderung des Grundgesetzes und damit für eine Lockerung des Kooperationsverbotes zugestimmt. Damit kann der Bund künftig in Schulen investieren. Allerdings: Aus den Ländern gibt es Widerstand.

Von Christiane Habermalz | 29.11.2018
    Schüler arbeiten in einem Klassenraum einer Grundschule an Computern.
    Aufseiten der Länder wächst der Widerstand gegen eine Lockerung des Kooperationsverbotes (dpa / Friso Gentsch)
    So viel Einigkeit ist selten im Deutschen Bundestag. Mit den Stimmen der Regierungskoalition und der Opposition - mit Ausnahme der AfD - stimmte der Bundestag für eine Änderung des Grundgesetzes, die es dem Bund künftig möglich macht, auch in Schulen zu investieren. Einzig die AfD war dagegen. Götz Frömming, bildungspolitischer Sprecher der Partei im Bundestag:
    "Also so einen Murks hat die Welt noch nicht gesehen, man muss kein Jurist sein, um das zu erkennen. Was wir heute hier vornehmen, was Sie vornehmen, ist ein Frontalangriff auf die föderalen Strukturen unseres Staates, meine Damen und Herren."
    Die AfD würde antiquierten Föderalismusvorstellungen anzuhängen, konterte Bundesjustizministerin Katarina Barley von der SPD. Gerechte Bildungschancen für alle dürften nicht daran scheitern, dass der Bund vorhandenes Geld nicht ausgeben dürfe.
    "Das wäre absurd, und es ist schon interessant, dass die AfD die einzige Partei in diesem Hause ist, die offensichtlich das Ohr nicht an den Sorgen der Bürgerinnen und Bürger hat, bei Ihnen treten offensichtlich keine Bürger in der Bürgersprechstunde auf, die Ihnen sagen, dass die Verhältnisse in Schulen dringend verbesserungsbedürftig sind. Wir sehen das und wir werden das auch ändern."
    Eine schwierige Geburt
    Die Grundgesetzänderung hatte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek zur Voraussetzung gemacht, damit die zugesagten 5,5 Milliarden Euro des Bundes für IT-Ausstattung und Internet-Anbindung der Schulen fließen. Eine schwierige Geburt, denn für Verfassungsänderungen ist in Bundestag und Bundesrat jeweils eine Zwei-Drittelmehrheit notwendig.
    FDP und Grüne gaben ihre Zustimmung nur um den Preis einer weiteren Lockerung des von ihnen gleichermaßen verabscheuten Kooperationsverbotes. Sie erreichten, dass der Bund nicht, wie von der Koalition ursprünglich beabsichtigt, nur in Infrastruktur, sondern auch in Maßnahmen zur Qualität des Unterrichts investieren dürfen. Für FDP-Chef Christian Linder eine wichtige Zäsur, wie er am Beispiel des Digitalpaktes deutlich machte.
    "Es wird möglich, dass nicht nur in Kabel investiert werden kann, sondern eben auch in personelle Unterstützung mindestens zu Beginn eines Programmes, sei es durch Systemadministratorinnen und Administratoren oder durch pädagogische Coaches oder eben auch Lehrkräfte, je nach dem wie ein Programm gestaltet wird."
    Zustimmung in der Länderkammer bröckelt
    Zuvor hatten sich die Kultusminister der Länder mit dem Bund bereits darauf geeinigt, dass aus den Mitteln des Digitalpakts ab 2019 jede Schule in Deutschland allein für die Ausstattung mit Laptops, Notebooks und Tablets bis zu 25.000 Euro erhalten soll. Eigentlich alle paletti also? Mitnichten. Denn die Ministerpräsidenten sehen das möglicherweise anders als ihre Bildungsminister. Die Zustimmung in der Länderkammer bröckelt. Neben Winfried Kretschmann, dem grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, der schon lange erbittert ankämpft gegen die, ZITAT "schrittweise Aushöhlung der Verwaltungshoheit der Länder" durch den Bund, wollen nun offenbar auch Bayern, Schleswig-Holstein und Hessen gegen die Grundgesetzänderung stimmen.
    Damit wäre die Zwei-Drittelmehrheit im Bundesrat passé, der Vermittlungsausschuss würde aktiv, die Auszahlung der Digitalpakt- Mittel ab Januar nicht mehr möglich.
    Stein des Anstoßes ist vor allem ein Satz des neuen Artikels 104c GG, der den Ländern bei Investitionen des Bundes eine 50-prozentige Kofinanzierung vorschreibt. Das würde zwar noch nicht für den Digitalpakt gelten, der zu 90 Prozent vom Bund finanziert wird, aber für spätere Projekte. Darauf hatten die Haushaltspolitiker des Bundestages gedrungen, um sicherzustellen, dass die Investitionen des Bundes auch tatsächlich zusätzlich fließen.
    Eckhardt Rehberg, Haushaltspolitiker der Unionsfraktion im Bundestag, verwies auf Erfahrungen aus dem sozialen Wohnungsbau. 580 Millionen Euro habe der Bund seit 2007 jedes Jahr dafür an die Länder überwiesen, genug für 50.000 Sozialwohnungen. Gebaut worden sei in einigen Ländern, wie etwa auch in Berlin, keine Einzige. Für den Unionspolitiker steht fest:
    "Wenn wir als Bund sagen, für Wohnungsbau, für Bildung, für kommunalen Straßenbau stellen wir den Ländern, den Kommunen Geld zur Verfügung. Und dann Länder Geld nicht weiterreichen an die Kommunen oder es nicht zweckentsprechend verwendet wird, dann werden wir alle miteinander unglaubwürdig. Die Menschen vor Ort interessiert nur eins, dass sich in der Sache was bewegt, dass Probleme gelöst werden. Herzlichen Dank."