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40 Jahre Junta-Putsch in Griechenland

Vor 40 Jahren, am 21. April 1967, putschten sich in Athen antikommunistischen Offiziere an die Macht. Das Parlament wurde entmachtet, Zehntausende - vor allem Linke - ins Gefängnis gesperrt und auf Gefängnisinseln verbannt. Sieben Jahre herrschte die Militärdiktatur in Griechenland mit brutaler Willkür, Zensur, Folter und Mord. Die Zahl der Opfer geht in die Tausende. Ein dunkles Kapitel jüngerer griechischer Geschichte, dem sich das Land nur ungern stellt.

Von Jerry Sommer | 19.04.2007
    Ein paar Kilometer nördlich von der Akropolis zwitschern die Vögel in einem Park. Am seinem oberen Ende, 200 Meter von der vielbefahrenen Straße hinter Bäumen versteckt, sind drei lang gezogene einstöckige Gebäude. Weiße Mauern, Ziegeldächer, Gitter vor den Fenstern. Heute ist hier ein Museum des nationalen Widerstandes gegen die Junta. Während der Diktatur befand sich in diesen Gebäuden das Hauptquartier der berüchtigten Militärpolizei. Hier wurden Gefangene eingesperrt - und schwer gefoltert.

    Das waren die zwei Einzelzellen, erläutert Fotis Prowatas, der Vorsitzende der "Vereinigung der Opfer der Militärjunta" bei einer kleinen Führung durch das Museum. In dieser Zelle ist zum Beispiel auch Spiros Moustakis zum Krüppel geschlagen worden. Er war ein Offizier, allerdings ein demokratischer, der sich der Junta widersetzt hat, erklärt er.

    Die Einzelzelle ist nur zwei Quadratmeter groß. Daneben sind mehrere circa 20 Quadratmeter große Räume, dort waren die übrigen Gefangenen untergebracht. Die Wände sind leider weiß überstrichen worden, bevor diese Räume zum Museum wurden, bedauert Prowatas. Vielleicht, so vermutet er, könnte man sonst noch Inschriften der Gefangenen erkennen. Prowatas war 1967 ein 24-jähriger Student, aktiv in einer sozialistischen Studentenorganisation und im Dachverband der Studenten. Er gehörte zu den Zehntausenden, die die Militärs verhafteten - und folterten:

    "Elektroschock, Aufhängen an den Beinen von der Decke, Schläge mit Knüppeln, psychologische Folter. Die haben mit mir das übliche gemacht, um Informationen aus mir herauszupressen."

    Das Museum ist ziemlich kahl, man merkt, das nicht viel Geld zur Verfügung steht. In einem Raum stehen Stühle, ein Fernseher und eine Musikanlage. Hier sitzen manchmal Schulklassen und lassen sich von Zeitzeugen Geschichtsunterricht geben.

    Auch die Musik von Mikis Theodorakis wird ihnen dann vorgespielt - des berühmten griechischen Komponisten, den die Militärs sehr bald festnahmen. Damals gingen Gegner der griechischen Diktatur überall in Europa auf die Straße, auch in Deutschland. Im Museum sind auf einer Stelltafel Zeitungsausschnitte über solche Aktionen zu sehen. Prowatas erläutert:

    "Hier ist ein Bericht über eine Demonstration in Stuttgart, 'Freiheit für Theodorakis' steht auf dem abgebildeten Plakat. Solche Proteste gab es in der ganzen Welt."

    Die griechische Demokratie ist heute stabil. Das schätzen auch Fotis Prowatas und seine Mitstreiter so ein. Aber sie sind nicht zufrieden mit der Aufarbeitung dieser dunklen Seiten der Geschichte Griechenlands. Nur wenige Schulklassen kommen ins Museum, um sich zu informieren. Im Schulunterricht wird diese Zeit kaum behandelt. Dora Kalipoliti, die ebenfalls zu der Vereinigung der Junta-Opfer gehört, findet das falsch:

    "Wir möchten, dass diese Zeit in der Schule gründlich behandelt wird. Wie es zur Diktatur gekommen ist, wer verantwortlich dafür war, wer Widerstand geleistet hat. Auch die jüngste Geschichte unseres Landes müssen alle kennen."

    Dass die Junta-Zeit nicht gründlich aufgearbeitet wird, dafür machen die Junta-Opfer politische Interessen verantwortlich. Damals ist der Putsch mit Wissen von Mitarbeitern des CIA durchgeführt worden, an der Spitze der Putschisten stand Georgios Papadopoulos, der sowohl griechischer Offizier als auch CIA-Gehaltsempfänger gewesen ist. Die US-Regierung war nicht unzufrieden über den Putsch, hatte er doch in Washingtoner Sicht die freie Welt vor der kommunistischen Gefahr gesichert. Aus Angst, dem Freund USA auf die Füße zu treten, würden die großen Parteien das Thema Junta lieber umgehen, vermutet Fotis Probatas. Die Konservative Partei hätte auch innenpolitische Gründe zu solch einem Verhalten. Denn ein Teil der Rechten hätte die späteren Putschisten in wichtige Ämter gehievt, später hätte ein Teil der Rechten, die Diktatur unterstützt, meint er:

    "Die heutige konservative Partei ist demokratisch, sie verurteilt die damalige Diktatur, viele Konservative haben gegen die Junta gekämpft. Aber was sie nicht zugeben mag, ist, dass die Diktatur aus ihrem rechten Schoß gekrochen ist. Warum das so war, damit wollen sie sich lieber nicht auseinandersetzen."