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Abstecher zu einem Asteroiden

Als Zwischenstation für eine künftige Marsmission plant die NASA, erstmals Menschen auf einem Asteroiden landen zu lassen. Auf der Jahrestagung des Amerikanischen Instituts für Aeronautik und Astronautik in Kalifornien haben die Raumfahrttechniker die Einzelheiten eines solchen Abstechers erörtert.

Von Guido Meyer | 29.09.2011
    Es gebe so schrecklich viel, was wir über Asteroiden noch nicht wüssten, klagt der Luft- und Raumfahrtingenieur David Akin, Direktor des Labors für Weltraumsysteme der Universität von Maryland. Und das dürfte schlicht daran liegen, dass noch nie irgendjemand oder irgendetwas auf einem gelandet sei.

    "Im Wesentlichen handelt es sich bei Asteroiden um große Steine. Normalerweise sind sie nicht rund wie Planeten sondern uneben. Wir können sie uns als 50 Meter große Kartoffel vorstellen. Einige mögen von Staub bedeckt sein. Rotieren sie schnell genug, könnte diese Eigendrehung den Staub von ihrer Oberfläche geschleudert haben, so dass nur noch nackter Felsen übrig ist. Von den meisten Asteroiden haben wir jedoch noch nie mehr gesehen als einen Punkt im Fernrohr. Ehe wir nicht eine Sonde oder gar Astronauten hinschicken, können wir nicht sagen, was genau wir dort finden würden."

    Beides geht die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA in den kommenden Jahren an. Den Anfang macht 2016 die Mission OSIRIS-REx. Klingt nicht nur schön, sondern heißt auch was, steht nämlich für Spectral Interpretation Resource Identification Security Regolith Explorer - eine Sonde also, die den Staub und die feste Oberfläche eines Asteroiden im Visier hat, wie James Crocker erläutert, der als Vize-Präsident beim US-Raumfahrtkonzern Lockheed Martin in Denver für den Bau von OSIRIS-REx verantwortlich zeichnet.

    "Wir werden eine Art Antistaubstauger an Bord haben. Von Bord der Sonde aus wird er auf die Oberfläche des Asteroiden blasen und das aufgewirbelte Material aufsaugen. Es wird dann in einer Kapsel aufbewahrt und zur Erde geflogen."

    Nach diesem unbemannten Test soll Anfang der zwei-tausend-zwanziger Jahre ein Abstecher von drei Astronauten zu einem weiteren erdnahen Asteroiden folgen. Der neue Schwerlastträger SLS soll eine entsprechendes Mannschaftskapsel ins All schießen, die um ein Wohnmodul erweitert wird, das durch mehrere Schichten in der Außenhaut die Crew vor kosmischer Strahlung schützt. Am Asteroiden angekommen könne dieses Raumschiff dann aber nicht landen, so David Akin.

    "Die Sonnenzellen-Ausleger des Schiffes dürfen auf keinen Fall mit dem Staub auf dem Asteroiden in Kontakt kommen. Sicherheitshalber sollten die Astronauten aussteigen und sich dem Astronauten mit Raketenrucksäcken nähern."

    Da Asteroiden aufgrund ihrer geringen Größe über so gut wie keine Schwerkraft verfügen, könnten die Astronauten nicht auf ihm herumspazieren, sondern würden stets knapp über der Oberfläche des Gesteinsbrockens schweben.

    "Die Anziehungskraft auf einem Asteroiden ist so gering, dass ein fallen gelassener Gegenstand aus Schulterhöhe etwa dreißig Sekunden benötigt, um den Boden zu erreichen. Die Astronauten würden sich also eher wie Taucher in einem Swimmingpool bewegen."

    Die NASA hat mehrere Studien in Auftrag gegeben, wie genau das Raumschiff aussehen soll, das erstmals Menschen aus dem Erde-Mond-System heraustragen wird. Strittig ist derzeit noch, ob das Schiff rotieren und so künstliche Gravitation erzeugen soll. Möglicherweise kann darauf verzichtet werden, denn ein Trip zu einem erdnahen Asteroiden und zurück dürfte sechs bis acht Monate dauern, also kaum länger als ein Langzeitaufenthalt auf der ISS - ohne Eigendrehung.