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Äquatorialguinea in der CPLP
Aufweichung demokratischer Prinzipien

Der Beitritt von Äquatorialguinea zur Gemeinschaft portugiesischsprachiger Länder (CPLP) wird kritisch beobachtet. Der Staat gilt als einer der korruptesten Afrikas, Menschenrechte existieren laut Experten nur auf dem Papier. Wirtschaftliche Interessen Portugals und Brasiliens scheinen im Vordergrund des Beitritts zu stehen.

Von Tilo Wagner | 04.03.2014
    "Wir sind zufrieden, dass Äquatorialguinea unsere Anforderungen erfüllt."
    Der portugiesische Außenminister Rui Machete ließ keinen Zweifel offen: Äquatorialguinea werde in die Comunidade dos Países de Língua Portuguesa - die "Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder" - aufgenommen werden. Im Juli sollen die Staats- und Regierungschefs der bisherigen acht CPLP-Mitgliedsstaaten, darunter Brasilien, Portugal und Angola, den Beitritt offiziell beschließen.
    Doch die Aufnahme des südwestafrikanischen Staates wird in Portugal heftig kritisiert. Jahrelang hatte sich Lissabon gegen den Beitritt Äquatorialguineas gewehrt, das von einem der korruptesten Regimes Afrikas gelenkt wird.
    Ana Lúcia Sá vom Afrika-Zentrum der Universität Lissabon befürchtet, dass die Staatengemeinschaft CPLP ihre demokratischen Ideale jetzt über Bord werfe:
    "Leider ist das ein Zeichen dafür, dass man sich in der CPLP alles mit Geld erkaufen kann. In Äquatorialguinea ist Portugiesisch nur Amtssprache, weil das Regime es so will. Niemand spricht dort unsere Sprache. Und die internationale Anerkennung erkauft sich das Regime gegen den Willen der eigenen Bevölkerung und gegen den Protest der Zivilgesellschaft in der portugiesischsprachigen Welt."
    Menschenrechte in Gefahr
    Äquatorialguinea war zwar bis Ende des 18. Jahrhunderts portugiesische Kolonie, ging dann jedoch in den Besitz Spaniens über und hat seine portugiesischen Wurzeln so gut wie verloren. Auf der Suche nach internationaler Anerkennung stellte das Land einen Antrag auf Mitgliedschaft in der CPLP und führte Portugiesisch neben Spanisch und Französisch als dritte Amtssprache ein, obwohl fast keiner im Land die Sprache der ehemaligen Kolonialherren noch spricht.
    Sehr viel schwerwiegender als die sprachliche und kulturelle Distanz werten die Kritiker jedoch die Lage der Menschenrechte. Demokratie existiert nur auf dem Papier, Regimegegner werden systematisch verfolgt und gefoltert. Seit 1979 regiert Präsident Teodoro Obiang das Land, das mittlerweile der drittgrößte ölexportierende Staat im südlichen Afrika ist.
    Die "Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder" wurde Mitte der 1990er-Jahre auf Initiative Portugals gegründet. Lissabon versuchte so die Beziehungen zu den ehemaligen Kolonien neu zu definieren. Doch anders als England im Commonwealth nimmt Portugal in der CPLP keine Führungsrolle ein. Schließlich leben allein in Brasilien fast Zwanzigmal so viele portugiesisch sprechende Menschen wie in Portugal - und die Wirtschaft des südamerikanischen Staates ist zehnmal so groß wie die des ehemaligen Mutterlandes.
    Carlos Gaspar vom Lissabonner Institut für Internationale Beziehungen glaubt, dass Portugal immer im brasilianischen Fahrwasser steuern werde:
    "Es war unmöglich, einen Verbund portugiesischsprachiger Länder ohne Brasilien zu gründen. Doch in dem Moment, in dem Brasilien Teil der CPLP wurde, hat das Land die Führungsposition übernommen. Und es ist nach fast 20 Jahren immer noch nicht klar, was Brasilien mit der CPLP eigentlich vorhat."
    Wirtschaftliche Interessen im Vordergrund
    Kurzfristige wirtschaftliche Interessen im Energie- und Bausektor in Afrika, so Carlos Gaspar, schienen für Brasilien zur Zeit wichtiger zu sein, als die Bewahrung demokratischer Ideale im Kreis der portugiesischsprachigen Länder.
    Und auch die portugiesische Regierung muss sich den Vorwurf gefallen lassen, aus ökonomischen Gründen einem Beitritt Äquatorialguineas zuzustimmen. Denn Lissabon gibt den Widerstand gegen eine Aufnahme des südwestafrikanischen Landes ausgerechnet zu einem Zeitpunkt auf, da in Portugal die Finanzkraft des Obiang-Regimes spürbar wird. Ein Staatsunternehmen aus Äquatorialguinea will elf Prozent der angeschlagenen portugiesischen Privatbank Banif übernehmen, die im vergangenen Jahr von der portugiesischen Regierung vor einer Pleite bewahrt werden musste.
    Der Außenpolitikexperte Gaspar weist daraufhin, dass Portugal in der Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder die Demokratie immer wieder mit Erfolg gefördert habe, zum Beispiel in Mosambik oder in Osttimor. Deshalb dürfe die Finanz- und Wirtschaftskrise in Portugal auch jetzt keine Ausrede sein, um die Prinzipien der portugiesischen Außenpolitik aufzuweichen:
    "Gerade weil wir in Portugal eine schwere Krise erleben, ist das jetzt der beste Moment, um zu zeigen, dass unsere Außenpolitik von demokratischen Prinzipien bestimmt ist. Doch leider scheint gerade genau das Gegenteil der Fall zu sein."