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Agrarpolitik
EU-Kommissar will Exporthilfen nach Afrika abschaffen

EU-Agrarkommissar Ciolos hat sich für ein Ende der Subventionierung europäischer Agrarexporte nach Afrika ausgesprochen. Kritiker sehen darin nur einen symbolischen Schritt mit begrenzter Wirkung: Afrikas Bauern dürften demnach weiter unter Ausfuhren von billigem Fleisch aus der EU leiden.

Von Jule Reimer | 17.01.2014
    "Ich bin bereit, ein für alle Mal auf die Erstattung für Ausfuhren in die Entwicklungsländer vollständig zu verzichten – selbst in Krisenzeiten, wenn dieses Instrument noch angewendet werden könnte."
    Mit dieser Ankündigung überraschte gestern Abend EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos anlässlich der Eröffnungsfeier zur Grünen Woche. "Stoppt die Ausfuhrförderung für Getreide, Milch oder Hähnchenteile" war eigentlich eine der wichtigsten Forderungen der entwicklungspolitischen Lobby an die EU, weil damit Kleinbauern als Lieferanten verdrängt wurden. Stig Tanzmann von "Brot für die Welt" ist dennoch nicht zufrieden:
    "Über die Exportsubventionen sind afrikanische Staaten von Getreideimporten abhängig geworden. Sie müssen das Getreide jetzt importieren und die Preise für Getreide sind mittlerweile so hoch, dass man keine Exportsubventionen mehr braucht, deshalb kann man die Exportsubventionen auch abschaffen."
    Grundsätzliche Auseinandersetzung mit Auswirkung der EU-Politik fehlt
    Außerdem vermisst Agrarexperte Tanzmann eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der EU-Politik:
    "Es gibt massive Probleme, die immer noch bestehen für die Entwicklungsländer. Die ganze Frage der Fleischexporte wird überhaupt nicht durch die Frage der Exportsubventionen angerührt. Das ist ja auch die Frage, die hier in Berlin mit der Demonstration immer wieder hochgebracht wird: Fleischexporte und Sojaimporte, um das Ganze überhaupt zu produzieren."
    Auch Bundesregierung hat Fleischexport massiv gefördert
    Auch die Bundesregierung hat in den letzten Jahren den Fleischexport massiv gefördert – zum Teil mit indirekten Subventionen. Skeptisch wird in der entwicklungspolitischen Szene deshalb Ciolos Ankündigung aufgenommen, die Absatzförderung von europäischen Agrarprodukten deutlich aufzustocken, auf 200 Millionen Euro bis 2020 – eine Verdreifachung des bisherigen Budgets.
    Tanzmann: "Vielleicht meinen sie China, aber wenn man weiß, dass 40 Prozent des europäischen Hähnchenfleischs nach Afrika exportiert wird, dann muss man sagen, das sind auf jeden Fall auch problematische Mengen für andere Länder."
    "Das ist schon sehr widersprüchlich in unseren Augen."
    Eigentlich haben alle Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO unterschrieben, Exportsubventionen zu verbannen. Die EU hatte sich jedoch eine Sondergenehmigung besorgt, in Krisenzeiten auf bis zu 8 Milliarden Euro Ausfuhrförderung zurückgreifen zu können. So richtig mag Tanzmann nicht glauben, dass die EU-Kommission dieses Privileg komplett aufgeben wird und:
    "Dann, noch viel fataler aus unserer Sicht, knüpft er die Streichung der Exportsubventionen – oder das, was er unter dem Ende versteht - an die Economic Partnership Agreements mit Afrika, die EPAs. Afrika soll seine Märkte öffnen, damit wir ein Instrument abschaffen, was eigentlich schon nicht mehr relevant ist. Das ist schon sehr widersprüchlich in unseren Augen."
    Diese "Wirtschaftspartnerschaftsverträge" mit der EU zu unterschreiben, davon hatte übrigens schon 2006 sogar der damalige Bundespräsident und Ex-IWF-Chef Horst Köhler seinen afrikanischen Amtskollegen abgeraten.