Freitag, 29. März 2024

Archiv


Alternativen für bessere Hungerbekämpfung

Die Hilfsorganisation Brot für die Welt und das Aktionsnetzwerk FIAN haben das Jahrbuch zum Menschenrecht auf Nahrung 2013 vorgestellt. Darin thematisieren sie vor allem zwei Problematiken von Entwicklungsländern: die Privatisierung von Ackerland sowie die Situation der Frauen.

Von Dieter Nürnberger | 11.10.2013
    Die evangelische Hilfsorganisation Brot für die Welt und FIAN, das steht für das Informations- und Aktionsnetzwerk "Food first", also "Nahrung zuerst" - nehmen den heutigen Welternährungstag zum Anlass, um Alternativen für eine verbesserte Hungerbekämpfung aufzuzeigen. Im soeben der Presse vorgestellten "Jahrbuch zum Menschenrecht auf Nahrung" stehen in diesem Jahr vor allem zwei Entwicklungen, die die Experten mit Sorge verfolgen. Zum einen geht es um den weiterhin anhaltenden Trend in vielen Entwicklungsländern, Ackerland zu privatisieren - damit allerdings werde vielen Kleinbauern die Lebensgrundlage entzogen. Das Jahrbuch nennt hier sehr viele Beispiele aus aller Welt - Roman Herre, der Agrarreferent von FIAN blickt exemplarisch nach Afrika, wo diese Fehlentwicklungen besonders häufig zu beobachten seien:

    "In Mosambik werden beispielsweise riesige Flächen für Forstplantagen für den Export von Holz oder auch Holzpellets aufgebaut. Hier geht es um viele Tausend Hektar Land - auf diesem Land haben aber Kleinbauern bislang ihre Nahrungsmittel angebaut. Sie haben davon gelebt, Früchte zu sammeln. Durch diese Großplantagen wird eben ihr Recht auf Nahrung verletzt, ebenso ihre Möglichkeit, sich zu ernähren."

    Frauen ohne Rechte
    Eine weitere Kernaussage des Jahrbuchs betrifft die Situation von Frauen in den meisten Entwicklungsländern. 70 Prozent der Armen und der hungernden Menschen seien Frauen, sagt Bernhard Walter, Experte für Ernährungssicherheit bei Brot für die Welt, sie würden aber rund 80 Prozent der Nahrungsmittel produzieren.

    "Oft haben die Frauen aber keine Rechte - etwa für das Land, welches sie bewirtschaften. Da sind sie abhängig von ihren Männern. Sie werden natürlich auch durch andere Aufgaben beansprucht: Frauen müssen dafür sorgen, dass die Kinder ernährt werden, sie müssen zur Wasser- oder Brennholzbeschaffung oft kilometerweit laufen. Man bräuchte speziell Maßnahmen, die gezielt die Situation von Frauen erleichtern, damit sie mehr Nahrungsmittel produzieren können."

    Die Politik und die weltweit agierenden Hilfsorganisationen müssten mehr auf diese konkrete Situation, auch auf die Hintergründe vor Ort schauen, um das Problem des Hungers besser in den Griff zu bekommen.

    Lokale Kreisläufe nutzen
    Natürlich seien Erkenntnisse über die Situation der Frauen oder der Flächenpolitik nicht gänzlich neu - allerdings gehe man international viel zu wenig auf entsprechende agrar- und ernährungspolitische Initiativen ein, die längst vor Ort entstanden seien, sagt FIAN-Experte Roman Herre:

    "Diese Konzepte umfassen sehr stark lokale Kreisläufe, es geht um die Produktion von Nahrungsmitteln für den lokalen Markt: Man sollte mehr auf lokales Wissen zurückgreifen, und nicht so sehr auf das Wissen, was irgendwelche großen Konzerne sozusagen patentiert haben. Es würde dazu führen, dass Bauern mehr verdienen könnten, die Landwirtschaft generell produktiver wäre. Nahrung würde dort angebaut werden, wo sie auch benötigt wird. Wir wissen ja, dass 80 Prozent der Hungernden im ländlichen Raum leben."

    Brot für die Welt-Ernährungsexperte Bernhard Walter sprach zudem auch die Konsumenten, die Verbraucher direkt an - bei Kaufentscheidungen diese wirtschaftlichen Zusammenhänge - zuungunsten der armen Bevölkerung - in den Entwicklungsländern zu berücksichtigen.

    "Wenn er Produkte kauft, die in den tropischen Ländern wachsen - beispielsweise Kakao oder Kaffee - dann sollten diese möglichst aus dem fairen Handel sein, damit die dortigen Bauern auch einen gerechten Erzeugerpreis bekommen. Hinzu kommt, dass in vielen Entwicklungsländern Bohnen oder Erdbeeren angebaut werden, die dann im Winter nach Deutschland exportiert werden. Da wäre es sinnvoll, auf solche Produkte eher zu verzichten. Weil diese dort meist auf großen Plantagen angebaut werden, wo Bauern dann vorher vertrieben worden sind."

    Und mit diesen Ansätzen für eine andere Hungerpolitik, aus Sicht von Brot für die Welt und FIAN, zurück nach Köln.