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American Football
Vereinsname zwischen Stolz und Verunglimpfung

Zum Start der neuen American-Football-Saison ist ein Streit um den Vereinsamen der Washington "Redskins" entbrannt. TV-Stationen werden den Vereinsnamen boykottieren. Doch der Club will nicht schnell beigeben, denn der Vereinsname ist bares Geld wert.

Von Heiko Oldörp | 06.09.2014
    Seit dem Sommer 1938 erklingt das Vereinslied der Redskins bei den Heimspielen. Es besingt die Krieger auf ihrem Kriegspfad, die laufen oder passen und Touchdowns erzielen sollen, bis zum Sieg. Sie, die Söhne Washingtons.
    Die Liebe zum Football-Team ist es, die die Menschen in Washington seither eint - in einer Stadt, die ansonsten gespalten ist - in Demokraten und Republikaner, Weiße und Schwarze. Doch es gibt Ärger. Der Grund ist das Logo - ein Indianerkopf - sowie der Vereinsname - Redskins.
    Dieser Begriff - zu deutsch "Rothaut" - ist für viele Ureinwohner Amerikas eine Verunglimpfung. Daher sprechen sie oft nur vom "R-Wort" und setzen es mit "Nigger" gleich.
    Der Vereinsname wird boykottiert
    Der Fall ist längst einer für die politische Ebene geworden. Im Mai drängten 50 demokratische Senatoren Liga-Commissioner Roger Goodell in einem Schreiben dazu, eine Namensänderung durchzusetzen. Zudem gaben drei große TV-Stationen kürzlich bekannt, in der neuen NFL-Saison bei ihren Übertragungen den kompletten Team-Namen zu vermeiden und nur noch von "Washington" zu sprechen. So laut war der Protest noch nie. Es herrscht mehr denn je Redebedarf.
    Dan Snyder kann die Aufregung nicht verstehen. Der Teambesitzer betont, dass mit dem Namen Redskins Ehre und Stolz verbunden seien und verweist auf die, wie er sagt, "historischen Fakten." Genauer gesagt auf William Dietz. Der war 1932 der erste Trainer, als der Club noch Boston Braves hieß. Und er ist es gewesen, der anschließend den Namen in Redskins änderte. Laut Snyder war Dietz indianischer Abstammung.
    Stimmen die historischen Fakten?
    "Coach Dietz war ein amerikanischer Ureinwohner. Er hat dem Team seinem Namen gegeben. Die historischen Fakten sind die historischen Fakten." Fakt ist jedoch auch, dass Snyder mit seinen geschichtlichen Ausschweifungen falsch liegt. FBI-Untersuchungen haben ergeben, dass William Dietz, der sich selbst den Indianernamen "Lone Star" gab, seine Herkunft nur erfand, um nicht zum Ersten Weltkrieg eingezogen zu werden. In Wirklichkeit hatte er deutsche Vorfahren.
    Snyder ist nicht der erste stoische Besitzer des Teams. Der frühere Eigner, George Preston Marshall, der die Boston Redskins nach Washington umgesiedelt hatte, galt jahrzehntelang als, Zitat: "führender Rassist der Liga." Er mahnte die Eigentümer der anderen Mannschaften immer wieder, doch bitte schön das "Gentlemen Agreement" einzuhalten. Gemeint war, dass niemand afroamerikanische Spieler verpflichten sollte. Marshall selbst knickte 1962 als Letzter ein - allerdings erst auf Intervention des damaligen Justizministers, Robert F. Kennedy. Der hatte gedroht, den Verein nicht länger im Stadion, das der Stadt gehörte, spielen zu lassen, falls kein farbiger Akteur verpflichtet wird.
    Aufgrund des gewachsenen Drucks haben die Redskins nun eine Marketingkampagne gestartet. Snyder hebt hervor, dass er selbst mindestens 20 Reservate besucht und mit mehr als 1000 Indianern gesprochen habe. Jeder würde Namen und Logo lieben und den Verein unterstützen. "Sie lieben diese Art von Franchise, sie lieben das Logo, sie lieben den Namen, sie feuern uns an."
    Amanda Blackhorse kann bei solchen Worten nur den Kopf schütteln. Sie gehört zum Volk der Navajo, dem mit rund 300.000 Menschen größten staatlich anerkannten Indianerstamm der USA. Blackhorse wirft Snyder vor, die Stimmen der verarmten Indianer mit seinem Geld zu kaufen und sie so zu unterdrücken und zu schädigen.
    NFL-Boss Goodell hat Verständnis für die Indianer geäußert, sich dennoch bislang zurückgehalten. Adolpho Birch, Liga-Vizepräsident für den Bereich Arbeitspolitik und öffentliche Angelegenheiten, wurde deutlicher: Der Vereinsname ist und sei niemals absichtlich als Verunglimpfung benutzt worden. Dies sei auch gegenwärtig nicht der Fall.
    Eine Namensänderung würde Millionen kosten
    Die Frage lautet, wie große wäre der Wertverlust bei einer Namensänderung? Die Redskins nehmen jährlich knapp 400 Millionen US-Dollar ein. Die Kosten für ein neues Image belaufen sich nach Expertenangaben auf fünf bis zehn Millionen Dollar. Geld, dass nach Auskunft von Mike Ozanian vom Wirtschaftsmagazin "Forbes" schnell wieder in die Kasse kommen könnte.
    "Durch den Verkauf von Merchandising-Produkten sowie zusätzliche Sponsoren wäre bei einer Playoff-Teilnahme des Teams pro Jahr ein Gewinn von zehn bis 15 Millionen Dollar möglich." Bob Costas ist optimistisch, dass es irgendwann eine Namensänderung geben wird. Der landesweit bekannte Sportmoderator hatte die Thematik vor knapp einem Jahr in der Halbzeitpause eines Redskins-Spiels erstmals öffentlich angesprochen.
    Heute sagt er: "Ich glaube, dass NFL und Dan Snyder einlenken sollten - und zwar nicht aufgrund gerichtlicher Schritte oder des Vorwurfes von Rassismus. Sondern weil vernünftige Argumente sie überzeugen, dass es einfach das Richtige ist. Dies ist keine Frage politischer Korrektheit. Es sollte gemacht werden aus gesundem Menschenverstand heraus, allgemeiner Höflichkeit und allgemeinem Anstand."
    Doch Snyder denkt gar nicht daran. Man werde "den Namen niemals ändern", stellte er klar. Gut möglich, dass er dennoch nachgeben muss, so wie einst George Preston Marshall. Snyder hat betont, dass der Verein ein neues Stadion benötige. Er alleine wird die Kosten nicht tragen können und daher auf Unterstützung seitens der Politik angewiesen sein. Die jedoch, könnte erst zusagen, wenn Snyder einer Namensänderung zustimmt.