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Anspruch und Wirklichkeit beim Klimaschutz

Welches Land spart wie viel Treibhausgase ein, das ist die zentrale Frage, die auf dem Klimagipfel in Durban festgelegt werden soll. Doch die verbale Einsparbereitschaft ist das eine, die tatsächliche Reduktion das andere.

Von Georg Ehring | 08.12.2011
    Die Großen haben sich noch nicht bewegt, doch Bundesumweltminister Norbert Röttgen sieht neue Verbündete im Kampf um verbindliche Klimaschutzziele: Entwicklungsländer vor allem aus Afrika sowie Vertreter kleiner und besonders verwundbarer Inselstaaten unterstützen das Ziel der Europäischen Union, auch die großen Schwellenländer und die Staaten mit ins Boot zu holen, die bisher nicht zu rechtlich verpflichtenden Zusagen im Klimaschutz bereit sind. Der Druck reiche aber noch nicht aus: Ein Gespräch der EU mit Vertretern der USA, Chinas, Brasiliens, Indiens und Südafrikas endete ohne Ergebnis. Röttgen zufolge ging es um den Klimaschutz der Zukunft, aber ab wann soll eigentlich ein neues Ergebnis in Kraft treten? Und mit welchen Verpflichtungen und wen betrifft die Verpflichtung? Da hat es keine neue Position gegeben.

    In dieser Phase der Verhandlungen sei das aber normal. Eine Verlängerung des Kyoto-Protokolls ohne Gegenleistungen werde es aber nicht geben - die Staaten, die dies betreffen würde, kommen gerade noch auf 15 Prozent der weltweiten Emissionen - viel zu wenig zur Rettung des Klimas. Röttgens Hoffnung auf ein Ergebnis ruht vor allem auf gruppendynamischen Prozessen:

    " Denn es gibt Länder, die jedenfalls nicht am Ende des Klassenraums in der Ecke stehen wollen. Das ist genau der Punkt und darauf muss der weitere Erwartungsdruck gesetzt werden, der Erwartungsdruck in der Weise, dass wir sagen: Das ist doch möglich, dass wir das vermeiden können, dass da einer in der Ecke steht."

    Um eine Erderwärmung um mehr als zwei Grad zu verhindern, müssen aber schon vor Abschluss eines neuen umfassenden Vertrages die Ambitionen im Klimaschutz erhöht werden. Das Thema steht in Durban eher im Hintergrund, doch hier gibt es Bewegung: Ein neuer Entwurf für ein Abschlussdokument enthält die Aufforderung an die Industrieländer, ihren Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent zu senken - das würde auch der Europäischen Union größere Anstrengungen abverlangen. Regine Günther von der Umweltorganisation WWF.

    "Auch die EU hat mit ihren 20 Prozent nicht das auf den Tisch gelegt, was die Wissenschaft sagt. Die Industrieländer müssen zwischen 25 und 40 Prozent ihrer Treibhausgase bis 2020 reduzieren. Da sind alle meilenweit entfernt."

    Andere Staaten sind allerdings noch weiter von diesem Ziel entfernt: Die USA wollen 2020 gerade einmal um drei Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990. Weil das Land bisher kaum etwas für den Klimaschutz getan hat, wäre selbst das freilich keine leichte Aufgabe. Wenn die großen Emittenten ihre Zusagen im Klimaschutz einhalten, werden immer noch fünf bis neun Milliarden Tonnen Treibhausgase zu viel ausgestoßen, das ergab eine Analyse des UN-Umweltprogramms. Diese Lücke zu schließen, sei eine Frage des guten Willens und des Geldes, technisch sei es durchaus möglich.

    "Nach dem was wir sehen, könnte es klappen, wenn alle ambitioniert vorgehen. Es ist nicht eine Frage, dass das Geld fehlt, es ist nicht eine Frage, dass es technisch nicht ginge, es ist allein eine Frage, ob der Wille da ist."