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Artenschutzbestimmungen
Instrumentenhändler befürchten Wettbewerbsnachteile

Ist das Kulturgut Gitarre in Gefahr? Das befürchten Musikinstrumentenhändler. Der Grund: die Erweiterung des Cites-Artenschutzübereinkommens. Denn das schützt seit Anfang 2017 zusätzlich rund 300 Palisanderarten. Die Folge: ein hoher bürokratischer Aufwand für die Händler und mögliche Nachteile im internationalen Wettbewerb.

Von Susanne Kuhlmann |
    Gitarren auf der Musikmesse 2016
    Instrumentenhändler fürchten einen hohen bürokratischen Aufwand, wenn sie künftig bestimmte Hölzer verwenden wollen. (Deutschlandradio / Manfred Hilling)
    "In erster Linie geht es um Gitarren, es geht um Streichinstrumente, es geht um Holzblasinstrumente, es geht um Klaviere, es geht um Percussioninstrumente",
    sagt Daniel Knöll. Er ist Geschäftsführer von SOMM, der Organisation der Musikinstrumenten- und Musikequipmentbranche. Speziell an Gitarren werden Hölzer verarbeitet, die seit dem 2. Januar 2017 unter Schutz stehen. Seither sind alle Dalbergia-Arten in den Anhang II des Cites-Artenschutzübereinkommens aufgenommen worden, also alle Arten von Palisander und Rosenholz. Dazu auch drei Bubinga-Arten, die beispielsweise an Oboen und Klarinetten verwendet werden.
    Franz Böhmer ist beim Bundesamt für Naturschutz zuständig für die Durchsetzung von Artenschutz.
    "Bis zu dieser Änderung, die am 2. Januar in Kraft trat, war der Regelfall beim Schutz von Hölzern, dass der Schutz nur für Rohwaren galt, unverarbeitet, beziehungsweise nur zugesägt. Und die neu gelisteten Hölzer, nämlich die ganze Gattung Dalbergia-Palisander und diese Bubingas: Hier wurde der Schutz ausgeweitet auf alle Teile und Erzeugnisse."
    Es gibt rund 300 Palisanderarten in Mittel- und Südamerika, Asien und Afrika. Manche sind in ihrem Fortbestand stark gefährdet, andere weniger. Weil sie optisch nicht leicht zu unterscheiden sind - zum Beispiel bei der Kontrolle an Flughäfen - stehen nun alle unter Schutz. Mit Konsequenzen für die Instrumentenhändler. Franz Böhmer vom Bundesamt für Naturschutz:
    "Die Händler müssen sich erst mit der Frage der Nachweisführung beschäftigen. Welche Instrumente habe ich schon vor Unterschutzstellung? Zweite Frage mit Inkrafttreten auf EU-Ebene: Was muss ich beachten bezüglich einer Buchführung? Ich bin dann verpflichtet, ein artenschutzrechtliches Buch zu führen. Und die dritte Frage: Was muss ich beachten, wenn ich Instrumente verkaufe, kaufe oder auch ein- oder ausführe?"
    Buchführungspflicht in der Kritik
    Es ist vor allem die Buchführungspflicht, die den Musikinstrumentenhandel aufgebracht hat. Daniel Knöll vom Verband SOMM:
    "Unsere Kritik an der Buchungspflicht ist, auf den Punkt gebracht, im Grunde: ein bürokratischer Irrsinn. Das Thema ist nicht zu Ende gedacht. Es geht hier um Vergleichbarkeit. A) weil es Ländersache ist. Die Buchungspflicht ist nicht bundesweit gleich geartet. Das macht die Buchungspflicht wahnsinnig kompliziert für die Industrie und den Handel."
    Zumal es sich um eine nationale Regelung handelt, die viele andere Länder so nicht haben. In Deutschland existiert sie allerdings schon seit dreißig Jahren für Produkte, die unter Artenschutzbestimmungen fallen, sagt Franz Böhmer vom Bundesamt für Naturschutz und meint, dass sie sich bewährt, wenn Vertreter einer Landesnaturschutzbehörde beim Händler zur Kontrolle erscheinen. Franz Böhmer vom Bundesamt für Naturschutz:
    "Wenn ich alles richtig mache und die Behörde, die zur Prüfung kommt, hat eine saubere Buchführung vor sich, ist es auch leichter, eine Prüfung durchzuführen."
    Daniel Knöll findet die Buchführungspflicht viel zu aufwendig und detailliert. Deutsche Händler müssten in kurzer Zeit Millionen Produkte listen.
    "Was mich am meisten dabei irritiert oder zum Nachdenken bringt, ist, dass wir vor einer Wettbewerbsherausforderung stehen gegenüber dem europäischen Partner. Das heißt, die Zusatzverordnung Buchführungspflicht gibt es nur in Deutschland. Das heißt, wir haben einen massiven Wettbewerbsnachteil gegenüber den europäischen Marktteilnehmern. Das ist eine Diskriminierung des deutschen Marktes, und das hat natürlich weitreichende Folgen."
    Kein grundsätzliches Verbot
    Eine Palisanderart – Dalbergia nigra oder Rio-Palisander – wurde übrigens schon 1992 in die höchste Schutzstufe aufgenommen und ist von der neuen Regelung nicht betroffen. Der Artenschutz-Experte Franz Böhmer sieht im jetzt verschärften Cites-Übereinkommen keine Gefahr für das "Kulturgut Gitarre", wie die Organisation der Musikinstrumentenhändler befürchtet. Franz Böhmer vom Bundesamt für Naturschutz:
    "Dieses Übereinkommen ist kein grundsätzliches Verbotsübereinkommen, sondern es will den Handel in den Fällen erlauben und ermöglichen, wo ich einen Legalitätsnachweis habe und die Entnahme des Materials aus der Natur – und das ist hier fast durchweg der Fall – legal und nachhaltig erfolgt."
    Die Musikinstrumentenbranche kündigt dennoch an, nach Ersatz für die Hölzer geschützter Arten zu suchen.