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Auenwaldlandschaften im österreichischen Böhmerwald

Früher war es der gefürchtete Todesstreifen des Eisernen Vorhangs, doch im Schatten der Wachtürme konnte sich eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt entfalten. Das europäische Naturschutzprojekt "Grünes Band" kümmert sich um den über 8000 Kilometer langen Streifen Natur - darunter die Auenwaldlandschaften im österreichischen Böhmerwald.

Von Alexander Musik | 02.10.2009
    Die schmale Grenzbrücke im Böhmerwald zwischen Österreich und Tschechien lädt zur Überquerung ein. Zu beiden Seiten des noch in seinem natürlichen Bett fließenden Grenzflusses, der Maltsch, erstreckt sich eine von Menschenhand weitgehend unberührte artenreiche Auwaldlandschaft - Luchs und Eule sagen sich hier ungestört Gute Nacht; in der Maltsch finden sich noch Flussperlmuscheln - eine aus den Gewässern Europas fast verschwundene Art. Jahrzehntelang stark gesicherte Grenzanlagen haben eine "erzwungene Verwilderung" nach sich gezogen, wie es der Biologe Thomas Wrbka nennt - nicht nur an diesem Abschnitt der einstigen Demarkationslinie zwischen Ost und West. Wrbka hat die Ausstellung mit dem Titel "Grenze. Wildnis. Zukunft" zusammengestellt.

    "Wir haben jetzt die Chance, in einem dicht bevölkerten Kontinent, aus dieser ehemaligen Todeszone eine Lebenslinie zu machen, indem wir einfach dieses Land, das noch niemandem gehört, wo noch niemand Anspruch erhebt, sichern!"

    Während etwa Rothirsche auch 20 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nicht gelernt haben, ihre einst unterbrochenen Wanderrouten zu benutzen, haben sich andere Arten schon wieder vorgetastet. Auch im 122 Kilometer langen Grünen Band zwischen Oberösterreich und Tschechien - zu entdecken zum Beispiel bei Exkursionen durch den Böhmerwald, die Josef Limberger vom Naturschutzbund Oberösterreich anbietet:

    "Da ist von tschechischer Seite der Luchs, der zurückgekehrt ist und beginnt, Gebiete zu schließen, der sich langsam ausbreitet. Elche zum Beispiel, die vom Böhmerwald Richtung Trebon ziehen, die dort noch Bereiche finden, der erste Seeadler, der jetzt am Moldaustausee wieder brüten konnte. Es gibt eine ganze Fülle. Eulen, Sperlingskauz, Graufußkauz, Habichtskauz - unglaublich, was da noch da ist an Ressourcen!"
    Private und staatliche Naturschützer Österreichs arbeiten mit denen in Tschechien zusammen. Beim "Green Belt Camp" treffen sich Jugendliche aus beiden Ländern jährlich Mitte August zu einer Aktionswoche, um etwas über die Natur zu lernen und für den Umweltschutz zu arbeiten. Denn bedroht ist das Grüne Band vielfach - durch intensive Landwirtschaft, Wasserkraftwerke, Kahlschlag oder Straßenbauprojekte, warnt Gottfried Schindlbauer von der Naturschutzbehörde Oberösterreich:

    "Es besteht natürlich immer die Gefahr, dass über Flächennutzungspläne, Infrastrukturprojekte, Tourismusprojekte , dass der Naturschutz wieder der Zweite sein könnte. Dem müssen wir einfach vorbeugen und offensiv die Sache angehen!"

    Unter "offensiv" versteht Schindlbauer nicht nur die Ausweisung von Schutzzonen wie dem "Natura 2000"-Gebiet entlang des Grenzflusses Maltsch. Auch durch Ankauf und Pacht ökologisch wertvoller Grundstücke oder von Fischereirechten wollen Regierung und Umweltorganisationen landschaftszerstörende Projekte bremsen. Das hieße natürlich nicht, Menschen aus der einzigartigen Wildnis des Böhmerwaldes auszusperren, wie der staatliche Umweltschützer Schindlbauer versichert.

    "Es gibt schon eine ganze Reihe von Erschließungen in Form von nachhaltigem Tourismus, in Oberösterreich haben wir vor, in allen größeren Natura-2000-Gebieten entlang des Grünen Bandes aber auch sonst Informationszentren zu machen. Dass man die Leute aufklärt, Bewusstsein bildet, aber auch Besucherlenkung macht, das heißt, wir lassen die Besucher nicht überall hinein, wir wollen die Besucher lenken, nicht käseglockenmäßig, sondern Öffnung, aber nachhaltig."

    Die Ausstellung zum "Grünen Band Europas" ist bis 10. Januar 2010 im Schlossmuseum Linz zu sehen. Der wissenschaftliche Begleitkatalog ist im Verlag Bibliothek der Provinz erschienen.