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Auf der Spur des Methans

Klimaforschung. - Methan als Motor für Klimawandel ist kein Phänomen der Neuzeit. Bereits vor der Industrialisierung entstand Methan aus natürlichen Quellen und hatte Einfluss auf die Atmosphäre.

Von Volker Mrasek |
    Im Eis Grönlands oder der Antarktis sind sie bis heute eingeschlossen und konserviert: Luftproben aus früheren Jahrhunderten, so auch aus der Zeit vor 1750. Da verfeuerte der Mensch zwar noch nicht die fossilen Energieträger Kohle und Erdöl. Doch trotzdem finden sich Spuren von Treibhausgasen in den vorindustriellen Proben. Zum Beispiel von Methan:

    "Es ist klar, dass natürliche Quellen damals eine große Rolle spielten. Methan entsteht vor allem durch Zersetzungsprozesse in Feuchtgebieten, aber auch bei Wald- und Steppenbränden. Diese natürlichen Emissionen haben den Methan-Kreislauf stark geprägt."

    Andererseits ist es schwer, sich vorzustellen, dass der Mensch damals noch keinen erkennbaren Einfluss auf die Atmosphäre gehabt haben sollte. So geht es auch dem Chemiker Sander Houweling vom niederländischen Institut für Weltraumforschung in Utrecht:

    "Man kann davon ausgehen, dass noch vor der Industrialisierung bestimmte Methan-Quellen stark an Bedeutung gewannen, verbunden mit einer Zunahme der Agrarproduktion und der Weltbevölkerung. Das waren die Viehhaltung, wachsende Müllberge und der Anbau von Reis."

    Es gibt da nur ein Problem: Die historischen Eisproben zeigen keinen Methan-Anstieg während dieser Zeit, obwohl man ihn erwarten sollte.

    Sander Houweling und einige niederländische Fachkollegen glauben den Widerspruch aber jetzt auflösen zu können. Demnach wurde der Fingerabdruck des Menschen in vorindustrieller Zeit verschleiert - und zwar dadurch, dass die Methan-Emissionen der Natur gleichzeitig abnahmen. Das erscheint plausibel. Denn in die Phase der vorindustriellen Entwicklung fiel die sogenannte Kleine Eiszeit mit niedrigeren Durchschnittstemperaturen:

    "Vor allem die Emissionen in Feuchtgebieten sind sehr wahrscheinlich zurückgegangen. Wir wissen ja, dass die Methan-Produktion durch Bakterien in Sümpfen von der Temperatur abhängt. Man darf also annehmen, dass sie während der Kleinen Eiszeit weniger Methan freisetzten."

    Die Sache ist in Wahrheit noch komplizierter. Methan enthält Kohlenstoff, und der kommt in einer leichteren und einer schwereren Variante vor. Man spricht hier von Isotopen. Dementsprechend gibt es leichteres und schwereres Methan.

    "Erstaunlicherweise war das Verhältnis der Isotope in vorindustrieller Zeit nicht konstant. Etwa ab dem Jahr 1500 ging der relative Anteil des schwereren Methans stark zurück. Kurz vor Beginn der Industrialisierung erreichte er sogar ein Minimum."

    Nach Ansicht der niederländischen Forscher ist dieses Isotopen-Muster bisher falsch interpretiert worden. Man nahm an, dass Brandrodungen und die Nutzung von Feuerholz in dieser Epoche stark zurückgingen, vor allem in Amerika, und dadurch weniger schweres Methan in die Atmosphäre gelangte.

    Houweling und seine Kollegen glauben das nicht und erklären das Minimum in der Isotopen-Kurve anders. Für sie ist es das erste Anzeichen eines globalen Methan-Anstiegs durch menschliches Handeln. Müllberge, Reisfelder und Rindermägen produzieren nämlich leichtes Methan. Davon setzten sie immer mehr frei und veränderten auf diese Weise das Isotopen-Muster:

    "Wir haben die verschiedenen Szenarien im Computermodell durchgespielt und simuliert, wie sich Methan-Gehalt und Isotopen-Verhältnis entwickeln. Und wir kommen zu dem Schluss, dass sich unsere Hypothese am besten in Übereinstimmung mit den Daten bringen lässt: Der natürliche Methan-Ausstoß in vorindustrieller Zeit ging zurück. Doch das wurde durch die Emissionen aus menschlichen Quellen kompensiert. Netto nahm Methan zwar nicht zu, aber im Isotopenmuster kann man den Fingerabdruck des Menschen erkennen."

    Houweling will sich nun Luftproben aus der Kleinen Eiszeit noch intensiver anschauen, um zu klären, was damals genau mit den versiegenden natürlichen Methan-Quellen geschah.