Donnerstag, 28. März 2024

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Auf Fiffis Ohren geschaut

Technik. - Die Treffen der sind häufig für Überraschungen gut. Auch die heute in Braunschweig beginnende fasziniert Laien und Experten, so etwa mit einem Hundekunstkopf mit Mikrofonen in den Ohren, der das Hörvermögen von Wolf und Fuchs messbar macht.

Von Mathias Schulenburg | 20.03.2006
    Die Gebrüder Grimm hatten es ja verraten, im Märchen vom Rotkäppchen: Warum die Großmutter so große Ohren habe? Damit sie besser hören könne, sagte Großmutter Wolf. Man hatte es sich schon gedacht. Hieb- und stichfeste wissenschaftliche Kenntnisse über die Ohren des Wolfes aber gibt es erst jetzt, gewonnen mit einem Hundekunstkopf am Tierstimmenarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin:

    "Wir haben dann ausgehend von einem Schäferhundkopf ein plastisches Modell gebaut, wo die anatomischen Strukturen des Außenohrs eins zu eins erhalten geblieben sind und haben dann anstelle des Trommelfells ein kleines Elektretmikrofon eingesetzt. Und haben damit gesehen, was die Tiere mit den Ohren überhaupt machen können. Also die Ohren selbst funktionieren als ein frequenzabhängiger Verstärker - sie haben den Effekt, dass niederfrequente Hintergrundgeräusche nicht so stark verstärkt werden und insbesondere der Bereich, der für die Kommunikation von Interesse ist, verstärkt wird, und auf der anderen Seite wird natürlich auch von hinten oder von der Seite einfallender Schall, na, weniger abgeschwächt sondern nicht so stark verstärkt..."

    ... sagt Dr. Karl-Heinz Frommolt, der das Tierstimmenarchiv als Kustos für die Forschung pflegt. Hundeartige also haben Richtmikrofone als Ohren, und dass deren Form die gehörten Töne beeinflusst, kann man nachvollziehen, wenn man sich eine Muschel ans Ohr hält: Die künstlichen Hundeohren machten nach ihrer Vermessung klar: Hundeartige können sich über wesentlich größere Distanzen als bisher angenommen verständigen, es sind hunderte von Metern. Was dagegen mitgeteilt wird, ist weniger klar.

    "Wir können es derzeit nicht voll fassen, welche Informationen überhaupt da übertragen werden. Also auf jeden Fall kann man da sagen, die Identität wird bekannt gegeben, man kann's auch wirklich so interpretieren "Hier bin ich!". Es gibt auch eine ganze Reihe von spezifischen Informationen, dass Warnlaute existieren oder dass gewarnt wird, wenn ein Eindringling im Territorium ist, das kennen wir zum Beispiel von einer ganzen Reihe von Nagetieren, wie Ziesel oder Erdhörnchen, die dann Pfiffe von sich geben. Das gleiche gilt auch für Murmeltiere, wo dann die ganze Kolonie gewarnt wird, wenn irgendwo ein Raubtier zu sehen ist oder auch ein Raubvogel über der Kolonie kreist, das kennen wir auch von einigen Affen. Grüne Meerkatzen waren dafür ein sehr schönes Beispiel, die nicht nur einfach die Informationen können "Hier ist Gefahr im Anzug", sondern die können sogar übertragen, ob es jetzt ein Luftfeind ist, ob's ein Bodenfeind ist oder ob's 'ne Schlange ist. Für die einzelnen Kategorien gibt es dann unterschiedliche Warnrufe."

    Die Hundeohren können auch Ultraschall exakt lokalisieren, wenn der aus Quellen kommt, die daneben noch andere Frequenzen enthalten. Mit anderen Worten: Reine Töne lassen sich schwierig orten, Tongemische dagegen, wie sie etwa raschelndes Laub abgibt, schon:

    "Die Wahrnehmung von Ultraschall könnte von Interesse sein, um Beute zu fangen, also um jetzt auch Mäuse zu hören, und vor allem ist es sehr dienlich, wenn man etwas lokalisieren will. Wenn man Rascheln lokalisieren will, also jedes breitbandige Signal hat in der Regel auch Ultraschallanteile, selbst wenn jetzt mal ein Ast knackt, da sind sehr starke Ultraschallanteile oder zumindest höherfrequente Anteile, drin und das könnte natürlich dem Tier es erleichtern, die Schallquelle zu lokalisieren."

    Menschen müssen auf die Leistungen des Hundeohres nur bedingt neidisch sein, denn Hundeartige hören hauptsächlich das, was vor ihnen liegt. Menschen, als Jäger und Gejagte, hören über den ganzen Raum, gleichsam in 3D.