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Augenkrankheiten als Urlaubsmitbringsel

Selbstverständlich sollte im Urlaubsgepäck eine gute Sonnenbrille sein, um die Augen zu schützen. Und dass man Kontaktlinsen beim Schwimmen im Pool herausnimmt, ist eigentlich auch klar. Viele Augenkrankheiten kann man durch gute Vorsorge vermeiden. Manche spürt man aber erst Jahre nach der Reise.

Von Hannelore Becker-Willhardt | 04.07.2006
    "Ich war in Spanien im Urlaub und klagte zunehmend über ein rotes Auge. Vier, fünf Tage vor meiner Abreise. Und bin unmittelbar nach meiner Ankunft in Deutschland zum Augenarzt gegangen. "

    Denn abschwellende Augentropfen aus der Reiseapotheke, mit denen sie das Auge gut ausgespült hatte, brachten ihr keinerlei Linderung, erzählt die Spanien-Urlauberin.

    "Der Augenarzt hat mein Auge untersucht und er stutzte und sagte dann spontan: da krabbelt war 'rum! "

    Und zwar winzig kleine Maden, die wie Raupen unter dem Augenlid herumkrochen. Auf Nachfragen ihres Arztes fiel ihr wieder ein, dass sie bei einem Spaziergang an Schafen vorbeigekommen und von Fliegen attackiert worden war, - und dabei so etwas wie einen ganz kurzen Schlag im Auge gespürt hatte. Für den Düsseldorfer Augenarzt Prof. Johannes Grüntzig ein klarer Fall: Schafs-Fliegen! - die auch hierzulande leben.

    "Es passiert eben manchmal, dass diese Fliegen auch Menschen angreifen. Und dann wie im Sturzflug die Eier oder die Larven in das Auge spritzen. Also das Auge selbst nicht berühren, sondern dann wieder wegfliegen. Man sieht ja zunächst erstmal nur ein rotes und entzündetes Auge. Und hier konnten wir unter dem Mikroskop die feinen kleinen Larven sehen. Und dann besteht die Gefahr, dass diese Larven über die abführenden Tränenwege in die Nebenhöhlen gehen und dann zu eine chronischen Entzündung führen. "

    Und deshalb musste die Spanien-Urlauberin vorsorglich auch noch zum Hals-Nasen-Ohrenarzt in Behandlung.
    Fliegen, Mücken, Maden, Würmer: Gerade wer in warme Länder reist, sollte wissen, wovor er seine Augen schützen muss.
    So brüten an schnell-fließenden Gewässern in Afrika und Amerika Mücken, die durch ihren Stich Larven in die Haut des Menschen übertragen.

    "Und dann entwickeln sich im Verlauf von ein, zwei, drei Jahren im Inneren des Körpers aus diesen Larven die Würmer, die dann zum Teil 40 Zentimeter lang werden können. Fadendünn. Und von diesen Fadenwürmern wieder Larven, die können auch ins Auge gelangen und dann dort zur Erblindung führen. "

    Fatal dabei: Erste Symptome treten eben erst Jahre nach dem Mückenstich auf. Name der Krankheit: ”Flußblindheit”.
    In Westafrika überträgt eine Fliege Loa-Loa-Larven. Auch die brauchen bis zu vier Jahre, um in der Haut zu Würmern heranzuwachsen. Erste Symptome: Gelenkschwellungen und Hautreizungen. Erst später zeigt sich ein etwa drei Zentimeter langer Wurm in der stark entzündeten Bindehaut. Aber nur für wenige Stunden. Um dann Wochen später im anderen Auge wieder aufzutauchen, was eine frühzeitige Diagnose so schwer macht.

    Als weitaus harmloser entpuppten sich da bei einem Patienten winzige, sandkornähnliche Anhaftungen in den Wimpern, begleitet von starkem Juckreiz, blaßbläulichen Flecken und einer chronischen Entzündung am Augenlid. Sein Hausarzt konnte die Symptome nicht deuten.

    "Und dann haben wir eben in den Wimpern diese Filzläuse, die sich ja sehr festhalten können an diesen Wimpern, entdeckt und konnten dann den Patienten entsprechend behandeln. "


    Und was haben ”rote Augen” mit kleinen sandfarbenen Mücken zu tun, die im gesamten Mittelmeer-Raum leben - und die auch schon in Süd-Deutschland gesichtet werden? Sie übertragen einzellige Lebewesen, die Leishmanien. Die verursachen tiefe Geschwüre und entstellende Hautveränderungen, - Karl May-Lesern bestens bekannt als ”Aleppo-Beule”.

    Zur Vorsicht rät Prof. Grüntzig auch, wenn Tiere, zum Beispiel Hunde, aus dem Urlaubsland mitgebracht werden. Selbst Welpen haben den Hundespulwurm und dessen Larven gelangen über Kot und Staub ins Fell der Tiere. Also Vorsicht beim Streicheln und Kuscheln mit ihnen. Nach jedem Kontakt gilt: Hände sehr gut waschen. Sonst können die Larven auch das gesamte Auge befallen, - mit dramatischen Folgen: 38

    "Erst Jahre später kann es ihm passieren, dass er plötzlich eine Sehverschlechterung hat und der Augenarzt, der da reinschaut, sieht dann plötzlich Entzündungsherde, "

    die Jahre später zur Erblindung führen.

    ”Rote Augen” - die Ursachen dafür können aber auch weniger dramatisch sein: gereizte Schleimhäute durch zu trockene Luft im Flugzeug, durch Zugluft oder ins Auge geflogene Fremdkörper. Dagegen helfen einfache Augentropfen aus der Reiseapotheke, die künstliches Tränenwasser enthalten oder einen Wirkstoff, der die Augen beruhigt.

    Hilfreich sind auch antibiotische Augentropfen. Sind scharfe Gewürze ins Auge gekommen oder schmerzen sie, weil die Hornhaut durch zu viel Sonne und UV-Licht gereizt wurde, helfen Spülungen mit Milch. Die Selbstbehandlung sollte aber, wenn keine spürbare Besserung eintritt, allerhöchsten drei Tage dauern. Dann heißt es: schnellsten zum Arzt, um die Ursachen von akuten Binde- und Hornhautentzündungen abklären zu lassen.

    Viel- und Fernreisenden rät Prof. Grüntzig zu einem Reise-Tagebuch mit genauen Angaben zum Reise-Ort und der Reise-Jahreszeit. Das hilft dem Arzt, bei möglichen tropischen Krankheiten schneller eine gezielte Diagnose zu stellen.