Freitag, 26. April 2024

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Auszeichung "Rektor des Jahres"
"Auf den Konsens kommt es an"

Der Deutsche Hochschulverband hat Stephan Dabbert von der Universität Hohenheim in Stuttgart zum "Rektor des Jahres" gewählt. Die Auszeichnung zeige, dass er und seine Mitarbeiter gute Arbeit machen. "Dazu gehört auch Führung, aber es gehört vor allem auch dazu, die Menschen davon zu überzeugen, dass man gemeinsame Ziele hat", sagte Dabbert im DLF.

Stephan Dabbert im Gespräch mit Markus Dichmann | 16.02.2016
    Stephan Dabbert, Agrarökonom, Professor und Rektor der Universität Hohenheim, steht am 15.02.2016 vor dem Gebäude für das Fachgebiet Bioverfahrenstechnik der Uni Hohenheim in Stuttgart (Baden-Württemberg). Dabbert erhält die Auszeichung "Rektor des Jahres".
    Stephan Dabbert, Agrarökonom, Professor und Rektor der Universität Hohenheim, steht vor dem Gebäude für das Fachgebiet Bioverfahrenstechnik der Uni Hohenheim in Stuttgart (Baden-Württemberg). Er erhält die Auszeichung "Rektor des Jahres (picture-alliance / dpa / Christoph Schmidt)
    Markus Dichmann: In den letzten fünf Jahren haben sich Lionel Messi und Cristiano Ronaldo gegenseitig die Klinke in die Hand gegeben beim Titel des "Weltfußballers des Jahres". Weltmeisterschaften, also Turniersiege mit ihren Teams, mit Argentinien beziehungsweise mit Portugal haben die beiden allerdings noch nie gewonnen. Was sagt also ein besonders talentierter Spielführer über die Qualität der Mannschaft aus?
    Diese Frage wollen wir besprechen mit Stephan Dabbert. Er ist Rektor der Universität Hohenheim in Stuttgart, und er ist heute vom Deutschen Hochschulverband zum "Rektor des Jahres" gewählt worden. Ich grüße Sie, Herr Dabbert!
    Stephan Dabbert: Guten Tag, Herr Dichmann!
    Dichmann: Herr Dabbert, erst mal Glückwunsch Ihnen zur Auszeichnung. Aber was haben Sie und was hat vor allem auch die Hochschule in Hohenheim von diesem Titel heute?
    Dabbert: Was haben wir konkret davon? Ich denke, es gäbe so eine Auszeichnung nicht, wenn wir nicht insgesamt gute Arbeit machen würden, auch, um auf Ihre Anmoderation Bezug zu nehmen, wenn wir nicht der Weltmeister sind. Aber wir sind gut.
    Dichmann: Was muss denn so ein Rektor des Jahres heute mitbringen, um zum Rektor des Jahres zu werden? Oder was muss, um in der Analogie des Fußballs zu bleiben, der Spielführer an der Hochschule 2016 so drauf haben?
    Dabbert: Fußball ist vielleicht gar nicht so schlecht als Metapher an dieser Stelle. Man ist der Kapitän vielleicht der Mannschaft, aber es ist eben doch eine Mannschaft, und da spielen sehr viele mit, und die müssen gut zusammenspielen.
    Vielleicht ist man aber ein Stück weit aber auch der Trainer. Aber der Trainer spielt eben auch nicht selber an manchen Stellen. Ich denke, was diese Beispiele zeigen, ist, dass man gut zusammenarbeiten muss, dass man aufeinander hören muss, dass man kooperieren muss.
    "Es gibt verschiedene Stile, wie man das machen kann"
    Dichmann: Kooperation und Aufeinanderzugehen, Zusammenarbeiten, das ist ganz gut, dass Sie das ansprechen, Herr Dabbert, denn Ihr Kollege Dieter Imboden, angesehener Bildungsforscher und Chef einer Evaluationskommission der Exzellenzinitiative, hat an Ihnen und Ihren Rektorenkollegen zuletzt kaum ein gutes Haar gelassen. Zitat: "Mich hat erschüttert, wie wenig manche Rektoren führen wollen, obwohl sie die Möglichkeit hätten. Es gibt ein falsch verstandenes Demokratiebedürfnis an den deutschen Universitäten, vielen fehlt das Machtbewusstsein."
    Was sagen Sie denn dazu?
    Dabbert: Ich finde generell die Analyse von Imboden des deutschen Universitätssystems sehr gut. An dieser Stelle würde ich sagen, es gibt verschiedene Stile, wie man das machen kann. Eine Universität ist keine so hierarchisch strukturierte Organisation, wie vielleicht manche Unternehmen oder wie sicher viele Behörden, sondern wir haben doch sehr viele, ich nenne es, verteilte Systeme. Wir haben die Wissenschaftler, die ihre Kreativität entfalten müssen, und ich muss das ermöglichen. Dazu gehört auch Führung, aber es gehört vor allem auch dazu, die Menschen davon zu überzeugen, dass man gemeinsame Ziele hat und möglichst viele auf diesem Weg mitzunehmen. Das ist etwas, worum ich mich sehr intensiv bemüht habe.
    "Der erste Weg muss immer sein, das im Konsens zu machen"
    Dichmann: Betrifft das auch den Dialog mit den Studierenden, nicht nur den mit den Forschern?
    Dabbert: Ja, natürlich. Der Dialog muss mit allen Gruppen in der Universität passieren. Man muss versuchen, alle Gruppen auch zu Veränderungen zu bewegen. Und es gibt auch Veränderungen, die man nicht im Konsens erreichen kann, das ist klar. Aber der erste Weg muss immer sein, dass man versucht, das im Konsens zu machen.
    Dichmann: Bleiben wir noch kurz bei Dieter Imboden mit einer weiteren Kritik an die deutschen Rektoren. Für ihn gelte nämlich, dass sich Universitäten auf einzelne Fächer konzentrieren sollten, in denen sie ohnehin schon gute Leistungen erbringen, zum Beispiel auch mit Blick auf die nächste Runde der Exzellenzinitiative. Auf den Rest, Zitat, "verzichtet man". Würden Sie Herrn Imboden da recht geben, Stärken zu fördern, aber dafür weniger in die Breite zu gehen?
    Dabbert: Wir in Hohenheim sind ja schon eine sehr profilierte Universität.
    Dichmann: Auch sehr spezialisiert, ja.
    Dabbert: Ja, wir sind eigentlich schon sehr spezialisiert. Wir haben Schwerpunktthemen definiert. Allerdings muss man sagen – also ich glaube, vieles von dem, was Imboden da fordert, tun wir schon.
    Allerdings gehört zu einer Universität auch eine gewisse Breite. Also, eine reine Fokussierung sozusagen, eine ganz enge, das ist dann auch keine Universität mehr. Aber im Grundsatz hat er sicher recht.
    Man muss die Stärken ausbauen und man muss dann auch umstrukturieren. Und wenn man das dann tut, dann sind da fast nie alle damit einverstanden. Das ist natürlich so. Wir haben aber umstrukturiert hier, und sehr viele sind damit einverstanden. Das zeigt ja auch diese Auszeichnung: Es geht.
    Dichmann: Also muss man doch mal querschlagen und top-down was durchsetzen?
    Dabbert: Es gibt Stellen, an denen man auch tatsächlich entscheiden muss, auch allein. Aber man sollte das nicht häufig tun, sondern man sollte eigentlich mit Überzeugung arbeiten. Das sind die Mühen der Ebene. Das sind unendlich viele Gespräche an unendlich vielen Stellen, dass man überzeugt, warum die Universität Schwerpunktthemen braucht, warum sie Konzentration auf bestimmte Themen braucht, und warum man da auch Ressourcen hinschiebt. Die Universität ist ein Ort der Rationalität, und wenn nicht hier, wo dann will man Vernunft, auch überzeugen können? Daran glaube ich, und das funktioniert auch ganz gut.
    "In meinem Herzen bin ich auch noch Wissenschaftler"
    Dichmann: Wenn wir uns das alles so anhören, Herr Dabbert, zum Abschluss: Haben Sie denn eigentlich noch das Gefühl, ein Wissenschaftler und Hochschullehrer zu sein oder viel eher der Geschäftsführer einer Hochschul-GmbH?
    Dabbert: Ich bin auf jeden Fall noch Professor, und nicht nur nach dem Titel, sondern ich bin fast jeden Tag noch im Institut und versuche, den Kontakt zu halten, um die Bodenhaftung sozusagen des wissenschaftlichen Alltags, auch die kleinen Probleme, die immer mal wieder im Wege liegen, auch mitzubekommen.
    Also als ausschließlicher Manager, der kein Wissenschaftler mehr ist, so verstehe ich mich nicht. Ich bin sicher hauptberuflich Universitätsmanager, würde ich sagen, aber ich bin gleichzeitig in meinem Herzen auch noch Wissenschaftler.
    Dichmann: Stephan Dabbert, Rektor der Universität Hohenheim und Rektor des Jahres, ausgezeichnet vom Deutschen Hochschulverband. Danke Ihnen, Herr Dabbert!
    Dabbert: Ich danke Ihnen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.