Dienstag, 14. Mai 2024

Archiv


Bibliothekare beklagen schlechte Ausstattung

Sie ist das Herzstück jeder Universität: die Bibliothek. Doch die wissenschaftlichen Bibliotheken bluten immer mehr aus: veraltete Bücher, zu wenige Computer, zu kurze Öffnungszeiten. Grund ist die desolate Finanzlage der öffentlichen Haushalte. Der heutige bundesweite "Tag der Bibliotheken" soll auf diese schwierige Situation aufmerksam machen. Den meisten Studierenden ist dieser Gedenktag allerdings völlig unbekannt.

Von Kerstin Jansen | 24.10.2005
    " Was ist denn heute für ein Tag? - Heute ist der Montag, der 24. - Zwei Tage vor meiner Prüfung. - 24. Oktober? Also ich hatte `nen Geschichts-LK, aber geschichtlich ist da nichts passiert. - Um Gottes Willen, hab ich irgendwas vergessen? - Tag der Bibliotheken? Hab ich noch nie gehört. "

    Für die Studierenden in der Dortmunder Universitätsbibliothek ist es ein Tag wie jeder andere. Dass heute zum zehnten Mal der bundesweite "Tag der Bibliotheken" begangen wird, davon merken sie nichts. Die Probleme, mit denen Studierende täglich zu kämpfen haben, sind dafür umso realer.

    " Computer sind ständig voll, Kopierer gibt's hier glaub ich nur einen, den benutz ich gar nicht. - Wenn ich jetzt irgendwas zu suchen habe, dann find ich so oft nur altes Material. - Die Leseräume sind viel zu klein. Wenn alle für die Klausuren lernen, dann muss man schon um die Plätze kämpfen. "

    Ursache für al diese Missstände ist die schwierige Finanzlage der Bibliotheken. Darauf wollte auch die Deutsche Literaturkonferenz 1995 aufmerksam machen, als sie den "Tag der Bibliotheken" ins Leben rief. Seitdem habe sich die Situation kaum verbessert, sagt Professor Wolfgang Schmitz. Er ist Leiter der Universitäts- und Stadtbiblitohek Köln sowie NRW-Landesvorsitzender des Deutschen Bibliotheksverbands. Für ihn liegt die anhaltende Etatmisere auch an der zunehmenden Digitalisierung.

    " Das ist sofort einsichtig, wenn Sie bedenken, dass wir aus dem heutigen Etat finanzieren müssen nicht nur Bücher und Zeitschriften, sondern auch die elektronischen Medien. Und dafür hat es bei den meisten Bibliotheken keine adäquate Etaterhöhung gegeben. Dazu kommt, dass natürlich die Monografien und Zeitschriften auch eine erhebliche Preiserhöhung erfahren haben. Und auch das führt dazu, dass natürlich die Möglichkeiten, wirklich das komplett anzuschaffen, was für Forschung und Lehre an den Hochschulen wichtig wäre, nicht mehr gegeben ist. "

    Die Folge: Literatur veraltet, Studierende müssen immer häufiger auf die Fernleihe zurückgreifen. Ein Geduldsspiel, das bald Alltag werden könnte. Denn einen Ausweg aus der Finanzmisere sieht Woflgang Schmitz in einer verstärkten Kooperation der Bibliotheken.

    " Das heißt, dass nicht mehr Universalsammlungen gehalten werden, sondern fächerspezifische Schwerpunkte gebildet werden, um auf diese Art und Weise sich dann aber auszutauschen, durch Fernleihe und Dokumentenlieferdienste und so weiter, sich gegenseitig zu stützen. "

    Für Jan Bruck ein Alptraum. Er studiert in Köln Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft und stöhnt schon jetzt über die oft langwierige Ausleihe:

    " Ich find's total katastrophal, weil wir einen total kleinen Freihandbereich haben, alles ist im Magazin. Man kann eigentlich überhaupt nicht richtig nach Büchern stöbern. Man muss zwei Tage lang warten, bis man hier ein Buch rausbekommt an der Ausgabe und man weiß dann noch nicht mal, ob das einem überhaupt was bringt. "

    Lesen müssen auch die Studierenden an der Fachhochschule Düsseldorf noch selbst. Aber die Ausleihe funktioniert in den FH-Bibliotheken seit März dieses Jahres mit modernster Technik. Alle Bücher wurden mit so genannten RFID-Chips ausgestattet, die permanent ein Funksignal aussenden. Für Bibliotheksleiter Michael Uwe Möbius hat das neue System gleich mehrere Vorteile:

    " Die Verbuchung geht schneller als früher das Aufschlagen des Buches, das Hinführen des Scanners zum Barcode, weil das Buch jetzt zum Beispiel geschlossen bleiben kann. Der Vorteil ist der, dass die Benutzerinnen, Benutzer der Bibliothek tatsächlich die Bücher an entsprechende Geräten in kurzer Frist selbst ausleihen können. "

    Ausleihen ohne Biliotheksangestellte wie in Düsseldorf - das ist an der Uni Köln noch Zukunftsmusik. Die Anschaffung der laufenden Literatur und die Sicherung des Bestands haben für Bibliotheksleiter Wolfgang Schmitz Vorrang. Dafür würde er auch ganz neue Wege einschlagen.

    " Ich hätte keinerlei Probleme, unseren Handschriftenlesesaal mit den wertvollsten Altbeständen als CocaCola- oder ich weiß nicht was Lesesaal zu deklarieren, wenn die entsprechenden Firmen für diesen Bestand entsprechendes Sponsoring leisten. Überhaupt nicht. Da denk ich, müssen wir heute sehr unkonventionell denken. "