Donnerstag, 28. März 2024

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Blumiges Symbol

Im bulgarischen Tal der Rosen wird das weltberühmte Rosenöl erzeugt, das auch in Patrick Süskinds Romanverfilmung "Das Parfum" eine wichtige Rolle spielt. Zum Rosenfest in Kazanlak kommen Besucher aus aller Welt, um mit den Bulgaren ihr Symbol zu feiern. Wibke Starck berichtet.

08.09.2006
    Straßenparade im bulgarischen Kazanlak - einer der Höhepunkte des Rosenfestes 2006. In- und ausländische Zuschauer sitzen und stehen dicht gedrängt am Straßenrand, die Zeremonie ist bereits voll im Gange. Der bulgarische Staatspräsident Georgi Parvanov hat begrüßt und gedankt - und betont, dass die bulgarische Kultur im Fundament der europäischen Zivilisation verankert und die Rose das schönste Symbol Bulgariens ist.

    Soeben wird die Rosenkönigin vorgefahren im silberfunkelnden Mercedes Cabriolet. Sie ist der Star im bunten Trubel. Jedes Jahr wird die jeweilige "Rosata" für das Rosenfest gewählt. Sie winkt ins Volk und wird auf ihren Thron geleitet.

    "Oh, sie ist sehr schön. Und die anderen waren genauso schön. Zuerst wusste ich gar nicht wer die Queen ist und ich dachte, ja die ist schön, vielleicht ist sie es. Und dann sah ich noch eine und die war noch schöner und ich dachte, oh, vielleicht ist sie die Queen."

    Toshihiko Izawa aus Japan ist einer der vielen Rosenfestbesucher. Er zieht die Schirmmütze etwas tiefer ins Gesicht, die Sonne brennt. Der 30-jährige Biologe arbeitet für zwei Jahre im Norden des Landes. Das Rosenfest war für ihn ein Muss. Es ist in Japan sehr berühmt und viele seiner Landsleute reisen in großen Gruppen allein deswegen nach Bulgarien. Sämtliche Hotels sind zu den Festtagen ein Jahr im Voraus ausgebucht und der Übernachtungspreis steigt auf das Doppelte. Toshi und seine Begleiterin Irene Zeung aus Hongkong sind bei bulgarischen Freunden untergekommen.

    "Die Bulgaren sind sehr, sehr nett und ganz besonders gastfreundlich. Bulgarien ist im Grunde ein armes Land. Zwar gibt es in Sofia und in Varna, in den wichtigsten Städten einige, sehr, sehr reich Leute, aber die meisten sind sehr arm und der Lebensstandard ist ziemlich niedrig. Die Bulgaren wissen, dass sie arm sind, aber es scheint ihnen nichts auszumachen."
    Im Paradespektakel wird jetzt "Europa" heranchauffiert: in einem zerbeulten grauen Lieferwagen. Kartons werden entladen, Aufschrift: "Eine Sendung aus Europa". Eine Schar grauer Tauben flattert daraus in den Himmel. Aus der Klapperkiste steigt eine mollige Dame mittleren Alters, das blaue EU-Sternenbanner wie eine Toga um den Körper drapiert. Sie setzt sich neben die grazile bulgarische Rosenkönigin. Europa, eine träge dicke Dame?

    "Wenn Bulgarien in der EU ist, werden die reichen Länder es auf ihre hohe Standards zwingen wollen. Vieles wird teurer werden und die Menschen werden sich vieles nicht mehr leisten können. Die Schere zwischen den Reichen und den Armen wird größer und größer werden."

    Der klapprige Ladewagen und die dicke Europa wirken wie der satirische Reflex darauf. Viele Bulgaren hoffen dennoch auf Besserung durch den Beitritt. Toshi:

    "Ich glaube, sie müssen sich noch mehr anstrengen. Ich meine, Bulgarien sollte schon der EU beitreten, aber vielleicht ein paar Jahre später. Sie tun zu wenig dafür, sie warten einfach ab."

    Die Parade ist zu Ende. Eine Bulgarin hat Toshi und Irene zugehört, sie spricht ein bisschen englisch und ein bisschen deutsch. Sie habe als Lehrerin in einem Sanatorium an der Schwarzmeerküste gearbeitet, erzählt sie, aber das "funktioniere" nicht mehr. Vieles in Bulgarien "funktioniere" nicht mehr und das sei alles sehr demotivierend. Deshalb habe der Anbau der Rosen und der Export von Rosenöl für die Bulgaren eine solche Bedeutung.

    "Es ist wichtig, weil das ist unsere nationale Blumen. Wenn man sagt eine bulgarische Rose, das ist wie ein Symbol von Bulgarien. Kennen Sie unsere Lieder? Dobre vedger…Das ist für eine bulgarische Rosen. Das ist Symbol."