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Bundesverfassungsgericht
Richterbesoldung in Sachsen-Anhalt teils verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat erstmals Vorgaben für eine angemessene Bezahlung der bundesweit 25.000 Richter und Staatsanwälte gemacht. Lohnentwicklung und Verbraucherpreise müssen berücksichtigt werden. In Sachsen-Anhalt können Juristen nun mit höherer Besoldung rechnen.

Von Gigi Deppe | 05.05.2015
    Das Foto vom Mittwoch (24.11.2010) zeigt die Roben der Richter des Ersten Senats sowie ein Richterbarett beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe während der Urteilsverkündung zum Gentechnikgesetz.
    Die Richter des Bundesverfassungsgericht haben über Vorgaben für sich und ihre Kollegen entschieden. (Uli Deck dpa/lsw)
    In seiner Einführung heute Vormittag räumte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle gleich ein: "Der Senat hat sich mit diesem Urteil besonders schwer getan." Das Gericht musste auch im weitesten Sinne eine Entscheidung in eigener Sache treffen.
    Denn: Richter entscheiden hier über Richterbesoldung. "Aber", so legte er gleich nach: Das Urteil sei einstimmig ergangen. Das heißt, alle acht Richterinnen und Richter seien zufrieden mit der gefundenen Linie. "Sie schafft für alle Beteiligten gerade auch in der Zukunft Orientierungssicherheit, ohne politische Entscheidungsspielräume zu sehr einzuengen."
    Nach dieser Entscheidung werden jedenfalls alle Betroffene anfangen zu rechnen. Denn das Gericht hat Maßstäbe entwickelt, ab wann das Gehalt einer Richterin oder eines Staatsanwalts nicht mehr akzeptabel ist. Da kommt es auf die allgemeine Lohnentwicklung an, aber auch auf die Tariflöhne im öffentlichen Dienst. Die Verbraucherpreise spielen eine Rolle, wie andere Bundesländer zahlen und wie sich die Gehälter innerhalb der Justiz entwickeln.
    Klare prozentuale Grenzen
    Das Verfassungsgericht hat klare prozentuale Grenzen aufgestellt: In Sachsen-Anhalt war die Versorgung der Richter nicht mehr in Ordnung, weil sie über Jahre knapp acht Prozent hinter dem Verdienst im sonstigen öffentlichen Dienst zurückblieb. Mehr als fünf Prozent geht nicht, sagen die Karlsruher Verfassungsjuristen. Aber ein starres Besoldungssystem wollen sie auch nicht. Der Gesetzgeber darf durchaus knappe Kassen oder die Schuldenbremse mit ins Spiel bringen. Entscheidend ist nur, dass von den Richtern und Staatsanwälten keine Sonderopfer verlangt werden dürfen.
    "Das Bemühen, Ausgaben zu sparen, kann aber allein nicht als ausreichende Legitimation für eine Kürzung der Besoldung angesehen werden, soweit diese Kürzung nicht als Teil eines schlüssigen Gesamtkonzepts" dient. Das Gericht schreibt allerhand vor, zum Beispiel, dass der Abstand zu anderen Besoldungsgruppen bestehen bleiben muss. Rechtspfleger, Schreibdienste, Hausmeister werden also immer deutlich weniger bekommen. Und: Richtertätigkeit muss im Vergleich zur Privatwirtschaft attraktiv bleiben.
    "Amtsangemessene Gehälter sind auf dieser Grundlage so zu bemessen, dass sie Richtern und Staatsanwälten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung ihres jeweiligen Amtes entspricht." Immer wieder machen die Richter übrigens allgemeine Ausführungen zu den Berufsbeamten. Auch das Berufsbeamtentum muss geschützt werden, sagen sie. Ein Indiz dafür, wie möglicherweise auch die noch ausstehende Verfahren der allgemeinen Beamten ausgehen, die sich ebenfalls in Karlsruhe beschwert haben, ihr Einkommen sei zu gering.