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CDU-Parteitag
Zwischen Merkel und morgen

Die CDU ist auf ihrem Bundesparteitag in Essen nach rechts gerückt, um der AfD nicht noch mehr Wähler zu überlassen. Parteichefin Angela Merkel warb vor ihrer Wiederwahl um Unterstützung für den bevorstehenden Bundesparteitag. Leben muss sie mit offenem Widerspruch.

Von Barbara Roth | 07.12.2016
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlässt am 06.12.2016 den 29. Bundesparteitag der CDU in Essen (Nordrhein-Westfalen).
    Angela Merkel auf dem CDU-Bundesparteitag in Essen. (picture alliance / Michael Kappeler /dpa)
    Es ist ihr Parteitag, ihre Bühne: In Essen, wo Angela Merkel im Jahr 2000 das Amt an der Spitze der CDU übernahm, wird sie ein neuntes Mal zur Parteivorsitzenden gewählt und zum vierten Mal zur Kanzlerkandidatin gekürt. Merkel will es 2017 noch mal wissen, elf Jahre als Bundeskanzlerin hat sie hinter sich. Im Falle eines Wahlsieges könnten am Ende 16 Jahre daraus werden – wie bei Helmut Kohl.
    "Als ich jetzt in diesen Wochen und Monaten so intensiv über meine Entscheidung zu einer vierten Kanzlerkandidatur nachgedacht habe, haben viele zu mir gesagt, du musst, du musst, du musst antreten. Das hat mich sehr berührt. Das Gegenteil wäre ja auch nicht schön gewesen. Da das aber so ist, dann ergänze ich: Und zwar gerade in diesen Zeiten – ihr müsst, ihr müsst mir helfen."
    Der persönlichste, der emotionalste Moment ihrer Rede: die Bitte um Geschlossenheit und um die Unterstützung ihrer Partei.
    Angela Merkel in Essen
    Angela Merkel beim Bundesparteitag der CDU in Essen. (picture alliance/dpa/Foto: Michael Kappeler)
    "Es wurden abgegeben für Dr. Angela Merkel 845 Stimmen. Das sind 89,5 Prozent. Um es zu vervollständigen: Mit Nein haben gestimmt 99 Delegierte, gleich zehn Prozent."
    Der Streit über ihre Flüchtlingspolitik hat Stimmen gekostet. Ein Dämpfer. Wiedergewählt mit unter 90 Prozent, bislang ihr zweitschlechtestes Ergebnis. Keine Katastrophe, aber der gewünschte Rückenwind vor der Bundestagswahl ist es nicht. Doch Merkel hat sich ein ehrliches Ergebnis erhofft – das hat sie jetzt:
    "Ich hätte mir fünf Prozent mehr gewünscht. Aber es geht in Ordnung und es ist eine ordentliche Basis fürs nächste Wahljahr."
    "Dass sie eine Politik macht, im Sinne der breiten Bevölkerung, dass die Bevölkerung ein Stück zufriedener gestellt wird mit der Flüchtlingspolitik. Da gibt es eine gewisse Unzufriedenheit, sprich, dass wir zu viele Ausländer hier parken. Da muss etwas getan werden."
    Der Auftritt der Kanzlerin ist gut inszeniert: Grauer Teppich, blauer Hintergrund, auf der Mitte der Bühne – perfekt ausgeleuchtet – ein Rednerpult. Angela Merkel trägt ein rotes Jackett. An der Wand links und rechts hinter ihr: große Bildschirme; die Kanzlerin ist dreifach sichtbar. Sie ist müde, auch die Delegierten weit hinten im Saal sehen das. Für die Organisation des Parteitags verantwortlich ist Klaus Schüler. Der Bundesgeschäftsführer zieht im Hintergrund die Strippen, führt Regie und lässt den 1.000 Delegierten gestern beim Parteiabend Kassler servieren.
    "Es gibt viele Möglichkeiten, Stimmungen zu beeinflussen. Auf der anderen Seite kann man sie nicht machen. Es wäre, glaube ich, überzogen, zu sagen, es wäre alles eine Frage der Regie. Es ist das wichtigste politische Ereignis im Binnenleben einer Partei in einem Jahr. Das Familiengefühl, das Zusammengehörigkeitsgefühl macht am Ende einen guten Parteitag aus."
    Wahlkampf gegen einen Merkel-Überdruss
    Dessen Höhepunkt die Rede der Parteivorsitzenden ist. 1'17 Stunden wird sie sprechen. Elf Minuten dauert danach der Applaus. Dafür sorgen Claqueure unter den Delegierten, denn Journalisten messen anhand der Beifalllänge die Stimmung - die Parteitagsregie weiß auch das. Merkel hält eine Grundsatz-, keine mitreißende Rede. Der Beifall ist dann auch nicht gerade euphorisch. Die Spitzenkandidatin ahnt, was auf sie zukommt: ein Wahlkampf gegen Populismus, gegen die AfD. Ein Wahlkampf gegen einen Merkel-Überdruss sowie gegen rot-rot-grüne Pläne der SPD.
    "Die Bundestagswahl wird schwierig. Sie wird wahrlich kein Zuckerschlecken. Mit einer starken Polarisierung unserer Gesellschaft und mit Anfechtungen von allen Seiten. Von rechts wie nie zuvor. Und Anfechtungen von links. Und wir haben die Aufgabe, so stark zu sein, dass das verhindert wird, dass es zu Rot-Rot-Grün kommt. Und wir müssen integrieren von rechts."
    Sie sehen Donald Trump auf einer Bühne, er klatscht in die Hände.
    Welche Antworten findet Angela Merkel auf den zukünftigen US-Präsident Donald Trump. (imago stock&people, 73468783)
    Globalisierung, Digitalisierung, Finanzmarktgeschäfte: Merkel analysiert, stellt viele offen Fragen, eigentlich müsste sie Antworten geben. Wie umgehen mit den Rechtspopulisten von der AfD? Wie mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump? Wie weiter nach dem Brexit? Wie weiter in der EU? Und was will sie gegen die Angst vieler Deutscher vor Überfremdung tun? Sie muss Gründe liefern, warum die Wähler ihr eine vierte Kanzlerschaft zutrauen sollten.
    "Liebe Freunde, das ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was gemeint ist, wenn so viele Menschen fühlen, dass die Welt aus den Fugen geraten ist. Und sie haben ja auch Recht. 2016 hat die Welt nicht stärker und stabiler gemacht, sondern eher schwächer und instabiler. Und in Zeiten wie diesen gehört schon eine Portion Unverbesserlichkeit dazu, unverändert zu sagen, dass wir auch aus diesen Krisen stärker hervorgehen werden, als wir in sie hineingekommen sind."
    Sie spricht es nicht aus, aber die Botschaft ist klar: Die Kanzlerin spricht von sich als der Einzigen, die das Chaos um uns herum verstehen würde. Alternativlos eben.
    "Ich weiß auch, die Ereignisse dieses Jahres zeigen uns überdeutlich, wie steinig dieser Wege ist. Lassen Sie mich es zuspitzen: Wir müssen in dieser Lage, in der die Welt aus den Fugen geraten ist, zunächst alles daran setzen, dass Europa nicht noch schwächer aus den Krisen hervorgeht, als es in sie hineingegangen ist."
    Konservative zwingen Merkel weiter nach rechts
    Ihre Flüchtlingspolitik nimmt sie nicht zurück, schlägt nun aber einen anderen Ton an. Die Konservativen ihrer Partei zwingen sie politisch weiter nach rechts. Konsequente Abschiebung wird künftig größer geschrieben als Willkommenskultur, nicht anerkannte Asylbewerber müssen Deutschland schnellstens wieder verlassen. Am Vorabend des Parteitags wurde der Leitantrag eilig noch mal verschärft, als Zugeständnis der Kanzlerin an ihre Kritiker kann das verstanden werden.
    "Eine Situation, wie die des Spätsommers 2015 kann, soll und darf sich nicht wiederholen. Das war und ist unser und mein erklärtes politisches Ziel."
    Angela Merkel hat verstanden. Und sie weiß nun auch genau, was sie Delegierten noch hören wollen:
    "Und das heißt auch, dass in der zwischenmenschlichen Kommunikation, die bei uns eine tragende Rolle spielt, wir Gesicht zeigen. Deshalb ist die Vollverschleierung bei uns nicht angebracht. Sie sollte verboten sein, wo immer das rechtlich möglich ist. Sie gehört nicht zu uns."
    Vom "wir schaffen das" verabschiedet Merkel sich nicht, sie will aber künftig einen härteren Kurs fahren – denn man will der rechtspopulistischen AfD keine weiteren unzufriedenen Wähler überlassen. Deren Abgeordnete sitzen mittlerweile in zehn Landesparlamenten. Und ab kommenden Herbst höchstwahrscheinlich auch im Bundestag.
    Flyer und Wahlposter der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) in Berlin, 7.11.2016.
    Die CDU rückt nach rechts, um der AfD nicht das Feld zu überlassen. (imago / Zuma Press)
    "Diese rechtspopulistische Anfeindung, die Polarisierung kann ja auch dazu führen, dass Angela Merkel klarer wird, deutlicher wird. Über viele Jahre hieß es immer, sie läuft hinterher, schließe sich dann der Mehrheit an, sie versucht nur, zu moderieren. Und vom Ende her denken heißt, sie will sich im Amt halten, man weiß gar nicht, wofür sie steht – das ist ja weg, das ist völlig weg. Da kann sie unter Beweis stellen, dass Angela Merkel eben auch für Inhalte steht."
    "Merkel muss weg."
    An "Merkel muss weg"-Rufe wird sich die 62-Jährige im Wahlkampf wohl gewöhnen müssen. Merkel polarisiert, ihre Flüchtlingspolitik spaltet die Gesellschaft. Auf der Straße brüllen AfD-Anhänger lautstark gegen sie an. Auch in den eigenen Reihen war sie noch nie so umstritten. Die Parteichefin bekam das vor dem Parteitag schon auf den Basiskonferenzen zu spüren. Dort gab es zwar mehr Zustimmung als Gegenwind für sie. Aber es ist eben dieser Gegenwind, den die Parteispitze fürchtet, weil man nicht weiß, wie stark er noch werden kann. Auf dem Parteitag schließt sich an die Merkel-Rede eine Aussprache an. Mehr als eine Stunde lang melden sich Delegierte zu Wort, für einen CDU-Bundesparteitag eher ungewöhnlich. Eugen Alber aus Baden-Württemberg etwa ist auf seine Parteichefin nicht gut zu sprechen.
    "Wir haben die letzten drei Landtagswahlen krachend verloren und sehen uns einer stark gewordenen AfD gegenüber. Es ist falsch, diese Partei ignorieren zu wollen. Frau Bundeskanzlerin, sie haben im Kielwasser des Zeitgeistes die CDU nach links geführt. Und damit ein wesentliches Feld auf der rechten Seite des politischen Spektrums aufgegeben. Dieses Vakuum fühlt nun die AfD. Wenige wählen AfD aus Überzeugung, viele aus Protest. Ein wesentlicher Grund ist, dass die Konservativen in der CDU weitgehend heimatlos geworden sind."
    Die Nerven liegen blank
    Seit der Flüchtlingskrise liegen die Nerven blank - nicht nur bei der CSU, der bayerischen Schwester. Parteichef Horst Seehofer hat nur seinen Generalsekretär geschickt. Andreas Scheuer hört die Kritik an der Kanzlerin dort mit Genugtuung. Die fällt offen und scharf aus, für den Kanzlerwahlverein – wie man die CDU nennt – ungewöhnlich. Christine Palmer-Arlt aus Stuttgart hätte für Flüchtlinge die Grenzen nicht aufgemacht.
    "Wir haben Österreich, Mazedonien beschimpft, als sie Grenzen geschlossen haben. Wir haben Herrn Seehofer gegen die Wand laufen lassen. Monat für Monat. Und müssen doch heute feststellen, dass sich die Bayern in allem, was sie gesagt haben, bis auf die Obergrenze durchgesetzt haben."
    Auch Jens Spahn nutzt geschickt die Gelegenheit, konservative Akzente zu setzen. Er sorgt mit dafür, die doppelte Staatsbürgerschaft für Kinder ausländischer Eltern zu kippen – und stellt sich damit offen gegen die Kanzlerin und den Innenminister. Spahn macht sich offenbar bereit, die Führung der Konservativen in der CDU zu übernehmen, wird auf dem Parteitag gemunkelt:
    "Aus dem syrischen Flüchtlingskind kann in diesem Land eigentlich alles werden. Weil wir viele, viele Chancen bieten. Aber ich finde, dafür dürfen wir auch etwas erwarten. Dafür dürfen wir erwarten, dass die Regeln, die wir hier haben, eingehalten werden. Wir wollen die Leitkultur als einigendes Band unserer Gesellschaft, die anderen wollen Multi-Kulti. Klarer Unterschied, kann man im Wahlkampf rausarbeiten, liebe Freunde."
    Unterstützung von jungen Mitgliedern
    Mittwoch vergangener Woche, eine Kneipe im Bonn. Neumitglieder-Empfang des CDU-Kreisverbands. Ein ganz zwangloses Treffen, ohne Tagesordnung oder offizielle Reden. Andreas Ritschel ist Mitgliederbeauftragter: Die Idee für diesen Job stammt von ganz oben. Auch die Bundes-CDU hat auf dem Parteitag erstmals einen Mitgliederbeauftragten gewählt.
    "Das heißt, Veranstaltungsformate anbieten, ansprechbar sein als Partei, Fragen beantworten, die komplexe Parteistruktur erklären, transparent darstellen, was die Partei ist und wie man sich engagieren kann."
    Elf vor allem junge Männer und eine junge Frau sind in die Bonner Kneipe gekommen. In der Partei liegt das Durchschnittsalter sonst bei über 60 Jahren. Die meisten sehen sich hier zum ersten Mal. Sie essen gemeinsam, trinken und unterhalten sich. Es ist laut, die Stimmung locker.
    "In der letzten Krise, der Eurokrise, die ja fast schon vergessen wurde, war die Diskussion heißer, weil das Thema noch komplexer war. Die Flüchtlingspolitik, die kann man verstehen, wenn man sich damit beschäftigen möchte. Man kann auch verstehen, dass wir ein liberales Asylrecht haben. Und deswegen, das auch tun, was wir tun. Es hat sich bei uns eine Mehrheit durchgesetzt, die den Kurs befürwortet, den wir fahren. Und auch gut finden."
    Einige am Stammtisch sind eigens in die CDU eingetreten, um Merkel zu unterstützen. Markus Stössen ist Berufssoldat und seit Februar Mitglied der Partei. Auch, um ein Signal gegen die fremdenfeindlichen Sprüche der AfD zu setzen, wie er sagt.
    "Die Entscheidung für die CDU war schon länger da, die AfD und die ganzen Ereignisse, die waren das I-Tüpfelchen. Man kann über Frau Merkel sagen, was man möchte. Ich bin zufrieden mit ihr. Und jetzt eine gewisse Kontinuität sicherzustellen gerade in Zeiten des Umbruchs – Brexit etc. oder Trump in den USA - ist das, glaube ich, für uns immer noch eine Kontinuität, eine Stabilität, das ist für mich die Richtung."
    Zum neunten Mal wurde Angela Merkel zur CDU-Vorsitzenden gewählt.
    Zum neunten Mal wurde Angela Merkel zur CDU-Vorsitzenden gewählt. (Imago / Rüdiger Wölk)
    Es fällt auf, dass es vor allem junge Leute sind, die Merkel die Stange halten. Gabriel Rolfes zum Beispiel, der sich als wertorientiert und konservativ beschreibt. Der junge Mann findet ihren Kurs gut, weil er für das C im Parteinamen stehe. Wegen genau dieses christlichen Menschenbildes sei er in die CDU eingetreten.
    "Zuerst war ich gar nicht unbedingt ein Merkel-Fan, muss ich sagen. Weil sie stand für relativ wenig. Man wusste, eine gute Kanzlerin, eine gute Managerin, sie hat das gut gemacht. Aber mir fehlte der politische Ausdruck. Und dann in der Flüchtlingspolitik hat sie klar gesagt, was sie wollte. Sie hat klar begründet aus einer Wertebasis heraus, warum sie es so macht. Und das war für mich der Punkt, zu sagen, ok, jetzt entscheidet sie nicht nur, sondern sie steht auch auf klaren Werten für ihre Politik. Deshalb finde es wichtig, dass sie jetzt weitermacht."
    Weitermacht, um wiedergewählt zu werden, hofft Christian Weiler, ein junger Student. Was für Helmut Kohl 1990 die Wiedervereinigung und deren Kosten waren, sind für Merkel die Flüchtlingskrise und deren Konsequenzen. So einfach sieht er das:
    "Ich muss sagen, ich hätte es furchtbar gefunden, wenn sie es nicht getan hätte. Denn gerade, weil sie mit ihrem Gesicht und diesem Satz "wir schaffen das" dahinter steht, muss sie sich der Verantwortung stellen und den Wählern stellen. Und quasi die Legitimität einholen. Und jetzt muss sie die Bevölkerung wirklich fragen, seid ihr damit zufrieden oder nicht: Ja oder Nein."
    "Ich habe Euch einiges zugemutet. Weil uns die Zeiten insgesamt einiges zumuten. Das weiß ich sehr wohl und ich kann nicht versprechen, dass die Zumutungen in Zukunft weniger werden, weil wir tun müssen, was die Zeiten von uns fordern. Ich werde nicht über jedes Stöckchen springen, was uns im Wahlkampf hingehalten wird."
    Ganz hinten im Saal sitzt Thomas Dörflinger und klatscht. Das hat er nach einer Rede seiner Parteivorsitzenden schon lange nicht mehr getan. Der 51-Jährige nennt sich selbst einen National-Konservativen. Für die CDU sitzt der Oberschwabe seit fast 19 Jahren im Bundestag. Ende der Legislaturperiode wird er sein Mandat abgeben. Er will beruflich noch mal was ganz Anderes machen.
    "Aber ich wäre nicht ehrlich, wenn ich verschweigen würde, dass da auch eine Portion Enttäuschung mitschwingt, dass die Punkte, für die ich 1984 in die CDU eingetreten bin, heute keine solche Rolle mehr spielen wie damals."
    Die CDU unter Merkel ist ihm zu links, zu großstädtisch geworden. Und mit dieser Meinung steht er nicht alleine da, sondern hat mit Wolfgang Bosbach den konservativen Berliner Kreis gegründet.
    "Es gab schon ein paar Punkte, das klare Bekenntnis zum Beispiel zu dem, was Familien tun oder Dank an diejenigen, die sich in der Familie um die Kinder kümmern, egal, ob es Mann oder Frau ist – das kommt in einer Rede der Kanzlerin sonst nicht vor – das war ein deutliches Zeichen."
    Unter Merkel hat sich die CDU verändert
    Unter Merkel hat sich die Partei verändert, ist weiter in die Mitte gerückt. Abschaffung der Wehrpflicht, Ausstieg aus der Atomkraft, Homo-Ehe, Frauenförderung: Interne Diskussionen darüber hat die CDU-Chefin jahrelang ausgesessen. Auch die Forderung der Konservativen nach einem klaren Profil überhört. Nun aber scheint sie bereit dazu, der AfD wenigstens nicht noch mehr Wähler zu überlassen.
    "Das muss das gemeinsame Ziel sein, diesen Sumpf auszutrocknen. Weil ich im Gegensatz zu anderen an dem Diktum von Franz Josef Strauß festhalte, wenn es rechts der Unionsparteien eine demokratische legitimierte Kraft gibt, dann wird es für die politische Stabilität in Deutschland schwierig. Weil dann rein rechnerisch Zweier-Konstellationen nicht mehr zur Koalition reichen, da braucht man Dreier- oder Vierer-Konstellationen."
    Der konservative Flügel hat in Essen wieder Aufwind bekommen. Der Politikwissenschaftler Volker Kronenberg, Universität Bonn, erwartet spannende Diskussionen – spätestens für die Nach-Merkel-Ära:
    "Ich glaube, dass die CDU nach Merkel in einen Selbstfindungsprozess eintreten wird, vielleicht auch muss, um sich zu fragen, wo wollen wir im Parteiensystem stehen, wofür stehen unsere Grundwerte. Ist die Strategie, die unter Angela Merkel verfolgt wurde, die richtige."
    Fragen nach dem, was nach Merkel sein könnte, wer ihr einmal nachfolgen könnte, sind allerdings in Essen eher fehl am Platz.
    "Sie ist momentan die beste Frau, die einen guten Job macht. Momentan alternativlos."
    "Sie hat durch ihre jahrzehntelange Politik natürlich Maßstäbe gesetzt und ist das Gesicht der CDU. Deshalb kann man sich vielleicht im Augenblick nichts anderes vorstellen."
    Vor allem ist Angela Merkel die einzige Kanzlerkandidatin, die sie haben. Keiner ihrer Stellvertreter an der CDU-Spitze hat ihr Wahlergebnis getoppt. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen etwa musste sich wieder mit dem schlechtesten Ergebnis zufriedengeben.