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Chemieindustrie in Deutschland wettbewerbsfähig

Die chemische Industrie ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland und gleichzeitig auch eine der von Krisen gebeutelte Branche. Denn Dellen in der Weltwirtschaft bekommt diese, auf Export geeichte Branche besondere zu spüren. Der Verband der Chemischen Industrie gab einen Ausblick auf die Konjunktur.

Von Michael Braun | 12.07.2012
    Rezession in Südeuropa, langsameres Wachstum in China und Brasilien, auslaufende Konjunkturprogramme in den Vereinigten Staaten – die exportstarke Chemieindustrie sollte es schwer haben. Hat sie aber nicht. Der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie, Klaus Engel, macht sogar Mut auf die Erträge, die Branche demnächst veröffentlichen wird:

    "Ich höre viele positive Stimmen. Die Sparten hatten natürlich auch unterschiedliche Entwicklungen. Die Stimmungslage ist nicht so schlecht. Also, wir sehen nirgendwo Einbrüche. Die Messlatte im Vergleich zum Vorjahr liegt auch relativ hoch."

    Denn voriges Jahr hatte es noch gebrummt. Diese Messlatte konnte die Branche nicht erreichen. Die Produktion sank zwischen Januar und Juni gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um vier Prozent. Der Umsatz gab aber nur ein halbes Prozent nach. Denn die Unternehmen konnten höhere Preise durchsetzen. Und gegenüber dem zweiten Halbjahr 2011 hat auch die Produktion schon wieder leicht zugenommen. Die Fabriken sind normal, zu 83 Prozent ausgelastet. Die steigende Nachfrage kam aus dem Inland und aus überseeischen Märkten. Europa, vor allem Südeuropa, fiel aus. Deshalb habe der Optimismus zuletzt zwar nachgelassen, aber das sollte sich wieder geben:

    "Ich will ausdrücklich sagen, dass die deutsche chemische Industrie sehr wettbewerbsfähig ist. Da haben wir in vielen Jahrzehnten unter Beweis gestellt. Und wir sind auch durchaus krisenerprobt. Und insofern ist uns auch nicht bange. Wir vertrauen auf unsere Stärken in vielleicht schwierigeren Zeiten."

    Für 2012 rechnet die Branche mit einer stabilen Produktion und – auch wiederum wegen höherer Preise – zwei Prozent mehr Umsatz. Deshalb wird auch weiter investiert, und zwar vornehmlich in höhere Kapazitäten. So werden auch mehr Mitarbeiter gebraucht. Um zwei Prozent auf 437.000 ist die Zahl der Arbeitsplätze im ersten Halbjahr gestiegen. Und die blieben auch an Bord, versicherte Engel:

    "Weil wir doch Gott sei Dank gelernt haben über die Jahrzehnte, dass es ja nicht sehr hilfreich ist, wenn wir uns da zu zyklisch verhalten."

    Wer so viele gute Nachrichten mitten in der Staatsschuldenkrise zur Volkswirtschaft beisteuert, hat natürlich auch Wünsche, ja: Forderungen. Etwa an die Energiewende. Dass die Umlagen für das EEG, das Erneuerbare Energien-Gesetz, immer steigen, ob wenig oder viel Wind- und Sonnenstrom produziert wird, will der energieintensiven Branche nicht in den Kopf. Verbandsgeschäftsführer Utz Tillmann:

    "An sonnen- und windreichen Tagen reicht die Kapazität der Erneuerbaren bereits aus, mehr Strom zu produzieren, als eigentlich gebraucht wird. Konsequenz daraus ist, der überschüssige Strom muss quasi zu Negativpreisen in die Netze unserer Nachbarländer geleitet werden. Dadurch sinkt zwar der Börsenpreis für Strom, doch gleichzeitig steigen die EEG-Kosten. Aus Sicht der Ökonomen bedeutet dies Marktversagen."

    Und die EU-Richtlinie zur Energieeffizienz nennt der Verband "verfehlt". Diese Richtlinie schreibe vor, der Industrie jährlich immer weniger Energie zur Verfügung zu stellen. Gespart werden könne aber kaum noch, weil die technisch-physikalischen Grenzen erreicht seien. Brüssel reguliere letztlich die Produktion.