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Chinas gebeutelte Kleinanleger
Die Börsenanfängerin

In China kaufen vor allem Kleinanleger Aktien. Angespornt durch unkritische Medienberichte und Aufrufe der Regierung haben Millionen Chinesen in den vergangenen Monaten Geld in Aktien gesteckt – und als Folge der Kursstürze verloren. Auch Zhang Yuxiang hat sich auf den Aktienmarkt gewagt, obwohl sie eigentlich keinen blassen Schimmer davon hat.

Von Steffen Wurzel | 25.01.2016
    Ein chinesischer Investor steht vor einer Anzeigetafel für Aktienkurse.
    Ein chinesischer Investor steht vor einer Anzeigetafel für Aktienkurse. (pa/dpa/Imaginechina)
    Zhang Yuxiang sitzt in einem Café im Zentrum von Shanghai. Sie hat nur wenig Zeit. In diesen Tagen, kurz vor dem chinesischen Neujahrsfest, muss sie eine Menge Überstunden machen im Büro. Aber: Um über ihre Erfahrungen an der Börse zu sprechen, dafür nimmt sich die 29-Jährige gerne etwas Zeit.
    "Mit dem Aktienmarkt ist das so eine Sache. Für Chinesen ist das wie ein neues iPhone-Modell. Alle reden drüber. Jeder hat eine Meinung. Meine Freunde, meine Familie, egal welchen Job- oder Bildungshintergrund sie haben: Alle haben dieses eine Gesprächsthema: Aktien."
    Zhang Yuxiang arbeitet in der Einkaufsabteilung einer japanischen Elektronikfirma in Shanghai. Sie verdient nicht schlecht und so hat sie vergangenes Jahr angefangen, an der Börse Geld zu investieren.
    "Ich habe Aktien gekauft, als der Index bei 5.200 stand. Viele Experten sagten damals: Der steigt locker auf 8.000. Da ist noch Potenzial, hieß es. Ich habe mir damals gar keine Sorgen gemacht. Auch nicht vor kurzzeitigen Kursverlusten."
    Zhang Yuxiang in einem Café in Shanghai.
    Zhang Yuxiang hat über ihre Erfahrungen an der Börse gesprochen. (Deutschlandradio / Steffen Wurzel)
    Heute steht der Shanghai Composite Index bei rund 3.000 Punkten. Für Zhang Yuxiang bedeutet das ein Minus von rund 42 Prozent. Von Anfangs umgerechnet fast 17.000 Euro hat sie rund 7.000 verloren.
    "Ich habe nur von Ersparnissen, die ich nicht brauche, Aktien gekauft. Das Rauf und Runter setzt mich deswegen nicht allzu sehr unter Druck. Wenn ich Gewinne mache: gut. Wenn nicht, dann lasse ich die Aktien einfach als Langzeit-Investment liegen."
    Mit dieser Einstellung ist Zhang Yuxiang eine ziemliche Ausnahme unter Chinas Kleinanlegern. Für die meisten ist Börse gleichbedeutend mit Glücksspiel, Wetten, Casino. Schnell rein mit dem Geld und schnell wieder raus. Hohes Risiko? Egal.
    "Ich kann wirklich nicht behaupten, dass ich viel vom Aktienmarkt verstehe"
    In einem Punkt aber entspricht die 29-jährige Shanghaierin komplett dem Klischee chinesischer Anleger. Von Geldanlage, Börsen und Finanzprodukten hat sie eigentlich keinen blassen Schimmer. Das sagt sie selbst.
    "Ich kann wirklich nicht behaupten, dass ich viel vom Aktienmarkt verstehe. Learning by doing! Inzwischen lese ich manchmal Business-Blogs und höre Wirtschafts-Nachrichten im Radio. Manchmal frage ich auch ältere Leute um Rat. Bevor ich aber angefangen habe mit der Börse, hatte ich null Ahnung. Wenn Leute drüber gesprochen haben dachte ich: Unwichtig für mich."
    Inzwischen gehört das ständige Checken der Aktienkurse zum Alltag von Zhang Yuxiang. Manchmal, so sagt sie, erkennt sie sich selbst kaum wieder: "Bevor ich angefangen habe, zu investieren, habe ich nur Unterhaltungsshows im Fernsehen geschaut. Soaps oder Talkshows. Heute ist der erste Sender, den ich einschalte, China Business News."