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Das Rathaus muss Auskunft geben

In vielen Staaten erlauben Gesetze den Bürgern, die Dokumente von Behörden einzusehen. Diese Informationsfreiheit ist somit ein Gegenstück zum Datenschutz. Auf der internationalen Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten treffen sich zurzeit die Ombudsmänner zum Erfahrungsaustausch in Berlin.

Gudula Geuther im Gespräch mit Jule Reimer | 18.09.2013
    Jule Reimer: Datenschützer und Beauftragte für Informationsfreiheit aus aller Welt kommen heute in Berlin zusammen. Sie diskutieren über Gesetze zur Informationsfreiheit. Da denkt jeder derzeit eigentlich erst einmal an die Enthüllungen über die Spionageprogramme der Geheimdienste. Aber die Gesetze zur Informationsfreiheit spielen auch im Alltag von Otto Normalverbraucher eine wichtige Rolle.

    Frage an meine Kollegin Gudula Geuther, die den Kongress in Berlin begleitet, wann und wo?

    Gudula Geuther: Eigentlich theoretisch in allen Bereichen. Wir wissen nicht genau, wie das Informationsfreiheitsgesetz wirkt. Wir erfahren nur, wenn es nicht funktioniert. Weil nur dann der Bundesbeauftragte für die Informationsfreiheit, Peter Schaar - also die Behörde, die auch für den Datenschutz zuständig ist - eingeschaltet wird. Und da wissen wir zum Beispiel, dass auch die Tätigkeit der Finanzdienstleistungsaufsicht Gegenstand der Information auch an ganz normale Bürger ist, also Bankengebaren. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte muss Auskunft geben. Also das sind schon verbraucherrelevante Informationen. Das Informationsfreiheitsgesetz gilt im Bund seit 2006 und es besagt, dass jeder - das Wichtige ist: auch ohne selbst betroffen zu sein - Informationen von öffentlichen Stellen verlangen kann.

    Heute läuft ja die Internationale Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten. In Deutschland gibt es die auch in den Ländern. Die haben bis auf fünf Bundesländer auch entsprechende Gesetze und eben der Bund. Was man sagen kann, ist, dass das Gesetz wenig bekannt zu sein scheint oder insgesamt noch wenig angenommen zu werden scheint. Eine parlamentarische Anfrage ergab sogar, dass die Zahl der Auskunftsbegehren an Bundesbehörden zurückgegangen ist.

    Reimer: Fallen Ihnen Behörden ein, die keine Auskunft geben müssen?

    Geuther: Grundsätzlich gibt es keine Behörden, die ausgenommen sind. Es gibt allerdings Gründe, auszunehmen. Es gibt persönliche Interessen einzelner, die hinter Entscheidungen stehen. Das ist der häufigste Grund, abzulehnen. Das heißt, sobald Unternehmen betroffen sind, wird sehr häufig abgelehnt. Es gibt außerdem die Haltung der Bundesregierung, dass Regierungshandeln nicht auskunftspflichtig wäre. Peter Schaar ist da anderer Ansicht. Aber grundsätzlich sind Behörden auskunftspflichtig.

    Reimer:Bleiben wir mal bei den Unternehmen. Gestern kritisierte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) heftig Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, weil er der Deutschen Umwelthilfe entgegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs nicht noch vor der Bundestagswahl Einblick in Akten gewähren will, in denen es um die Bestimmung von Auflagen für die deutsche Automobilindustrie in Sachen Spritverbrauch geht. In diesem Zusammenhang war aber das Umweltinformationsgesetz die Grundlage. Wo ist der Unterschied zum Informationsfreiheitsgesetz?

    Geuther: Streng genommen sind es wirklich ganz unterschiedliche Gesetze. Der Sache nach geht es natürlich um dasselbe. Es geht um den Anspruch des Einzelnen auf Informationen. Das Umweltinformationsgesetz ist sozusagen das Original, es ist das ältere. Und das Interessante ist: Es geht sogar weiter. Ich hatte ja eben gesagt: Interessen einzelner, betroffener Unternehmen können beim Informationsfreiheitsgesetz Grund sein, keine Auskunft zu geben. Das ist beim Umweltinformationsgesetz weit weniger der Fall als Grund, Informationen abzulehnen. Peter Schaar will dieses Feld Umweltinformationsgesetz schon länger besetzen, damit es überhaupt jemanden gibt, der unterstützend eingreifen kann, bisher ohne Erfolg. In dieser EuGH-Entscheidung, die Sie ansprechen, da geht es um Akteneinsicht, die die Deutsche Umwelthilfe in Sachen Energieverbrauchskennzeichnung vom Bundeswirtschaftsministerium verlangt hatte. Der EuGH hatte da grundsätzlich gesagt: ja, das geht. Und nun geht es vor deutschen Gerichten um die Frage der konkreten Umsetzung.

    Reimer:Was wird der Kongress für Bürger und Verbraucher sonst noch bringen?

    Geuther: Es haben gerade Peter Schaar, der frühere Verfassungsgerichtspräsident Papier und Klaus Töpfer gesprochen, der ehemalige Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP). Daran sieht man auch noch mal, wie sehr die Umwelt eine Rolle spielt für Informationsfreiheit. Heute und morgen geht es eben um den internationalen Austausch. Schweden, das haben wir heute gelernt, hat seit 1766 ein sogenanntes Öffentlichkeitsprinzip. Also, da gibt es was voneinander zu lernen.

    Reimer: Behörden müssen Bürgern Auskunft geben. Vom Kongress der Informationsfreiheitsbeauftragten Gudula Geuther. Danke nach Berlin