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Demokratie an der Schule
Mehr Mitspracherecht für Schüler und Schülerinnen

Schülervertretungen sollen für mehr Demokratie an deutschen Schulen sorgen, indem sie die Interessen der Schülerinnen und Schüler gegenüber den Lehrern transportieren. Schülervertreter Luca Samlidis wünscht sich aber noch mehr Mitspracherecht, zum Beispiel wenn es um die Gestaltung der Lehrpläne geht.

Von Dirk Groß-Langenhoff | 04.03.2017
    Schüler der Klasse 7c der Heinrich-Hertz-Stadtteilschule in Hamburg nehmen am 24.03.2014 am Unterricht im Fach Mathematik teil.
    Schüler fordern mehr Mitspracherecht bei der Unterrichtsgestaltung (dpa / Christian Charisius)
    Am Reichenbach-Gymnasium in Ennepetal lernen täglich etwa 1.100 Schülerinnen und Schüler. Damit sie gegenüber Schulleitung und Lehrern mit einer Stimme sprechen können, gibt es die Schülervertretung - kurz SV.
    Schülersprecher Luca Samlidis hält die Schülervertretung für äußerst wichtig, weil es das einzige Gremium an seiner Schule sei, das die Interessen der Schülerinnen und Schüler vertritt.

    "Das auf ganz verschiedenen Ebenen. Ganz wichtig natürlich: in der Schule. Da geht es darum, dass sechs Leute bzw. je nach Schulgröße auch weniger von den Schülerinnen und Schülern in der Schulkonferenz, im höchsten Entscheidungsgremium, sitzen. Zum Beispiel aber auch in Fachkonferenzen, wenn sich Lehrerinnen und Lehrer, die ein einziges Fach zusammen unterrichten, sich treffen und über Schulbuchanschafffungen und so weiter sprechen. Die SV ist eine Anlaufstelle für Schülerinnen und Schüler. Sie versucht das Ganze etwas zusammenzuhalten und möchte dafür sorgen, dass die Schülerinnen und Schüler an der Gestaltung des Schullebens teilhaben können."
    Schülervertreter tragen viel Verantwortung

    So kann die Schülervertretung bei Bedarf eine Vollversammlung der Schülerinnen und Schüler einberufen. Das passiert immer dann, wenn wichtige Themen anstehen - wie zum Beispiel die Umgestaltung des Schulhofes. In der Schulkonferenz haben die Schülervertreter ein wichtiges Mitspracherecht. Ein Drittel der Stimmen entfallen dort auf die Schülervertretung. Die anderen beiden Drittel verteilen sich auf Eltern und Lehrer. Der ehrenamtliche Job als Schülervertreter bringt also auch jede Menge Verantwortung mit sich. Luca Samlidis' Stellvertreter Leandro May muss deshalb neben dem normalen Schulalltag zusätzlich viel Zeit in die Arbeit der Schülervertretung stecken.

    "Ich kümmere mich darum, dass in den SV-Sitzungen, die wöchentlich stattfinden, die voll sind mit Inhalt und wir genug Gesprächsthemen haben und auch die Vorbereitung stimmt, dass wir jetzt nicht einfach nur sitzen und zum Ziel kommen, sondern das alles in die Hand nehme und dem Weg helfe."
    Leandro May und Luca Samlidis machen das aber gerne und freiwillig. Sie schätzen vor allem die Vielfältigkeit, die der Job des Schülervertreters so mit sich bringt.
    "Es gibt Schulprojekte, zum Beispiel Feiern oder Podiumsdiskussionen, die gemacht werden. Es gibt aber auch dieses klassische politische Interessenvertretung in den Gremien: Druck aufbauen, auch mal die Meinung der Schülerinnen und Schüler einfließen lassen - zum Beispiel was Lehrpläne angeht und Methodenkompetenz gibt’s da auch ganz verschiedene Diskrepanzen."
    "Wir sind diejenigen, die im Unterricht sitzen."
    Apropos Diskrepanzen. Luca Samlidis hätte gerne mehr Mitspracherecht für die Schülervertretung. Denn nur auf der Schulkonferenz hat die SV ein Stimmrecht. In den Fachkonferenzen können Schüler- und Elternvertreter zwar ihre Meinung sagen, abstimmen dürfen aber nur die Lehrer.
    "Und dann stellen wir uns natürlich die Frage: Warum dürfen wir das nicht? Also, warum müssen die Lehrerinnen und Lehrer das alles alleine entscheiden? Wir haben daran auch unseren Teil und am Ende bleibt es an uns hängen. Wir sind diejenigen, die im Unterricht sitzen."
    In den Fachkonferenzen geht es zum Beispiel unter anderem darum, welche Schulbücher angeschafft werden. Die Schülervertreter wollen dabei ein Wörtchen mitreden. Und auch auf Bezirks- und Landesebene fordert Luca Samlidis in wichtigen Fragen ein Stimmrecht für die Schülervertreter.
    "Da finde ich es absolut richtig, wenn die Schülerinnen und Schüler mehr in die Lehrpläne mit einbezogen werden oder mehr in die Kompetenzen, die Schule vermitteln soll. Zum Beispiel was soziale Kompetenzen angeht oder eine Entschlackung des Lehrplans."
    Lehrpläne werden oft an der Lebenswirklichkeit der Schüler vorbei geplant

    Der Vorwurf von Schülersprecher Luca Samlidis vom Reichenbach-Gymnasium in Ennepetal: Lehrpläne würden häufig an der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler vorbeigeplant.
    "Man sitzt im Unterricht und fragt sich: Warum lerne ich das eigentlich gerade? Also, brauche ich das für mein späteres Leben? Und dann gab es eine Diskussion zum Beispiel, da hat eine Schülerin aus Köln ja in einem sozialen Netzwerk gepostet, dass sie Gedichtsanalysen in fünf Sprachen schreiben könnte, aber sich nicht um Steuererklärungen kümmern könnte. Und das ist auch der Punkt. Ein bisschen mehr Lebensrealität."
    Luca Samlidis ist überzeugt davon, dass sich die meisten Schülerinnen und Schüler viel mehr mit ihrer Schule und den Lerninhalten identifizieren könnten, wenn die Politik ihnen mehr Mitspracherecht dabei einräumen würde.