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Der Konflikt im Jemen
Ein Machtkampf droht zum Religionskrieg zu werden

Im Jemen bekämpft eine sunnitische Militärkoalition unter Führung Saudi-Arabiens die Huthi-Rebellen. Angeblich um den Einfluss des schiitischen Irans in der Region zurückzudrängen. Die Gemengelage ist aber komplexer. Der Konflikt im Jemen ist schon viele Jahre alt.

Von Jürgen Stryjak |
    Verhärtete Fronten: Bewaffnete Huthi-Unterstützer skandieren Slogans gegen Saudi-Arabien.
    Verhärtete Fronten: Bewaffnete Huthi-Unterstützer skandieren Slogans gegen Saudi-Arabien. (dpa / picture alliance / Yahya Arhab)
    Bei den Iranern, die sich jetzt noch im Jemen aufhalten, handele es sich um Leute, die die Huthi-Milizen unterstützen, erklärte der saudische Brigadegeneral Al-Assiri am Donnerstag. Sie würden die Milizen trainieren und befänden sich damit auf ihrer Seite.
    Das ist nur eine von vielen Äußerungen, die deutlich machen, gegen wen sich die sunnitische Allianz unter Führung Saudi-Arabiens eigentlich im Krieg wähnt: gegen Teheran.
    Die sunnitische Welt gegen den Iran - diese einfache Formel eignet sich gut für die Propaganda, aber sie ist zu simpel. Der Konflikt zwischen Huthi-Vertretern und der Zentralgewalt im Jemen reicht Jahrzehnte zurück, und er war zumeist ein innerjeminitischer.
    Die Huthi-Volksgruppe gehört zu den Zaiditen. Fast jeder Dritte im Land ist ein Zaidit, also ein so genannter Fünfer-Schiit. Diese Bezeichnung ist nicht ganz korrekt, aber sie hilft dabei, die jemenitischen Schiiten von den Zwölfer-Schiiten des Iran zu unterscheiden.
    Die Zaiditen stehen den Sunniten mindestens genauso nahe wie den Schiiten. Im Jemen beten sie oft in denselben Moscheen. In den Sechzigern bekämpften schiitische Huthi-Milizen sogar zusammen mit dem sunnitischen Saudi-Arabien die ägyptische Armee.
    Guerillataktik wie im Libanon
    Die aktuelle Phase des Konfliktes begann 2004, als es im Nordwesten des Landes zu Zusammenstößen kam. Hier leben vor allem Angehörige des Huthi-Stammes, dem die Regierung separatistische Ziele vorwarf. Wochenlange Kämpfe folgten, Hunderte Mitglieder des Stammes wurden verhaftet, sein Oberhaupt Hussain Al-Huthi getötet.
    Konflikte zwischen Stämmen und der Zentralregierung sind für den Jemen nichts Neues. Neu war fortan nur, dass der Huthi-Stamm und seine Rebellen-Miliz "Ansar Allah", auf Deutsch "Partisanen Gottes", eine Guerillataktik entwickelten, die jener der schiitischen Hisbollah im Libanon ähnelte.
    "Für jedes Verbrechen, dem Ihr zum Opfer fallt, werden die Schuldigen bezahlen", rief Abdul-Malik Al-Huthi seinen Anhängern im Dezember 2009 zu. "Jede Schlacht, in die wir für Euch ziehen, werden wir nach einem unserer Märtyrer benennen."
    Der Langzeitherrscher Ali Abdallah Saleh bekämpfte die Rebellen brutal. Dass es eher um machtpolitische, als um religiöse Ziele ging, erkennt man schon daran, dass Saleh, damals eine Art Statthalter Saudi-Arabiens im Jemen, ebenfalls der schiitischen Volksgruppe der Zaiditen angehört.
    Vor allem ein jeminitischer Konflikt
    Zwar bekundeten die Huthi-Wortführer schon früher Sympathien für Ayatollah Khomeini und seine sogenannte "iranische Revolution", aber die Annäherung zwischen ihnen und Teheran begann erst 2011. Seit 2014 gewann sie an Fahrt. Eine Huthi-Delegation besuchte Teheran, ihr wurde Öl und Geld versprochen. Eine Zeit lang gab es sogar täglich vier Direktflüge zwischen Sanaa und der iranischen Hauptstadt. Auch Waffen wurden offenbar geliefert.
    Doch all das erklärt nicht die Stärke und die Erfolge der Huthi-Rebellen. Sie basieren vor allem auf der Unterstützung durch ihren Erzfeind Ex-Präsident Saleh, der 2012 zum Rücktritt gezwungen wurde. Er ging ein Bündnis mit den Huthi-Milizen ein. Große Teile der Armee des Landes halten immer noch loyal zu ihm. Mit Soldaten aus ihren Kasernen und Waffen aus ihren Lagern bestreiten die Huthi-Rebellen ihren Vormarsch.
    Dass aus dem innerjemenitischen Konflikt dennoch immer stärker einer zwischen Sunniten und Schiiten wird, liegt daran, dass sowohl Saudi-Arabien und seine Verbündeten als auch der Iran mit strategischem Blick auf die Region schauen. Es geht um Einflussbereiche.
    Mit jeder Rakete, die zivile Ziele im Jemen trifft, gewinnt diese Frontlinie an Konturen. Saudi-Arabien verteufelt den schiitischen Feind, und die Huthi-Rebellen verstärken ihrerseits die religiöse Rhetorik. Sie trifft auf fruchtbaren Boden, etwa bei diesem Polizisten aus Sanaa: "Die Bewohner dieses Hauses hier wurden von Raketen aus Saudi-Arabien getötet. Unser Führer Abdel-Malek Al-Huthi hat uns den Dschihad gegen die Angreifer befohlen, und wir folgen ihm, mit unseren Körpern und Seelen."
    Der Konflikt entfernt sich immer weiter von seinem innerjemenitischen Kern und damit auch von seiner Lösung.