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Die griechische Partei Goldene Morgenröte

Seit den vergangenen Parlamentswahlen hat es zum ersten Mal in der Geschichte Griechenlands eine rechtsextreme Partei ins Parlament geschafft: die Goldene Morgenröte. Laut Umfrage gewinnt die Partei Zulauf. Die Stimmen, die ein Verbot der Partei fordern, werden immer mehr.

Von Rodothea Seralidou | 07.12.2012
    Eine Informationsveranstaltung im Athener Büro der Internationalen Organisation für Migration - kurz IOM. Die rund 20 Männer, die hier hoch konzentriert der Dolmetscherin zuhören, sind alles Einwanderer ohne Papiere. Die meisten sind abgemagert, ihr Blick ist düster. Das Leben in Griechenland hatten sie sich anders vorgestellt. Jetzt wollen sie nur noch weg. Freiwillig. So auch der 40-jährige Javed Ikbal. Mit Hilfe der IOM kann er schon in wenigen Tagen zurück in seine pakistanische Heimat fliegen.

    "Es geht nicht nur darum, dass ich keine Arbeit finden kann, sondern hier geht es um unser Leben! Jetzt, mit der Goldenen Morgenröte habe ich große Angst! Ich habe Kinder! Die schlagen einen auf offener Straße, die wollen uns umbringen. Ich kann nicht mehr auf die Straße gehen. Wenn sie uns sehen, kommen sie zu zehnt auf Motorrädern und provozieren uns!"

    Es sind vor allem diese Attacken auf Migranten und das harsche Auftreten der Rechtsextremen, die in Griechenland die Diskussion um ein Verbot der rechtsradikalen Partei Chrysi Avgi in Gang gesetzt haben. Petros Konstantinou von der Initiative "Vereint gegen den Rassismus" und Stadtrat Athens plädiert seit Langem für ein Verbot der Goldenen Morgenröte:

    "In einem Europa, das so unter Hitler gelitten hat und in Griechenland, das die Besatzung durch die Nazionalsozialisten erlebt hat, dürfen wir die Neonazis nicht tolerieren! Es muss ein Verbot gegen die Goldene Morgenröte geben. Diese faschistische Gang sollte nicht das Recht haben, Büros aufzumachen! Und sie sollte von den Wahlen ausgeschlossen werden, sodass sie nie wieder ins Parlament einziehen kann!"

    Doch so ein Verbot, wie es Konstantinou fordert, kann in Griechenland nicht umgesetzt werden. Denn die griechische Verfassung sieht zwar vor, dass Parteien der Demokratie dienen sollen, ein Parteiverbot ist aber nicht vorgesehen, erklärt der Universitätsprofessor für Öffentliches Recht, Xenophon Kontiadis:

    "Da unterscheidet sich die griechische Verfassung vom deutschen Grundgesetz. Wir haben in Griechenland kein Verfassungsgericht und so etwas sieht unsere Verfassung auch nicht vor. Und ich finde das gut so. Ein Verbot würde nur zu einer Verherrlichung der Goldenen Morgenröte führen. Sie profiliert sich ja vor allem dadurch, dass sie als vermeintlich einzige Partei gegen ein korruptes politisches System kämpft. Bei einem Verbot würde sie sich als Opfer darstellen und dadurch nur noch stärker werden."

    Das griechische Rechtssystem stelle andere Mittel zur Verfügung, um gegen die Aktivitäten der Goldenen Morgenröte anzugehen. Vor allem im Bereich des Strafrechtes, so Kontiadis.

    "Man könnte die Partei als kriminelle Vereinigung bezeichnen, die für bestimmte Straftaten steht. Oder man könnte ihre Mitglieder strafrechtlich verfolgen. All das ist möglich und könnte durch eine Reform des griechischen Strafrechts sogar noch härter bestraft werden. Denn keiner hat das Recht, Gewalt anzuwenden oder die Rolle der Polizei zu übernehmen."

    Dem stimmen mittlerweile auch immer mehr Politiker zu. So hat das griechische Parlament vor kurzem die Immunität von vier rechtsradikalen Abgeordneten aufgehoben, damit sie vor Gericht für ihre Straftaten zur Rechenschaft gezogen werden können. Und erst vor wenigen Tagen appellierte der Chef der sozialistischen Pasok, Evangelos Venizelos, an die anderen Parteien und die griechischen Bürger, sich gemeinsam gegen die Rechtsradikalen zu wehren:

    Doch von solchen Appellen hält der Verfassungsprofessor Kontiadis wenig. Dass jüngste Umfragen die Goldene Morgenröte als mittlerweile drittstärkste Kraft zeigen, sei nicht nur ein Ergebnis der Finanzkrise, in der das Land steckt. Es sei auch die Schuld der traditionellen Parteien, darunter auch der sozialistischen Pasok, sagt er:

    "Das politische System war über lange Zeit so korrupt und faul, dass es jeglichen Respekt seitens der Bevölkerung eingebüßt hat. Statt also von Fronten gegen den Rechtsextremismus zu sprechen, sollten die großen Traditionsparteien gucken, warum die Bürger ihnen nicht mehr trauen und warum sie jetzt ihre Hoffnung auf die Goldene Morgenröte setzen."

    Solange die anderen Parteien den Bürgern keinerlei Perspektive bieten, werden sich immer mehr Griechen den Rechtsextremen zuwenden, befürchtet Kontiadis. Für Migranten wie Javed Ikbal aus Pakistan sind das keine guten Nachrichten.

    "Ich sage jetzt auch meinen Landsleuten in der Heimat: Sie sollen dort bleiben, wo sie sind! Wenn sie ein gutes Leben haben wollen, sollen sie in Pakistan bleiben!"